Ralph Bohnhorst: «Es muss das Rennvirus sein»
Ralph Bohnhorst mit seinem Sidecar-Streamliner in Bonneville
Ein paar Wochen bevor Ralph Bohnhorst jetzt die Rennen der IDM- und WM-Sidecars als Rennleiter in der Motorsport Arena Oschersleben über die Bühne brachte, war der Braunschweiger in die USA geflogen. Der Grund? «Bohni», wie der Seitenwagen-Europameister von 1989 und fünffache Deutsche Meister (1990, 91, 92, 94, 96) in der Rennsportszene gemeinhin genannt wird, wollte wieder mal auf Rekordjagd gehen. Der Weltrekord für Motorrad-Gespanne sollte geknackt werden.
Wo? Auf dem ehemaligen (pleistozänen) Lake Bonneville, einem Salzsee an der Grenze zwischen den US-Staaten Utah und Nevada, aus dem in der späteren Erdgeschichte die Große Salzwüste hervorgegangen ist. Sie ist berühmt für ihre perfekt glatte Oberfläche, weshalb auf dem «Bonneville Flats» genannten Rennkurs Geschwindigkeitsrekorde aufgestellt werden.
Womit? Mit einem Sidecar-Streamliner, gebaut in den USA von den Experten Tom Burkland und Rex Svoboda. Die Daten: 1000 Kilo Gewicht, 6 Meter lang und nur 1,15 m schmal, angetrieben von einem Suzuki-Hayabusa-Turbomotor 1340 ccm, der mit Methanol betrieben zirka 600 PS leistet und mit dem rein rechnerisch Geschwindigkeiten über 540 km/h erreichen werden können.
«Der Streamliner mit rechts laufendem Seitenwagen und links angebrachtem Wassertank zur Motorkühlung und auch Stabilisierung ist aus richtig schwerem Metall», erklärt Bohnhorst das Gefährt, welches irgendwie an eine überdimensionale Zigarre mit drei Rädern erinnert.
«Gelenkt wird mit zwei Schubstangen rechts und links wie ein Panzer», so Bohnhorst weiter, «man muss sich erst daran gewöhnen. Dazu kommt noch ein Schaltknüppel, wo von vorne bis hinten fünf Gänge geschaltet werden können. Die Mitte ist frei. Ein Lenkrad würde hier stören, wenn man sich aufs Dach legt und dann raus muss. Gebremst wird normal über den Fuß und mit einem Bremsfallschirm. Die Reifen, spezielle Salzseereifen, werden von Mickey Thompson geliefert.»
Mit Ralph Bohnhorst vor Ort war auch Adolf Hänni. Die Schweizer Beifahrer-Legende war für die Reinigung und Pflege des Streamliners verantwortlich. Bohnhorst: «Adolf putzt das Ding. Es wird mit normalem Sprit gereinigt, da mit Ethanol gefahren wird und das zerfrisst den Stahl, wenn man es nicht wegputzt.»
Vier Tage hätte gefahren werden können, aber aufgrund eines technischen Defekts wurden nur eineinhalb Tage daraus. «Ich hatte keinen zweiten Gang mehr, das hat dann ziemlich gerumpelt und deshalb musste der Motor raus, das geht aber nicht ganz so einfach» erklärte Bohnhorst später die Schwierigkeiten, aus den dann auch relativ wenig Trainingsmöglichkeiten resultierten.
Und was wurde aus dem Weltrekord, der bei 320 km/h stand? Der wurde gebrochen, zwar nicht so wie insgeheim erhofft, aber mit 325 km/h im Schnitt eine neue Marke. Der Modus dabei ist folgender: Man nimmt vier Meilen Anlauf, nach der Lichtschranke folgt eine Messmeile hin, danach werden vier Meilen zum Bremsen benötigt.
Dann heißt es drehen und strenge Kontrolle des Streamliners, wobei ein spezieller Anhänger quasi als Kran benutzt wird. «Das ist ganz wichtig zu kontrollieren, ob sich nicht vielleicht von unten irgendetwas angeheftet hat und zum Beispiel die Reifen beschädigt hat, denn die Regel ist, einen technischen Defekt sofort zu melden», so Bohnhorst.
Anschließend geht es zurück im gleichen Rhythmus: Anlauf, Messmeile, Auslauf. Bohnhorst: «Im Entry-Speed sind wir rund 370 km/h gefahren, auf der Rücktour waren wir langsamer, doch es hat die Meile hin und zurück gemittelt zum neuen Weltrekord gereicht.»
Damit aber noch nicht genug, denn im nächsten Jahr soll es weitergehen, wie «Bohni» ankündigte: Den ersten Schritt haben wir jetzt gemacht, Step 2 sind 400 km/h und Step 3 500 km/h.» Vor zwei Jahren ist Ralph Bohnhorst bereits einmal 397 km/h gefahren, das war aber keine offizielle Rekordfahrt unter FIM-Bedingungen, denn es ging nur in eine Richtung.
Gefragt, warum er so ein Abenteuer überhaupt auf seine Fahnen geschrieben habe, antwortete Ralph Bohnhorst: «Ich weiß es auch nicht, es muss das Rennvirus sein.»