Kevin Wahr (Honda): Was ihm letztes Jahr fehlte
Am Montag geht es für Kevin Wahr (re.) in Australien los
Beim vorletzten WM-Lauf 2015 in Magny-Cours begeisterte Kevin Wahr mit Platz 6 auf der Honda des tschechischen SMS-Teams. Für diese Saison unterschrieb der ehemalige Deutsche Meister im renommierten Team Lorini Honda, kommenden Montag wird er in Australien erstmals auf deren CBR600RR sitzen.
SPEEDWEEK.com sprach mit dem Nagolder.
Abgesehen von den technischen Problemen, die du letztes Jahr hattest: Entsprach deine erste WM-Saison deinen Erwartungen? Du fuhrst zweimal in die Top-10 und wurdest WM-17.
Zum Teil ja, zum Teil nicht. Als Sportler nimmst du dir immer mehr vor, als realistisch ist. Ich dachte aber, dass wir öfters an den Top-10 kratzen können.
Wir hatten Pech und Probleme, oft auch in den freien Trainings. Das trägt dazu bei, dass dir fürs Rennen die Zeit fehlt das Fahrwerk abzustimmen.
Wir standen ordentlich da, es fehlte aber was.
Rennfahrer erzählen immer gerne, woran es dem Motorrad mangelt. Woran fehlt es dir?
An Erfahrung mit den Rennstrecken, das macht viel aus. Dass ich kein Marc Márquez bin, der mit jedem Motorrad in jeder Klasse gleich vorne fährt, das war mir schon immer klar.
Trotzdem denke ich, dass ich ordentlich Motorrad fahren kann, aber mir fehlt es an Streckenkenntnis. In der IDM fuhr ich auf sieben Strecke und das schon fünf Jahre lang. Jetzt sind es zwölf, jede ist anders, hat mehr oder weniger Bodenwellen. Da muss man das Fahrwerk erst einmal hinbekommen.
Grundsätzlich ist es aber so, dass man mit jedem Motorrad im Fahrerlager in die Top-10 fahren kann, wenn es ordentlich läuft.
In meiner zweiten Saison muss ich mich nicht das ganze Wochenende mit neuen Linien und Settings beschäftigen. Normalerweise fährst du als Profi im ersten Training raus, fährst deine Zeit und beginnst dann mit der Arbeit. Wenn du aber immer neue Strecken und Bedingungen hast, dann brauchst du zwei Trainings, um die eigenen Fehler auszumerzen.
Studierst du Bilder und Videos von anderen?
Auch, aber im Rahmen.
Sofuoglu zum Beispiel sitzt komplett anders auf dem Motorrad als Cluzel. Cluzel hängt extrem neben dem Motorrad, das Bike wackelt, Cluzel arbeitet. Sofuoglu sitzt relativ gerade auf dem Motorrad, wie Freddie Spencer früher.
Fahren kann man auf beide Weise.
Wenn ich auf neue Strecken komme, schaue ich mir in Videos die Linien an, wie die Kurven angefahren werden. Ein Fahrstil lässt sich aber nicht kopieren. Wenn du fahrerisch anstehst, dann bleibt dir manchmal nichts anderes übrig, als einem anderen etwas nachzumachen und das zu probieren.
Bei MotoGP lässt sich nichts abgucken, weil diese Bikes einen anderen Fahrstil erfordern?
Genau. In MotoGP geht es darum ewig lange in die Kurve zu bremsen, das Motorrad aufzurichten und möglichst gerade aus der Kurve hinauszufahren – weil so viel Leistung da ist.
Mit der 600er musst du auch schauen, dass du das Bike früh aufrichtest, du musst aber auch den Kurvenspeed mitnehmen.
Wenn es darum geht Leistung auf den Boden zu bringen, musst du mit viel Hang-off fahren. Das geht nur, wenn das Motorrad gerade ist. Deswegen hängen die in MotoGP beim Beschleunigen so extrem neben dem Motorrad. Hauptsache das Motorrad steht gerade, sie können Vollgas geben und die Traktionskontrolle laufen lassen.
Die extremen Schräglagen in MotoGP kommen durch die Reifen.