Stéphane Chosse: Das Aus von HRT zeichnete sich ab
Stéphane Chosse mit dem HRT-Modell
Stéphane Chosse ist schon seit einigen Jahren in der Entwicklung von Rennwagen tätig. Mit seiner Firma ADESS entwickelte er den Le Mans Prototyp Lotus T128 LMP2 und arbeitet momentan an einem LMP1-Auto für die Saison 2014. Außerdem zeichnete die Firma mit Sitz in München auch für die aerodynamische Entwicklung des HRT der letzten Saison verantwortlich. Für 2014 arbeiten Chosse und sein Team an der Entwickelung eines weiteren Formel-1-Autos.
Geht die Arbeit im Sportwagenbereich auch weiter, oder konzentrieren Sie sich künftig mehr auf die Formel 1?
In der LMP2 nicht. Wir haben das Auto entwickelt und das ist jetzt fertig und auf der Strecke. Das erste Rennen des Lotus LMP2 war vor drei Wochen in Silverstone. Jetzt entwickeln wir ein LMP1-Auto für nächstes Jahr. Das läuft bereits seit Ende November 2012.
Bisher nutzen Sie den Windkanal bei Mercedes. Nutzen Sie den auch künftig weiter?
Das LMP1-Projekt wird im Mercedes-Windkanal entwickelt, über das Formel-1-Projekt kann ich leider noch nichts sagen.
Ist die Arbeit am Formel-1-Projekt für ein neues oder ein bereits existierendes Team? Wenn ja, für welches?
Für ein existierendes Team. Ich kann aber noch nicht sagen, welches.
Gibt es einen konkreten Auftrag oder haben Sie von sich aus Ihre Arbeit angeboten?
Es ist ein Auftrag, über den ich aus Vertragsgründen aber nicht weiter sprechen darf.
ADESS hat das 2012er Auto für HRT entwickelt. Was genau hat das alles beinhaltet?
Wir waren die Aerodynamik-Abteilung von HRT. Wir haben das gesamte Aerodynamik-Programm für HRT gemacht, Windkanal, CFD. Die Außenfläche des Autos kam von uns. Wir haben das mit mehreren Lieferanten gemacht, in Deutschland und auch im Ausland. Die gesamte Form kam aber von uns.
Machen Sie das gleiche jetzt auch für das Team, das noch nicht genannt werden darf?
Ja, genau. Im Moment arbeiten wir für ein Team als Unterstützung. Zur Zeit arbeiten die Teams noch an den aktuellen Autos und nur ein bisschen an denen für nächstes Jahr, aber irgendwann verlagern sie ihre Ressourcen voll auf die Autos für 2014. Wir kamen genau in der Zeit, als das Team Unterstützung brauchte und so haben wir den Auftrag bekommen.
Ist das Team an Sie herangetreten, oder haben Sie Ihre Unterstützung angeboten? Oder entstand der Auftrag aus Ihren Verbindungen in der Formel 1?
Ja, das ist immer so. Die Formel-1-Welt ist relativ klein und wir kennen uns relativ gut. Ich bin seit 1996 in der Formel 1 und habe verschiedene Kontakte. Es war bekannt, dass SCE, oder jetzt ADESS, das ganze Aero-Programm für HRT gemacht hat und daher haben wir jetzt die Kontakte.
Wann haben Sie mit F1-Projekt 2014 begonnen?
Letztes Jahr im November. Als HRT sein Projekt gestoppt hat, haben wir direkt ein neues gefunden.
Wussten Sie schon länger, dass es mit HRT nicht weitergeht oder kam das Ende plötzlich?
Wir hatten die Aero-Entwicklung für 2013 sehr spät gestartet und es gab auch Gerüchte, dass HRT kein Budget mehr hatte. Wir fühlten es schon eine ganze Weile, ein paar Monate vorher. Es gab schon Anzeichen. Es gab wenig Ersatzteile und da weiß man dann schon, dass es hakt. Ende Oktober kam dann die Entscheidung, dass sie nicht weitermachen würden. Das war uns klar und deshalb haben wir auch schon vorher angefangen, andere Kontakte zu knüpfen. Der Plan war ursprünglich, dass das Auto für 2013 das gleiche Monocoque haben sollte wie das von 2012, nur die Karosserie sollte etwas anders aussehen. Am Ende haben sie dann aber entschieden nicht weiter zu machen. Sie hatten aber sowieso kein 100% neues Auto geplant, es sollte eben nur eine neue Karosserie geben. Das 2012er Auto war ja ganz neu.
Was können/dürfen Sie für das F1-Team machen, was nicht?
Wir unterstützen das Team bei der Aero-Entwicklung. Eine externe Firma darf vom Reglement her kein Monocoque bauen, das muss das Team selber machen. Wir arbeiten bei der aerodynamischen Entwicklung zu.
Könnten Sie auch Monocoque bauen?
Nein, nicht intern, aber wir haben Lieferanten, die das für uns machen. Wir haben ein sehr großes Lieferanten-Netzwerk und können so ein komplettes Auto hinstellen.
Was sind größte Herausforderungen bei einem 2014er Auto? Aerodynamik? Motor-Integration?
Es gibt zwei große Änderungen. Erstens die Aerodynamik, da wird das Reglement etwas geändert und auch die Integration des Motors. Die Motoren für 2014 sind Turbo-Motoren und deren Integration ist wesentlich komplizierter als bisher. Der neue Motor braucht ein bisschen Kühlung und daher ist das Layout der Komponenten etwas anders. Das macht aber für ein Ingenieurbüro auch Spaß, denn es ist etwas Neues.
Gibt es für 2015 auch schon einen Auftrag, oder gilt dieser Auftrag rein für 2014?
Für 2015 gibt es noch keine Pläne, wir haben aber andere Projekte, speziell eben das LMP1-Projekt.
Also stehen die Sportwagen auch weiterhin an erster Stelle, erst dann kommt die F1?
Ja, genau. Wir versuchen, beide gleichzeitig zu machen, die Priorität in den nächsten Monaten liegt aber bei dem LMP1-Auto.