Ilka Minor und Italien: Erinnerungen und Vorschau
Henning Solberg und Ilka Minor im privaten Ford Fiesta RS WRC
Im neuerdings elegant goldenen Ford Fiesta WRC werden Henning Solberg und Ilka Minor am Wochenende auf Sardinien wieder tapfer gegen die Werksautos um WM-Punkte kämpfen.
«Und bleibst du noch ein paar Tage am Meer?» - eine Frage, die für viele Menschen als naheliegend erscheint, wenn jemand beruflich einen am Meer gelegenen Ort aufsucht. Bei Ilka Minor jedoch wird man mit dieser Frage höchstens Minuspunkte einsammeln. «Ich gehe in keine Gewässer, weder ins Meer noch in Süßwasserseen.» Der Hintergrund mag zunächst recht unterhaltsam klingen – schließlich gibt Ilka Minor ganz offen zu, eine ablehnende Haltung gegenüber Wasserleichen zu haben. Womit sie ganz sicher nicht alleine im Raum steht.
Neuer Sponsor, neuer Start
Zumal das Festland am kommenden Wochenende aus wunderschönen Schottersonderprüfungen besteht - auf der italienischen Mittelmeerinsel Sardinien macht von 9. bis 12. Juni die Rallye-Weltmeisterschaft (WRC) ihre Station, Ilka Minor wird dort wieder auf dem «heißen Sitz» neben Henning Solberg Platz nehmen, der dank eines neuen Sponsors zuletzt wieder regelmäßig die Herausforderung aufnimmt, als Privatier inmitten von Werksteams um WM-Punkte zu kämpfen. Dem neuen Geldgeber haben Henning und Ilka auch das elegant-peppige «Gold-Design» zu verdanken, das in Portugal erstmals das Ford Fiesta World Rally Car zierte, mit dem das norwegisch-österreichische Duo auch auf Sardinien mit der Startnummer 16 sein Glück versuchen wird.
Für Ilka ist die Insel alles andere als Neuland, die Rückschau fällt dort recht unterschiedlich und mitunter auch recht turbulent aus. Ilka erinnert sich an die Ära mit Manfred Stohl: «2005 wurde Manfred vor der Besichtigung krank, sodass wir jede Prüfung nur einmal begutachten konnten.» Trotz dieses Handicaps konnten die beiden auf Platz neun immerhin zwei WM-Punkte an Land ziehen. Die beiden Jahre drauf, 2006 und 2007, wurde es ohne Handicap jeweils Platz sieben.
Sardinien mit Evgeny Novikov: Crash & Podium
Ganz besonders intensiv gestaltete sich die Sardinien-Rallye 2012, als Ilka Minor mit dem als ungestüm bekannten, mit hohem Grundspeed gesegneten Evgeny Novikov am Start war. «Es war erst unsere zweite gemeinsame Rallye», erinnert sich Ilka, die vom ersten gemeinsamen Meter an von der kompromisslosen Fahrweise des jungen Russen begeistert war. Auf Sardinien 2012 lagen Erfolg und Wahnsinn recht nahe beieinander, so wurden jene Fotos zum Kultobjekt, welche niemand geringerer als Rallyeradio-Legende Colin Clark vom brennenden Solberg/Minor-Fiesta ins Internet stellte. Ilka erzählt: «Wir sind in ein Brückengeländer gekracht, im Auto gab es Behälter mit ein wenig Öl für den Bedarfsfall. Bei dem Aufprall wurde prompt einer dieser Behälter beschädigt, das Öl tropfte ins Auto und begann schließlich zu brennen. Doch wir konnten mit dem Feuerlöscher große Schäden verhindern. Am Ende konnten Novikov und Minor bei ihrer zweiten gemeinsamen Rallye den großartigen zweiten Platz feiern, für Ilka das bislang erfolgreichste Sardinien-Abenteuer.
Ein Jahr später waren Evegny und Ilka zu Werkspiloten avanciert, der junge Russe wollte sich beweisen – bei der 2013er-Ausgabe der Sardinien-Rallye endete dieser Versuch, das in ihn gesetzte Vertrauen mit Spitzenergebnissen zu bestätigen recht schmerzhaft: «Es war die zweite Prüfung, die Kurve war recht flott und machte leicht zu, da sind wir heftig in eine Steinmauer eingeschlagen.» Statt einem Spitzenergebnis gab es einen Ausfall zu verzeichnen. Doch Ilka Minor ist es ein Anliegen, den ihrer Meinung nach zu Unrecht als Bruchpilot vorverurteilten Russen ins rechte Licht zu stellen: «Das war die einzige Rallye mit Evgeny Novikov, bei der wir nicht ins Ziel kamen, bei allen anderen gab es eine Zielankunft.»
Sardinien mit Henning Solberg: Punktesegen & Golddesign
Während das gemeinsame Jahr als Werksteam für Evgeny vorerst zum unfreiwilligen Endpunkt wurde, hatte Ilka Minor das Glück, mit Henning Solberg weiterhin auf der weltweiten Bühne der besten Lenkradakrobaten dieses Planeten zu bleiben. So belegten die beiden 2014 auf Sardinien Platz sieben, was in etwa dem Maximum entspricht, welches ein privates Team in der hart umkämpften Weltmeisterschaft erreichen kann – um noch weiter vorne landen zu können, bedarf es dann schon einiger Probleme in den Werks-Cockpits.
Im Vorjahr musste auch der sympathische Henning Solberg hinnehmen, dass Privatiers heutzutage nicht nur auf den Strecken zu kämpfen haben – immer schwieriger ist es geworden, einen privaten WRC-Einsatz zu finanzieren. Umso erfreulicher ist es daher, dass Solberg mit den norwegischen Sponsoren Skruvat (Autozubehör) und wie erwähnt neuerdings Leo Vegas (Glücksspiel) potente Partner gefunden hat, um auf höchstem Niveau den Kampf der «privaten Davids» gegen die «Werks-Goliaths» zu suchen.
So konnten Henning Solberg und Ilka Minor heuer schon drei der bislang fünf WM-Rallyes in Angriff nehmen und dabei zweimal Punkte abräumen: In Schweden sogar deren sechs, in Argentinien kam weitere zwei Zähler hinzu, nur in Portugal gab es keine Punkteausbeute, auf Platz 27 sah man immerhin die Zielflagge, sodass die Ankunftsrate 2016 bislang beeindruckende 100 Prozent beträgt.
Auf den Schotterstrecken Sardiniens kann Henning Solberg einmal mehr den von ihm favorisierten losen Untergrund genießen – bei insgesamt 18 World Rally Cars ist der Punktesegen dennoch keine Selbstverständlichkeit. Doch Ilka zeigt sich zuversichtlich und verrät mit einem Lachen im Gesicht: «Es kann eigentlich nur ein gutes Ergebnis werden, denn es haben sich meine beiden Glücksbringer zu einem Besuch angekündigt.»