Pit Beirer: «Mit Hausverstand die Welle hinauszögern»
KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer
Kein Politiker, Virologe, Immunologe und Pandemieforscher kann momentan mit faktenbasiertem Wissen vorhersagen, wann die Coronavirus-Infektionswelle in Europa oder gar in aller Welt abflachen wird und wann die strengen Maßnahmen teilweise wieder zurückgenommen werden können.
Vor Ende April offenbar nicht, jedenfalls hat das noch niemand verlauten lassen. Außerdem sind sich die Experten alles andere als einig, welche Strategie die optimale Wirksamkeit entfaltet. Fakt ist, dass bisher in erster Linie alte Menschen sterben, das Durchschnittsalter der Covid-19-Opfer liegt auch in Deutschland bei 81 Jahren, in Italien bei 80,5 Jahren.
Wann wieder Sportveranstaltungen ausgetragen und wann wieder Motorsport-Großveranstaltungen erlaubt sein werden, kann vorläufig niemand prophezeien. Es gibt nur Daten aus China, und dort sind die Fallzahlen dank der rigorosen Maßnahmen nach acht bis zehn Wochen zurückgegangen.
Pit Beirer, Motorsport-Direktor bei KTM und für 75 Werksfahrer zuständig, rechnet vorläufig mit einer Rückkehr auf die Rennstrecken im Juli oder August. An den Spekulationen, wie dann ein Event aussehen könnte, möchte er sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht beteiligen. Weil es zu viele unbekannte Faktoren gibt.
Es geistern viele Ideen durch die Landschaft. Soll man die MotoGP-Events in dieser außergewöhnlichen Situation auf zwei Tage verkürzen? Soll man sie auf vier Tage ausdehnen und am Samstag und Sonntag am selben Schauplatz zwei Renntage durchdrücken? Soll man in einer ersten Phase ohne Zuschauer fahren? Einfallsreiche Kollegen haben sogar die Frage erörtert, ob man theoretisch MotoGP- und Superbike-WM sporadisch am selben Schauplatz und identischem Datum austragen könne.
«Ob wir im Sommer Zwei-Tages- oder Drei-Tages-Veranstaltungen fahren, ist mir nicht ganz so wichtig», hielt KTM-Stratege Pit Beirer gegenüber SPEEDWEEK.com fest. «Wichtig ist, dass wir alle wieder mit Freude im Fahrerlager stehen. Ob dann pro GP-Klasse ein Wertungslauf ausgetragen wird oder zwei, das ist mir momentan relativ egal. Wichtig ist, dass wir überhaupt wieder raus auf die Strecke dürfen. Wenn wir uns im Wochenrhythmus auf den Rennstrecken irgendwo auf dieser Welt treffen, haben wir den ganzen Mist überstanden und sind alle wieder glücklich. Wenn wir erst im August wieder anfangen könnten, bringen wir trotzdem diese acht oder zehn tollen Events noch irgendwie zustande, von denen ich die ganze Zeit rede. Das muss das Ziel sein. Wenn wir zur Jahreshälfte wieder irgendwo auf dieser Welt die Rennmotoren starten dürften, können wir aus diesem schwierigen Jahr noch ein vernünftiges Jahr machen. Darauf muss man hinarbeiten.»
«Als Pragmatiker sehe ich es so», sagt der KTM-Rennchef, «dass die Politik jetzt sehr konsequent auf Zeit arbeitet, um die Kapazitäten in den Gesundheitssystemen zu erhöhen, um für höhere Fallzahlen gerüstet zu sein, die kommen werden. Mit logischem Menschenverstand und Hausverstand können wir die große Welle gut hinauszögern. Jeden neue Tag bringt uns aber auch näher an wirksame Medizin, die uns beim Behandeln hilft und irgendwann näher am Impfstoff dran. Wir müssen als normale Bürger alle mithelfen, die Katastrophe so weit wie möglich in die Zukunft zu schieben. Auf der anderen Seite muss uns die Medizin entgegenkommen. Und irgendwann in dieser Phase wird es ein Datum geben, an dem wir alle erleichtert sind, an dem wir alle ‚Hurra’ schreien und aufatmen. Danach wird uns auch der Husten der Nachbarn nicht mehr zu Tode erschrecken. Dann ist er uns wieder wurscht, wie es früher war.»