Formel-1-Sieg: Welche Hymne muss gespielt werden?
Russland 2015: Hier läuft schon "Carmen" von Bizet
In loser Reihenfolge gehen wir in Form von «SPEEDWEEKipedia» auf Fragen unserer Leser ein. Dieses Mal will Fabian Gross aus Bruchsal wissen: «Nach einem Grand Prix werden immer zwei Landeshymnen gespielt. Wonach richtet sich die Auswahl?»
Das Prozedere nach einem Grand Prix ist in den FIA-Gesetzen verankert, jede Verletzung kann den Rennveranstalter mindestens eine Geldstrafe kosten. Der Europa-GP in Jerez wurde einst aus dem WM-Programm gekippt, weil die Spanier das Siegerpodest-Prozedere nicht befolgt haben. In der Türkei gab es einen ähnlichen Zwischenfall. Beide Male tauchten Politiker auf dem Siegerpodest auf, ohne die FIA zuvor darüber zu informieren. Der Autoverband stufte das als verbotene politische Demonstration ein. Jerez wurde aus der WM geworfen, die Türkei erhielt eine hohe Geldbusse.
Auch das Spielen der Landeshymnen richtet sich nach exakt definiertem Prozedere. So wird immer zuerst die Landeshymne des siegreichen Piloten gespielt, dann jene des Konstrukteurs. Dabei richten sich die Organisatoren nach der abgegebenen Nennung. Obschon beispielsweise Red Bull Racing Sitz in Milton Keynes hat, wird die österreichische Hymne gespielt, für Besitzer Red Bull. Nach den Pokalübergaben wird dann zum Champagner-Spritzen stets das schwungvolle Intro von Georges Bizets Oper Carmen eingespielt.
Zur Hymne gibt es einige witzige Pannen zu erzählen. Die Chinesen legten 2009 am «Shanghai International Circuit» nach dem Doppelsieg von Sebastian Vettel und Mark Webber die deutsche Hymne für den Heppenheimer auf und dann «God Save the Queen» für das Team. Doch obschon Red Bull Racing in Milton Keynes (England) zuhause ist, hätte gemäss den Besitzverhältnissen die österreichische Hymne erklingen sollen (es wäre das erste Mal gewesen seit dem GP-Sieg von Gerhard Berger in Hockenheim 1997).
Red-Bull-Motorsportchef Dr. Helmut Marko sagte damals nach dem China-GP: «Wir haben eine österreichische Lizenz, also wurde die falsche Hymne gespielt. Vielleicht hatten sie ja keine.»
Das wäre nicht das erste Mal in der Grand-Prix-Historie. Eine der grossen Motorsportgeschichten – nachdem der unvergleichliche Tazio Nuvolari auf dem Nürburgring 1935 die favorisierten deutschen Teams geschlagen hatte, waren die Veranstalter blamiert und ratlos. Sie hatten keine Schallplatte mit der italienischen Nationalhymne bereitgelegt, denn alle hatten mit einem deutschen Erfolg gerechnet. Der Legende zufolge half Nuvolari mit einer eigenen Platte aus ...
Solche Fehler sind auch in der Neuzeit üblicher als man erwarten würde: 1999 wurde in Melbourne nach dem Sieg von Eddie Irvine die irische Hymne gespielt, doch Irvine stammt aus Nordirland, das zu Grossbritannien gehört. Und in Belgien 1998 wurde zwar für Sieger Damon Hill richtigerweise «God Save the Queen» gespielt, nicht aber für den siegreichen Konstrukteur Eddie Jordan, denn der ist Irländer, und er hatte sein Team – obschon in Silverstone ansässig – über den irischen Motorsportverband bei der FIA für die Formel-1-WM angemeldet.
Eddie Jordan beschwerte sich später schriftlich und erhielt eine Entschuldigung. Gemäss des damaligen Teamchefs konnten die Belgier damals die irische Hymne einfach nicht finden.
Noch kurioser: Als Alan Jones 1977 auf dem Österreichring seinen ersten Grand Prix gewann (drei Jahre später wurde er auf Williams Weltmeister), da hatten die Veranstalter keine Nationalhymne aus Australien zur Hand. Jones erzählt noch heute, dass jemand anstelle der Hymne für ihn «Happy Birthday» auf einer Trompete gespielt habe und das auch noch in einer fragwürdigen Tonlage. Aber auch mit dem Geburtstagsständchen lagen die Steirer falsch: das Rennen fand am 14. August statt, Alan Jones wurde an einem 2. November geboren.