24h Le Mans: Gedanken zum Drama von Toyota
Der Toyota TS050 Hybrid von Anthony Davidson, Sébastien Buemi und Kazuki Nakajima
Sportlich gesehen war es das grösste Drama, dass die 24 Stunden von Le Mans je gesehen haben. Nach epischem Duell kämpfte Toyota die Konkurrenz von Audi und Porsche nieder. Nur wenige Minuten sollten noch zu fahren sein, bevor das Piloten-Trio Anthony Davidson, Sébastien Buemi und Kazuki Nakajima den langersehnten ersten Toyota-Triumph an der französischen Sarthe einfahren sollte. Doch dann der Schock. «ICH HABE KEINE POWER MEHR», schrie Kazuki Nakajima in höchster Verzweiflung in den Funk. Der Japaner war vom Team für den letzten Stint ausgesucht worden. Er ist seit Anfang des LMP1-Programms an Bord. Die Zieldurchfahrt sollte die Krönung seiner Karriere werden. Sie hätte ihn in Japan zum Nationalhelden gemacht.
Doch es kam anders: Beim Anbruch der letzten Runde blieb Nakajima auf der Zielgeraden stehen. Im selben Moment überholte ihn der bis dahin zweitplatzierte Neel Jani im Porsche 919 Hybrid und fuhr zum 18. Gesamtsieg des Zuffenhausener Sportwagen-Herstellers in Le Mans. (Zwar schleppte Nakajima seinen TS050 Hybrid noch mit Hybrid-Power um den 13,629 Kilometer lange Kurs, doch die Runde war zu langsam, um in die finale Wertung zu kommen)
Es war eine nicht fassbare Atmosphäre, die sich in diesem Moment an der Strecke in Westfrankreich breitmachte. Selbst langjährige Porsche-Fans hatten Tränen in den Augen – Es waren Tränen der Trauer und Zuneigung für Toyota. So einen Rennausgang wünscht man Niemanden. «Le Mans kannst du nicht gewinnen; Le Mans lässt Dich gewinnen», hatte Mark Webber vor einigen Monaten mal gesagt.
Mit diesem Satz im Hinterkopf ist noch viel unverständlicher zu Verstehen, was der Renngott schon wieder gegen Toyota hatte. Denn der Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans wäre (sowas von) verdient gewesen. Gerade wenn man bedenkt, welche Anstrengungen das Team nach der schwierigen Saison 2015 unternahm, um wieder konkurrenzfähig zu sein. Seit 1985 treten die Japaner bereits in Le Mans an. Immer waren sie stark, oft waren sie Favorit – doch irgendetwas stelle sich immer zwischen den Toyota-Sieg.
Schaute man am Sonntagabend in die Gesichter der Toyota-Teammitglieder, gab es nur Niedergeschlagenheit zu spüren. Ein passendes Wort um den Grad der Anteilnahme ausdrücken zu können, hätte selbst der eloquenteste Linguist nicht auftreiben können.
SPEEDWEEK.com traf sich nach dem Rennen noch kurz mit Mike Conway, der im Schwesterwagen zusammen mit Stéphane Sarrazin und Kamui Kobayashi Platz zwei eingefahren hatte. «Du, Oliver», meinte der sonst so coole Brite voller Schwermut, «ich bin eben Zweiter bei den 24 Stunden von Le Mans geworden. Eigentlich ein Karriere-Highlight. Doch meine Gedanken sind nur bei den Teamkollegen. Für die tut es mir so unendlich leid.»
Le Mans 2016 wird immer mit Anthony Davidson, Sébastien Buemi und Kazuki Nakajima verbunden bleiben, auch wenn die Drei im offiziellen Ergebnis des Rennens gar nicht auftauchen. Welch Drama...