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Matt Morris (McLaren-Honda): So entwickeln Top-Teams

Von Mathias Brunner
​Der Engländer Matt Morris, leitender Ingenieur bei McLaren-Honda, spricht über die Bedeutung einiger Fahrzeugbereiche – vor dem Hintergrund vieler Neuheiten der Teams zum Spanien-GP.

Der erste Formel-1-Rennen auf europäischem Boden ist in der Regel der Spanien-GP, und hier bringen die Rennställe oft umfangreiche Entwicklungspakete mit. Ein Grund dafür: Auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya wurde die ganze Wintertestarbeit abgewickelt, der Wert der neuen Teile lässt sich auf keiner Rennstrecke besser prüfen.

Der Engländer Matt Morris, leitender Ingenieur in Diensten von McLaren-Honda, spricht über die Bedeutung einiger Teile, wie wir sie am kommenden Wochenende erleben werden. Der Brite meint: «Generell wurden im Rahmen einer Reglementumstellung 2009 vieles verboten, also verlagerte sich die Entwicklungsarbeit in ganz bestimmte Bereiche.»

Frontflügel: 200 Einzelteile!
«Frontflügel, die Fahrzeugnase und die Bremskühleinlässe vorne geben im Wesentlichen vor, was in Sachen Aerodynamik am weiteren Auto passiert. Ein Frontflügel ist unglaublich komplex. Wir reden von strukturellen Verbundstoffteilen, von Kohlefaser-Elementen, die nicht zur Grundstruktur gehören, beispielsweise ein Zusatzflügelchen, dazu von Metallteilen. Alles in allem reden wir hier von 200 Teilen! Das Ganze ist eine Einheit, miteinander verleimt. Nur Abrisskanten können eingestellt oder vertauscht werden. Wir brauchen zur Herstellung eines neuen Frontflügels ungefähr sechs bis acht Wochen. In Barcelona haben wir die zweite Frontflügelausführung des Jahres mit dabei.»

Heckflügel: Der Abtriebs-Generator
«Der Heckflügel ist der wesentliche Faktor zum Erzeugen von Abtrieb an der Hinterachse. Er ist weniger komplex als der Frontflügel, weil das Reglement hier viel engmaschiger ist. Das schränkt Formen und Entwicklung ein. Entweder du findest mehr Abtrieb, oder zu erarbeitest einen Highspeed-Flügel, der sehr windschlüpfig ist, wie für Monza oder Spa-Francorchamps. Die Teams arbeiten derzeit alle sehr ausführlich mit Endplattenformen, um Luftwirbel in einer Art und Weise zu erzeugen, welche den Luftwiderstand senken und den Flügel besser arbeiten lassen. Auch hier dauert es von der ersten Studie bis zum fertigen Flügel gut sechs bis acht Wochen.»

Bremskühlhutzen: Bremsen sind zweitrangig
«Ironischerweise ist die primäre Aufgabe der Bremskühlhutzen mitnichten das Kühlen der Bremse, also der Scheiben und der Zangen. Heute sind sie vielmehr vorrangig dazu da, die komplexen Luftwirbel um das Rad herum in die richtige Richtung zu zwingen. Die Hutzen sind kleine Kunstwerke: Kühlung der Scheibe, Kühlung der Bremszange, Luftfluss-Management, Reifentemperatur-Management, denn die Temperatur der Bremse hat direkten Einfluss darauf, was mit dem Reifen passiert, dazu Kühlung der Elektronik-Kästchen, das sind ziemlich viele Aufgaben, die du in den Griff bekommen musst. Und dazu müssen die Hutzen auch noch in die Umgebung aus Querlenker und Radträger passen. Wir reden hier von gut hundert Teilen an jeder Ecke des Wagens, und an Details wird von Rennen zu Rennen gefeilt. Ein komplett neues Design dauert samt Herstellung ungefähr sechs Wochen.»

Unterboden: Unablässige Arbeit
«Der Boden kanalisiert den Luftfluss unter dem Wagen, hier geht es um effiziente Luftführung zum aufsteigenden Ende des Bodens hin, dem so genannten Diffusor. Der Diffusor ist neben dem Heckflügel der grösste Abtriebsgenerator am Heck. Der Boden ist sehr komplex, wir ändern ständig Details. Wir stehen vor dem Spanien-GP beim dritten Boden des Jahres, und die nächsten Änderungen vorne wie hinten sind schon geplant. Wir brauchen zur Herstellung eines neuen Bodens gut zwei Monate.»

Nasenknubbel: Strenge FIA-Tests
«Wie der Frontflügel spielt auch der Nasenknubbel eine extrem wichtige Rolle, was den Flussverlauf übers ganze Auto angeht. Dazu muss er als deformierbare Crash-Struktur herhalten, die Tests der FIA sind hier sehr streng. Die Teams tendieren dazu, die Nase immer weiter nach hinten zu rücken, um den Flügel freier anströmen zu lassen, was die Effizienz des Frontflügels erhöht. Aber je kürzer die Nasen werden, desto schwieriger ist es, die Tests der FIA zu bestehen. Also wagst du diesen Schritt erst dann, wenn du wirklich davon überzeugt bist, dass eine neue Nase einen markanten aerodynamischen Fortschritt bedeutet.»

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