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PR-Desaster Turbo: Die Formel 1 fährt gegen die Wand

Kolumne von Mathias Brunner
Viele Formel-1-Rennställe kommen beim Testen kaum vom Fleck. Jetzt wäre cleveres Krisenmanagement gefragt, auch gegen aussen. Aber die meisten GP-Teams versagen jämmerlich.

Für einige Grand-Prix-Rennställe kommt der Saisonauftakt von Australien am 16. März um mindestens einen Monat zu früh: ihre Wagen verbinden die schmerzvollste aller Kombinationen – sie sind weder standfest noch schnell (noch hübsch, wie hier der eine oder andere Leser anfügen würde). Gerade wenn es nicht gut läuft, wären die Teams gut beraten, glasklar zu informieren. Nur wenn TV-Zuschauer, Zeitungsleser und Internetkonsumenten die Hintergründe der Probleme verstehen, können sie nachvollziehen, welche Herkules-Aufgaben die Teams derzeit stemmen. Aber auch auf diesem Gebiet versagen einige Rennställe derzeit mit Anlauf – die Stolperei in die Turbo-Ära ist bei einigen ein wahres PR-Desaster. Was sie entweder nicht verstehen oder es ist ihnen egal.

Sauber-Pilot Adrian Sutil weiss: «Ich versuche so gut wie es kann zu erklären, wie komplex diese neuen Rennwagen sind.» Der intelligente Deutsche ist damit einigen Fahrerkollegen weit voraus. Die hüllen sich in den bequemen Mantel der Worthülsen und das noch nicht einmal freiwillig: Einige Rennställe haben ihren Fahrern strikte Anweisung gegeben, so wenig als möglich preiszugeben, schon gar nicht über Probleme.

Sobald ein Fahrer Luft holt, um etwas zu sagen, halten ihm Informationsverhinderer des eigenen Teams ihre Diktiergeräte unter die Nase. Kaum ein Pilot, der mal etwas unbeaufsichtigt von sich geben darf. Es könnte sich dabei ja um die Wahrheit handeln, Gott behüte!

Zum Glück gibt es da noch einen Kimi Räikkönen, der sich von keinem den Mund verbieten lässt und so über seinen Crash am vierten Testtag sprach, wie es sich gehört – offen und ehrlich.

Sinkende Zuschauerzahlen? Selber schuld!

Beim Bahrain-Test ist das zur neuen Kunstform erhoben worden: Bleibt ein Wagen stehen, wird entweder überhaupt nicht erklär, warum das passiert ist (Motto: Wenn wir nichts sagen, geht das Problem vielleicht von selber weg), oder das Team teilt gnädigerweise mit, es handle sich um «technische Schwierigkeiten». Vielen Dank auch, wer hätte so etwas schon vermutet? Hold the front page ...

Informieren wir uns bei den üblichen Team-internen Quellen, regen sich die PR-Spezialisten später über die angeblichen Spekulationen auf und fangen an, nach Informationslecks zu suchen. Dabei sprechen wir hier nicht von Whistleblowing. Wenn ein Formel-1-Rennwagen stehenbleibt, dann kommen keine Menschen zu Schaden, niemand verliert seinen Job.

Und wenn der Vertreter eines Autoherstellers glaubt, er würde Kunden verlieren, nur weil ein Fahrzeug mit Mercedes-, Renault- oder Ferrari-Motor stehengeblieben ist, dann irrt er: Autokauf ist Bauch-, Herz- und Budgetfrage. Kein potentieller Autokunde geht daher und denkt sich: «Vettels Renault-Motor hat in Bahrain schlappgemacht, jetzt kaufe ich mir wohl doch einen VW.»

Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone macht sich Sorgen über sinkende Zuschauerzahlen für seinen Zirkus. Dabei sind die Probleme fast alle hausgemacht: Zu hohe Ticketpreise (wozu die GP-Veranstalter gezwungen sind, um die lächerlich hohen Antrittsgebühren des Engländers wettzumachen), idiotisch-künstlicher Firlefanz wie doppelte WM-Punkte beim WM-Finale, kein Verständnis für den Umgang mit den neuen Medien, zu wenig Zugang zu den Stars.

Auf den Tribünen von Bahrain verloren sich wenige Dutzend Fans. Hand aufs Herz: ich hätte mir für 10 Euro auch kein Ticket gekauft – sobald ein Auto von der Bahn zurückkam, rollten die Mechaniker spanische Wände als Sichtschutz herbei als ginge es um ihr Leben. Nur Sauber verzichtete auf diesen Quatsch.

Statt sich den Fans zu öffnen, zieht sich die Formel 1 zurück. Dabei wäre das Interesse da, gerade weil wir eine aufregend neue Technik erhalten haben. Doch die Rennställe verstecken sich in Geheimniskrämerei. Angeblich unter dem Vorwand, man wolle den Gegnern nichts herzeigen. Das ist eine Schutzbehauptung: sobald Autos auf die Bahn gehen, sind die Teleobjektive von Dutzenden Fotografen auf sie gerichtet. Nicht wenige von ihnen verdienen sich ein Zubrot, indem sie einem Rennstall nachher Fotos mailen. Daraus werden all jene Daten errechnet, die man auch gleich preisgeben könnte. Zumal: Nur weil, als Beispiel, Mercedes einen besonders cleveren Frontflügel gebaut hat, muss nicht gesagt sein, dass der an einem Red Bull Racing ebenfalls funktionieren würde.

