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Ferrari ohne Luca Montezemolo: Wieso musste er gehen?

Von Mathias Brunner
Luca Montezemolo und Ferrari, das war viele Jahre lang eine Einheit

Luca Montezemolo und Ferrari, das war viele Jahre lang eine Einheit

23 Jahre lang hat Luca Montezemolo die Geschicke von Ferrari geführt, auf Mitte Oktober verlässt er das Unternehmen. Nicht nur unsere Leser fragen sich leicht verwundert: Warum?

Es begann alles mit einer milden Verwirrung: Eigentlich heisst dieser Luca ganz einfach Cordero, aber die ganze Welt kennt ihn als Luca Montezemolo oder Luca di Montezemolo. Wieso? Weil Luca der Sohn von Massimo Cordero ist, einem piemontesischen Adeligen mit dem Titel Markgraf von Montezemolo. Daraus entstand dann das «di Montezemolo», wobei das «von» weniger auf Adel hinweist, sondern eher auf Herkunft. Aber den Tifosi war das alles herzlich egal – sie schätzen Montezemolo als charismatischen Führer, als jener Mann, den Enzo Ferrari 1973 zunächst ins Rennteam holte, der als Rennchef mit Niki Lauda 1975 Weltmeister wurde, der 1991 Präsident von Ferrari wurde, nach ein paar Abstechern ausserhalb der Branche, nämlich als Generaldirektor von Cinzano-Wermuth (das wie Fiat und Ferrari von der Familie Agnelli geführt wurde), später als Organisator der Fussball-WM 1990 in Italien.

Montezemolo ist der Baumeister des modernen Ferrari das wirtschaftlich erfolgreich ist wie nie, da wundern sich nicht nur SPEEDWEEK.com-Leser: «Ein Manager muss trotz Rekordzahlen gehen, nur weil ein Teil des Marketings nicht funktioniert?»

Tatsächlich gibt es mehrere Gründe, wieso Luca Cordero di Montezemolo von Bord gehen muss, trotz des unzweifelhaften Erfolgs des Unternehmens. Denn Ferrari steuert derzeit dem besten Jahr seiner Firmenhistorie entgegen.

Da ist zunächst und vor allem die sportliche Misere: Fiat-Konzernleiter Sergio Marchionne hat nun lange genug zugesehen, wie Jahr um Jahr der Titel verpasst wird. Die letzte Fahrer-WM fuhr Ferrari 2007 mit Kimi Räikkönen ein, den letzten Markenpokal 2008. Mit Fernando Alonso schrammte Ferrari 2010 und 2012 haarscharf am Titel vorbei, teils wegen Unvermögens des Teams, teils schlicht wegen Pechs.

Aber Marchionne (der die Rolle des Ferrari-Präsidenten übernimmt, für wie lange, ist noch nicht klar) hatte noch andere Gründe, Montezemolo auszuhebeln: Montezemolo hatte schlicht eine andere Vorstellung davon, was aus Ferrari werden soll. Er träumte von einem unabhängigeren Ferrari, einem Ferrari, das vielleicht sogar alleine an die Börse geht, und zwar nicht wie Fiat-Chrysler in New York, sondern auf einem aufregenden neuen Markt, Montezemolo schwebte da Hongkong vor.

Montezemolo träumte auch von einem Posten im neuen Fiat-Chrysler-Konzern, doch den erhielt er vom Gespann an der Spitze nicht, vom Fiat-Präsidenten John Elkann und Geschäftsführer Sergio Marchionne.

Montezemolo muss auch gehen, weil Marchionne den gegenwärtigen Ferrari-Rennleiter Marco Mattiacci mittelfristig zum Ferrari-Chef machen will. Das notwendige Rüstzeug dafür hat sich der Römer mit seiner jahrelangen Arbeit für Ferrari Asien und als Chef von Ferrari-Nordamerika geholt, im Grunde – so Insider aus Italien – ist der heutige Posten nur ein besserer Ausbildungsplatz, um die Geheimnisse eines Rennstalls zu verstehen. Was ihm Montezemolo noch voraus hatte.

Marchionne musste auch in Frage stellen, ob Montezemolo an der Spitze eines modernen Grand-Prix-Rennstalls noch der richtige Mann ist: Luca forderte immer und immer wieder die Rückkehr unbeschränkter Testfahrten (eine naheliegende Forderung, wenn man mit Fiorano und Mugello zwei Hauspisten besitzt), und er schimpfte über die neue Formel 1 mit leiseren Motoren und weniger Spritverbrauch («eine Formel 1 von Taxifahrern»).

Das kam in der Fiat-Chefetage nicht gut an, denn die stellt sich auf den Standpunkt: auch die Formel 1 muss mit der Zeit gehen, und selbst wenn die neuen Motoren jetzt nicht das grösste Getöse machen, so entspringt Hybrid-Technik und ein weiserer Umgang mit Ressourcen dem Zeitgeist.

Montezemolo wird angelastet, den Schritt in die Neuzeit nicht geschafft zu haben. Jahrelang lieferte der Windkanal ungenaue Ergebnisse, und wieso sich Designchef Nicolas Tombazis seit Jahren auf seinem Posten hält, während Mitarbeiter wie Teamchef Stefano Domenicali und Motorenchef Luca Marmorini gehen mussten, weiss wohl nur Luca Montezemolo.

«Wir brauchen einen kulturellen Wandel», sagte Teamchef Marco Mattiacci, und die Fiat-Bosse sind seiner Meinung.

Beim neuen Ferrari hat Luca Montezemolo schlicht keinen Platz mehr.

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