Istvan Lovasi: Letzter Sieger auf altem Sachsenring
Sachsenring 1990: Stamsnijder, Lovasi und Majoros (v.l.)
Am 7. und 8. Juli 1990 fand erstmals seit 1972 das Sachsenring-Rennen wieder mit Fahrern aus dem westlichen Ausland statt. Der Veranstaltung drückte die erstmals im Programm befindliche Klasse Superbike mit den westdeutschen Motorrad-Stars Manfred Fischer, Peter Rubatto und Michael Rudroff ihren Stempel auf. Auch heute schwelgen Fans und Insider noch gern in Erinnerungen an dieses letzte Rennwochenende auf dem altehrwürdigen, 8,618 Kilometer langen Straßenkurs in Hohenstein-Ernstthal. Dabei wird oft verkannt, dass das zum Highlight stilisierte Rennen der Superbikes als Rennen Nummer 9 nicht das letzte Rennen auf der alten Berg- und Talstrecke war. Der Zeitplan sah insgesamt zehn Rennen vor, sechs am Samstag und vier am klassischen Rennsonntag. Das Rennen Nummer 10, und somit das ultimativ letzte, war der langjährigen DDR- und Ostblock-Königsklasse der Motorräder bis 250 ccm mit Zweizylindern vorbehalten. In diesem sicherte sich der Ungar Istvan Lovasi den Sieg – womit er der letzte Rennsieger auf dem alten Ring ist.
Geboren wurde Istvan Lovasi am 17. März 1961 in Vasarosnameny im nordöstlichsten Zipfel Ungarns. 1984 begann er in der 250-ccm-Einzylinder-Klasse mit dem Straßenrennsport. Nach einem schweren Sturz zu Anfang seiner Karriere musste er zwei Jahre pausieren. Bald kam der gelernte Mechaniker zum Motorsportclub Zalka Mate Budapest, der Nummer 1 in Ungarn, bei dem er neben der Rennfahrerei als Kraftfahrer arbeitete.
Auf dem Sachsenring stellte sich Lovasi 1987 erstmals vor, damals bereits mit einer 250er-Zweizylinder-Yamaha. Am Ende musste er sich mit Rundenrückstand mit Platz 12 begnügen.
Beim Regenrennen ein Jahr später wurde er beim ungarischen Dreifacherfolg zwischen seinen Landsleuten Janos Szabo und Laszlo Nagy Zweiter.
1989 übernahm er die Yamaha von Arpad Harmati und hatte damit neben seinen fahrerischen Qualitäten die besten Voraussetzungen als Nachfolger eines Janos Drapal, Lajos Harsfai oder eben Harmati zum Top-Fahrer des Ostblocks seiner Ära zu werden. Das belegte auch sein Sieg auf dem Frohburger Dreieck im September des gleichen Jahres.
Beim Sachsenring-Rennen im Juli hatte er wiederum im Rennen der Klasse bis 250 ccm Zweizylinder zur Rennmitte die Führung übernommen, schied aber kurz danach aus. Zuvor hatte er die schnellste Rennrunde gedreht. Einen Pokal konnte er trotzdem mitnehmen, denn zuvor hatte er im ersten Rennen der 500-ccm-Klasse seit 1972 hinter dem Tschechoslowaken Marian Troliga mit einer reinrassigen 500er-Suzuki mit seiner aufgebohrten 250er-Yamaha den zweiten Platz belegt.
Ebenfalls 1989 wollte Lovasi im tschechischen Brünn einen Lauf zur Motorrad-Weltmeisterschaft bestreiten, verpasste allerdings die Qualifikation fürs Rennen.
Beim geschichtsträchtigen letzten Rennen auf dem alten Sachsenring feierte Lovasi dann einen Start-Ziel-Sieg, wenngleich der Niederländer Andre Stamsnijder am Ende nur 0,4 Sekunden nach dem Magyaren über den Zielstrich wetzte. Mit über einer halben Minute Rückstand wurde der Tschechoslowake Imrich Majoros Dritter, gefolgt von den Noch-DDRlern Johannes Kehrer und Dirk Kaduk.
Mit dem politischen Umbruch in Osteuropa wurde es ab 1990 auch für die bis dato staatlich gut unterstützen und auch dadurch fast übermächtigen ungarischen Akteure zusehends schwerer, ihren Sport auszuüben. Istvan Lovasi versuchte sich noch eine Zeit lang bei den Superbikes und hing nach einigen nationalen Erfolgen schließlich den Helm an den Nagel. Am 24. April 2014 verstarb er infolge einer schweren Krankheit im Alter von nur 53 Jahren.