Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Technik-Serie: Ein Staubsauger für Niki Lauda

Von Mathias Brunner
Mit dieser Perspektive wollten sich die Gegner nicht anfreunden

Mit dieser Perspektive wollten sich die Gegner nicht anfreunden

Es schien mir eine gute Idee zu sein: Wie man dem besten Rennwagen der Gegenwart den Ventilator zeigt.

Gut gemeint ist leider oft das Gegenteil von gut: Die Formel 1 gilt als Schmelztigel der hellen Köpfe, aber nicht jede Entwicklung ist bahnbrechend. Viele erwecken eher den Eindruck: Der Begriff Schnapsidee beschreibt sehr schön, wie die Inspiration zustande gekommen ist …
Das Leben ist nicht immer fair: Einige Einfälle waren ihrer Zeit voraus, andere kamen hingegen etwas zu spät, wieder andere scheiterten an Umständen, die von den Technikern nicht vorhergesagt werden konnten.
In einer kleinen Serie ohne Anspruch auf Vollständigkeit möchten wir Ihnen zwölf solcher Genie- oder anderer Streiche präsentieren. Wir sind uns dessen bewusst, dass wir dabei möglicherweise einen Kniff kritisieren, den ein anderer Formel-1-Anhänger wunderbar findet. Wenn wir also etwas provozieren, dann immer auch mit Augenzwinkern und ohne bösen Willen.
Aus der Serie «Es schien mir eine gute Idee zu sein», präsentieren wir Ihnen heute:

Staubsauger

Erinnern Sie sich an den Brabham BT46 mit Oberflächenkühlung (siehe Artikel vom 27. Dezember)?
Wir hatten Designer Gordon Murray an jener Stelle verlassen, als der Südafrikaner umbauen musste – auf herkömmliche Kühler, was Gewicht auf die Vorderachse packte und die aerodynamische Effizienz vermasselte.
So war gegen den überlegenen Lotus 79 natürlich kein Staat zu machen.
Also griff Murray in die ganz grosse Trickkiste: Auf der Suche nach Abtrieb, aber konzeptionell eingeschränkt (wir erinnern uns: sehr breiter Alfa-Motor) erinnerte sich Murray an den legendären 1970er Chaparral 2J von Jim Hall. Der clevere Amerikaner hatte damals ins Heck seines Renners einen Zweitakt-Motor eingebaut, welcher Luft aus dem mit Schürzen abgedichteten Heck absaugte – und schon lag der Wagen in den Kurven wie auf Schienen.
Murray verfeinerte das System für den Schweden-GP von Anderstorp: Je höher der Hauptmotor drehte, desto höher drehte der Ventilator am Heck. Weil man dies alles als (unerlaubtes) bewegliches Aerodynamik-Hilfsmittel deuten konnte, verband Murray den Ventilator mit einem Kühler über dem Motor und argumentierte bei den Regelhütern: Dieser Ventilator dient lediglich der Kühlung. Wo doch der Brabham BT46 so schwer zu kühlen sei …
Das System funktionierte wundervoll: Schon im Stillstand saugte sich der Renner an den Boden, sobald Niki Lauda und John Watson kurz Gas gaben. Hinter Pole-Mann Mario Andretti waren die Brabham-Fahrer Zweit- und Drittschnellste. Watson schied wegen eines Drehers aus, aber Lauda samt Fahrzeug waren von der je länger je ölverschmierteren Bahn gänzlich unbeeindruckt – der Österreicher ging an Leader Mario Andretti vorbei und gewann. Eine Spazierfahrt war es dennoch nicht: Die hohen Fliehkräfte machten dem Champion von 1975 und 1977 zu schaffen.
Nach dem Rennen verbot der Automobilverband das Fahrzeug, das eine 100prozentige Siegerquote vorweisen kann.

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