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Mattias Ekström: Unsportlich oder einfach nur clever?

Von Andreas Reiners
Mattias Ekström

Mattias Ekström

Das zweite DTM-Rennen auf dem Lausitzring hatte ein Nachspiel, ein auf den ersten Blick harmloses. Hinter der Verwarnung für Mattias Ekström steckt allerdings wesentlich mehr.

Als am Sonntagabend um 20.35 Uhr auf dem Lausitzring die offizielle Nachricht eintraf, dass Mattias Ekström verwarnt wird, sah die Entscheidung nach außen hin harmlos aus. Nicht mal ein blaues Auge, schließlich wird man in der DTM erst nach drei Verwarnungen um fünf Startplätze nach hinten versetzt. Die Begründung war da schon kurioser: Ekström ist im zweiten Rennen die Auslaufrunde nicht vollständig zu Ende gefahren. Aber auch das würde nicht unbedingt sofort dazu führen, wesentlich mehr dahinter zu vermuten. Er durfte seinen zweiten Platz schließlich behalten.

Klar war nach mehr als vier (!) Stunden zumindest eines: Im Reglement klafft eine Lücke. In Artikel 44.3 des Sportlichen Reglements heißt es: «In Wertung befindliche Fahrzeuge, die den Parc fermé nicht mehr aus eigener Kraft erreichen können, werden unter Kontrolle von Offiziellen in den Parc fermé gebracht.» Das war es im Grunde.

Es ist also nicht definiert, was denn nun passiert, wenn ein Fahrer sein Auto einfach abstellt. Klar: Sicherheitsgründe bedürfen keiner Diskussion. Kaputte Bremsen oder ein brennendes Auto erschweren es ungemein, sein Auto weiter zu bewegen. Im Fall von Ekström reichte aber bereits sein «Gefühl», etwas am Auto könne kaputt sein. Auf der Pressekonferenz bestätigte er, dass er vermutete, etwas am Antriebsstrang sei kaputt gegangen. «Und bevor ich das Auto weiter kaputtmache, stelle ich es lieber ab», so Ekström.

Es keimte dafür der Verdacht auf, dass er nicht mehr genug Benzin im Tank hatte. Die Funksprüche unmittelbar nach der Zieldurchfahrt sind einzeln für sich genommen nicht ungewöhnlich, hinterlassen in der Summe und Abfolge aber zumindest Fragezeichen.

«Sammel so viel „Pickup“ auf wie du kannst», wurde Ekström aufgefordert. Mit dem Aufsammeln des Gummis auf der Strecke holen sich die Fahrer noch rund ein bis eineinhalb Kilogramm Gewicht ans Auto. Das ist Routine. «Spare Benzin, spare Benzin», wurde Ekström ebenfalls noch angewiesen. Auch nicht ungewöhnlich. Unmittelbar danach funkte Ekström allerdings SOS: «Etwas an meinem Auto ist gebrochen. Ich schaffe es nicht zurück, ihr könnt ihnen sagen, dass sie mich abschleppen müssen.» Und schaltete daraufhin den Motor aus.

ARD-Co-Kommentator und DTM-Legende Klaus Ludwig unkte bereits während der Live-Sendung: «Vielleicht hat man mit dem Sprit so knapp kalkuliert, dass man sich jetzt reinschleppen lässt, um den letzten Liter zu sparen.» Denn: Je weniger Benzin, desto weniger Gewicht.

Im Auto müssen zu jedem Zeitpunkt 500 Gramm Restbenzin vorhanden sein, was bei Ekström bei der Messung nach dem Rennen auch der Fall war. Sonst wäre er disqualifiziert worden. Aber: Ekström hatte die Auslaufrunde ja nicht beendet. Wäre also auch bei einer «normalen» Ankunft im Parc fermé genug Benzin im Tank gewesen? Ekströms Auto wurde bei der üblichen Untersuchung (eine offizielle wurde nicht eingeleitet) durchgecheckt und für komplett korrekt befunden. Die Beteiligten schweigen sich aber darüber aus, wie viel Benzin denn nun am Ende noch im Tank war. Doch selbst wenn es bei einer Schätzung womöglich nicht genug für die komplette Auslaufrunde gewesen wäre – es gibt schlicht keine Handhabe im Reglement. Oder anders gesagt: Es war ihm offiziell nichts nachzuweisen.

Man muss dazu sagen: Ekström sieht in seinem Auto nicht, wie viel er noch im Tank hat, das wird lediglich vorher kalkuliert, sowieso so knapp wie möglich. Anweisungen vom Kommandostand sind während des Rennens seit dieser Saison bekanntlich auch verboten. Aber: Ekström ist als Schlitzohr bekannt, auch das Abt-Team ist mit allen Wassern gewaschen. Heißt: Mannschaft und Fahrer könnten die Lücke durchaus gekannt haben.

Und bereits mit der Strategie, in der ersten Runde die Reifen zu wechseln, setzte Ekström auf «Alles oder nichts». Denn er muss sich bekanntlich bald (nach dem dritten Rennwochenende in Budapest) entscheiden, ob er das vierte Saisonevent auf dem Norisring sausen lässt und den parallelen Rallycross-WM-Lauf absolviert. Oder umgekehrt.

Ihm war deshalb auch klar: Er muss in der DTM liefern, sonst könnte er den Traum von seinem dritten Titel bereits Anfang Juli begraben. Vielleicht hat er also tatsächlich gezockt und auch benzintechnisch alles auf eine Karte gesetzt. Vielleicht war aber auch tatsächlich etwas kaputt. Das ist im Moment Spekulation. Wäre so ein «Kniff» nun unsportlich? Oder ist er clever? Was auch immer es am Ende ist, es war vor allem eines: laut Reglement komplett legal.

Was damit aber auch klar ist: Die Lücke im Reglement muss so schnell wie möglich geschlossen werden. Sonst bleiben nach dem nächsten Rennen 18 Autos nach der Zieldurchfahrt stehen, weil etwas kaputt gehen könnte. Und kassieren lediglich eine Verwarnung.

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