50 Jahre R5 Cup: Wilde Jagdszenen am Ring
Denkwürdige Ring-Schlacht: R5-Schiebezug in der letzten Runde mit Gorduche, Marze, Fix, Weber, Fremont, Schütz, Braun, Zerha
Einer der denkwürdigsten und wildesten Auftritte in der Geschichte des R5 Europa Cups fand wohl im Rahmen des Deutschland-GP 1976 auf der Ring-Nordschleife statt.
Vier Runden sind zu fahren. Die Atmosphäre kann als durchaus aufgeheizt bezeichnet werden, weil sich aus den Europa Cup-Rennen davor so einiges an Rachegelüsten aufgestaut hat.
Aus dem riesigen Startfeld von rund 70 R5 löst sich rasch ein Schiebzug von sage und schreibe zehn Autos. Fünf Franzosen und fünf Deutsche schieben und rempeln sich gegenseitig, was das Zeug hält. Nach zwei Runden sind die zehn dem restlichen Feld schon um eine halbe Minute davongefahren, kleben aber immer noch auf engstem Raum zusammen.
In der letzten Runde versuchen die Franzosen plötzlich, sich mit ein paar linken Tricks von den Deutschen abzukoppeln und das Ding alleine im eigenen Schiebezug nach Hause zu fahren.
So geraten die letzten 22 km zum wahren Schlachtfest, denn plötzlich besinnen sich die fünf Deutschen des Zusammen-halts und fallen ebenfalls schiebenderweise in einer Art Überraschungsangriff über die Trikolore-Piloten her. Die Positionskämpfe gestalten sich ziemlich ruppig und zu Ungunsten der beteiligten Franzosen.
Hinter den besonders umtriebigen Duo Georg Weber und Karl Fix habe ich einen Logenplatz und nehme mich gemeinsam mit Wolfgang Schütz und Jürgen Zerha jener Gegner an, die ihren vorne arg gebeutelten Landsleuten plötzlich zu Hilfe eilen wollen. Denn durch die üble Rauferei haben sich alle zum Schluss arg behindert und viel Zeit verloren, dadurch konnten die schon deutlich abgehängten Verfolger wieder aufschließen.
Doch die deutsche Truppe ist beim Heimspiel hellwach und leistet endlich mal ganze Arbeit: Aus dem Zehner-Spitzenzug übersteht nur ein einziger Franzose mit dem Pseudonym «Gorduche» diese letzte Runde auf Rang 3, Weber und Fix feiern einen glatten deutschen Doppelsieg, drei weitere Germans landen unter die Top-Ten.
Dieses tolle Mannschafts-Ergebnis versetzt die deutsche Renault-Sportführungsspitze mit PR-Direktor Hommen und Sportchef Schmidt in totale Verzückung.
Das dicke Ende kommt aber gleich hinterher. Erst müssen die umtriebigen Deutschen samt ihrer Wasserträger im Fahrerlager die Flucht ergreifen, weil sich unter Führung des dickbebrillten und extrem kurzsichtigen Michel Marze zügig eine Gruppe empörter Franzosen in eindeutiger Absicht nähert. Dabei gab es nun wirklich keinen Unterschied zwischen unseren rüden Aktionen und jenen der Franzosen, Italiener oder Holländer bei deren Heimrennen in Monaco, Monza oder Zandvoort.
So wurde Wolfgang Schütz etwa in Monaco von zwei Franzosen fast bis vor die Rezeption des piekfeinen Loew‘s Hotel gedrückt. Und Jörg Denzel landete nur knapp vor den Außentischen des berühmten Rascasse-Cafés.
Kaum also ist die finale Franzosen-Attacke durch die Flucht aller Beteiligten überstanden, trifft die nächste Hiobsbotschaft ein: Webers Motor ist wegen ein paar Hundertstel Untermaß am Zylinderkopf in der technischen Nachuntersuchung hängen geblieben. Großes Geschrei, aber alles hilft nichts, der Sieger wird disqualifiziert. Mein Teamkollege Karl Fix erbt den Sieg, alle anderen rücken um je eine Position auf.
Dass die denkwürdige Nürburgring-Entscheidung zugunsten der Deutschen übrigens ohne Gegenwehr der Italien-Equipe zustande kam, hatte eine bühnenreife Vorgeschichte.
Der völlig übermüdete Fahrer des doppelstöckigen Sammeltransporters aus Mailand übersah nachts kurz vor dem Ziel im Örtchen Oberzissen die Warntafeln bezüglich der Durchfahrtshöhe der dortigen Bahnunterführung. Es tat einen fürchterlichen Schlag – und die meisten der zehn geladenen Fünfer lagen zerbeult auf der Straße ...