Fans für dumm verkauft

Vor Jahren hat der Autoverband FIA eine Umfrage unter den Fans gemacht. Man gaukelte den Formel-1-Anhängern vor, man nehme sie ernst. Dabei antworteten mehr als zwei Drittel der Grand-Prix-Freunde beispielsweise, hochgestochene Technik sei ihnen bei ihrem Lieblingssport «besonders wichtig». Wieso erklärt sie uns dann keiner?

Beim Schwachsinn von doppelten Punkten beim Finale haben (je nach Umfrage) 80 bis 90 Prozent der Fans negativ reagiert. Und doch wird daran festgehalten. Da muss mir keiner bei der FIA mehr weismachen, man höre auf die Fans.

Renault verdient ein Lob

Renault muss derzeit viel Prügel einstecken. Keiner weiss besser als die Franzosen, dass sie Boden gutmachen müssen. Es ist ihnen aber hoch anzurechnen, dass sie wenigstens versuchen zu erklären, warum es noch nicht nach Wunsch läuft. Rémi Taffin von Renault stellte sich an drei von vier Testtag-Abenden den Medienvertretern, Technikchef Rob White gab ein längeres Interview.

Ansonsten hören wir von sehr intelligenten Menschen nur dummes Zeug: «Wir hatten Probleme.» – «Wir hatten einen mechanischen Schaden.» – «Wir konnten leider nicht so viel fahren wie wir wollten.» – Und dann, besonders hilfreich: «Wir hoffen, dass es morgen besser geht.»

Warum verrät man uns dann nicht gleich, dass auch heute der Himmel blau war oder die Reifen rund und schwarz?

Welchen Nutzen hätte Mercedes davon, wenn Red Bull Racing zugäbe, dass ein Fabrikationsfehler bei Gangrädern zu einem Getriebeschaden führte? Wird der Ferrari vielleicht schneller, wenn McLaren präzisieren würde, dass am Wagen von Jenson Button eine Batterie verreckt ist?

Die Teams arbeiten unermüdlich an der neuen Technik und werden ständig besser. Es ist ein faszinierender Wettlauf mit der Zeit bis zum Saisonbeginn am 16. März in Australien. Leider hindern uns viele Marketing- und PR-Spezialisten, daran teilzuhaben.

Einige erklären uns in Bahrain treuherzig: «Wir sehen langsam Licht am Ende des Tunnels.»

In Bezug auf die Qualität ihrer Arbeit müssen wir leider feststellen: Dabei handelt es sich um einen entgegenkommenden Zug.

Einige Eindrücke vom vierten Bahrain-Testtag sehen Sie hier:

Bahrain-Test im Überblick

1. Nico Rosberg (D), Mercedes W05, 1:33,283 (SA) 174 Runden
2. Lewis Hamilton (GB), Mercedes W05, 1:34,263 (FR) 141
3. Kevin Magnussen (DK), McLaren MP4/29-Mercedes, 1:34,910 (DO) 127
4. Jenson Button (GB), McLaren MP4/29-Mercedes?, 1:34,957 (SA) 169
5. Nico Hülkenberg (D), Force India VJM07-Mercedes, 1:36,445 (DO) 137
6. Fernando Alonso (E), Ferrari F14 T, 1:36,516 (DO) 160
7. Kimi Räikkönen (FIN), Ferrari F14 T, 1:36,718 (SA) 125
8. Felipe Massa (BR), Williams FW36-Mercedes, 1:37,066 (FR) 65
9. Esteban Gutiérrez (MEX), Sauber C33-Ferrari, 1:37,180 (FR) 151
10. Valtteri Bottas (FIN), Williams FW36-Mercedes, 1:37,328 (DO) 171
11. Sergio Pérez (MEX), Force India VJM07-Mercedes, 1:37,367 (FR) 76 ?
12. Felipe Nasr (BR), Williams FW36-Mercedes?, 1:37,569 (SA) 87?
13. ?Pastor Maldonado (YV), Lotus E22-Renault?, 1:38,707 (SA) 85?
14. Daniil Kvyat (RU), Toro Rosso STR9-Renault, 1:38,974 (FR) 62
15. Daniel Ricciardo (AUS), Red Bull Racing RB10-Renault, 1:39,837 (SA) 43??
16. Kamui Kobayashi (J), Caterham CT05-Renault, 1:39,855 (DO) 83
17. Sebastian Vettel (D), ? Red Bull Racing RB10-Renault, 1:40,224 (MI), 73
18. Adrian Sutil (D), Sauber C33-Ferrari, 1:40,443 (MI) 89
19. Jean-Eric Vergne (F), Toro Rosso STR9-Renault?, 1:40,472 (SA) 77?
20. Romain Grosjean (F), Lotus E22-Renault, 1:41,670 (DO), 26
21. Marcus Ericsson (S), Caterham CT05-Renault, 1:42,130 (FR) 102?
22. Max Chilton (GB), Marussia MR03-Ferrari, 1:42,511 (DO) 21
23. Robin Frijns (NL), Caterham CT05-Renault, 1:42,534 (MI) 68
24. Jules Bianchi (F), Marussia MR03-Ferrari, keine Zeit (6) *
* nur Installationsrunden

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