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Kimi Räikkönen (Ferrari): Näher an Sebastian Vettel

Von Mathias Brunner
Kimi Räikkönen folgt Sebastian Vettel dichtauf

Kimi Räikkönen folgt Sebastian Vettel dichtauf

​SPEEDWEEKipedia: Leser fragen, wir finden die Antwort. Heute: Kimi Räikkönen ist nach zwei eher mageren Jahren wieder näher an seinem Ferrari-Stallgefährten dran. Woran liegt das eigentlich?

In loser Reihenfolge gehen wir in Form von «SPEEDWEEKipedia» auf Fragen unserer Leser ein. Dieses Mal will Andrea-Maria Korn aus Osnabrück wissen: «Ich bin seit Jahren grosser Fan von Kimi Räikkönen und habe ich sehr gefreut, dass der Finne bei Ferrari einen neuen Vertrag erhalten hat. In diesem Jahr, so scheint mir, liegt er näher an seinem Ferrari-Stallgefährten dran als in den vergangenen zwei Saisons. Gibt es dafür einen bestimmten Grund? Was sagt er selber?»

Tatsächlich stand Kimi Räikkönen unter Druck: Die Saison 2014 an der Seite von Fernando Alonso war eine Katastrophe. Kimi wurde bei seiner Rückkehr nach Maranello (nach seiner Formel-1-Auszeit und zwei Jahren bei Lotus) nur WM-Zwölfter, stand kein einziges Mal auf dem Podest und wurde von Fernando Alonso in Grund und Boden gefahren: 17:2 in den Quali-Duellen für den Spanier, 161:55 WM-Punkte zu Gunsten Alonsos.

Nach einem tollen Start von Ferrari-Neuling Sebastian Vettel 2015 (in den ersten sechs Rennen fünf Mal auf dem Siegerpodest, Sieg in Malaysia) wurde Kritik laut, ob «Iceman» Räikkönen nicht vielleicht ersetzt gehört. Die Saison endete mit WM-Rang 4 (Seb wurde Dritter), mit 150:278 Punkten gemessen am Deutschen, dazu mit einer 5:14-Niederlage in der Quali.

Aber Räikkönen erhielt auch für 2016 einen Vertrag. Sebastian Vettel machte sich für ihn stark, zudem fanden Ferrari-Chef Sergio Marchionne und Teamchef Maurizio Arrivabene niemanden, von dem sich mit Sicherheit sagen liesse, er würde einen besseren Job machen.

Nach zwei Dritteln der Saison 2016 sieht die Bilanz von Kimi besser aus: Er liegt in der Quali noch immer mit 4:10 hinten, aber in den vergangenen fünf Abschlusstrainings war der Finne drei Mal der schnellere Ferrari-Fahrer. Aufgrund regelmässiger Punktefahrten und etwas Pech von Sebastian Vettel steht es im WM-Zwischenklassement nur noch 143:136 für Vettel, der Deutsche und sein finnischer Freund belegten die Ränge 4 und 5.

Das gab in Monza Lob von Chef Marchionne: «Kimi hat seine Reife unter Beweis gestellt. Ich finde, er hat sich verändert, seit er Papa geworden ist. Ein grosser Champion.»

«Was Sebastian Vettel angeht, so müssen wir ihm einfach ein siegfähiges Auto hinstellen, dann wird er zeigen, aus welchem Holz er geschnitzt ist. Wir haben zwei herausragende Piloten, zwei grosse Champions.»

Aber was sagt Kimi selber zu seiner Steigerung? Im Rahmen des Monza-GP gab der Weltmeister von 2007 zum Besten: «Wenn ich näher an Sebastian liege, dann ist das ein Ergebnis von vielen kleinen Verbesserungen. Die heutige Formel 1 ist überaus komplex. Wenn nur eine Kleinigkeit nicht stimmt, leidet sofort das Ergebnis. Aber wir haben aus den vergangenen Jahren gelernt, und 2016 läuft eher, wie es sein sollte.»

Der Hauptgrund für die mageren Ergebnisse in den früheren Jahren: Kimi Räikkönen kam mit der Vorderachse des Ferrari nicht klar. Sie vermittelte ihm zu wenig Gefühl. Das ist auch ein Grund, wieso Kimi immer wieder mit der Lenkung seiner Autos hadert (schon in seinen zwei Jahren bei Lotus). Es half Kimi nicht, dass Ferrari für 2015 die Zugstreben-Vorderradaufhängung – teilweise verantwortlich für dieses mangelnde Gefühl – behielt. Erst beim Rennwagen für 2016 kam der damalige Technikchef James Allison wieder von diesem Konzept ab.

Als technische Grundlage: Schub- oder Zugstreben übertragen die Radbewegungen auf die Feder-/Dämpfer-Einheiten, diese Bewegung der am Querlenker angebrachten Streben wird via Kipphebel übertragen.

Die vom damaligen Brabham-Designer Gordon Murray Ende der 70er Jahre eingeführte Zugstreben-Lösung (englisch: pull rod) hatte vor allem einen Vorteil – weil die Strebe weiter unten angebracht ist und auch die Feder-/Dämpfer-Einheit näher am Boden eingebaut werden kann, sinkt der Schwerpunkt des Autos.

Vor Ferrari 2012 hatte sich Minardi 2001 als zuvor letztes Team für eine solche Vorderradaufhängung entschieden. Als Ferrari beim Modell F2012 zur Zugstrebe zurückkehrte, nannte der frühere Ferrari-Technikchef Pat Fry auch Gewichtsersparnis als Vorteil.
Dritter Vorteil, gewiss einträglicher als das Gewicht: Eine Zugstrebe lässt sich aerodynamisch günstiger platzieren – sie verlief am Ferrari fast waagerecht, während die von der Konkurrenz verwendeten Schubstreben viel steiler im Wind stehen.

Die Konkurrenz hatte an der Ferrari-Lösung so ihre Zweifel. Es fiel jedenfalls auf, dass kein einziger Gegner Ferrari gefolgt ist. Ganz anders als bei der Hinterradaufhängung, als Red Bull Racing-Technikchef Adrian Newey nach fast 30 Jahren Schubstreben (push rod) an der Hinterachse mit dem Modell RB5 auf einmal zu Zugstreben wechselte – und die Gegner nach und nach mitzogen.

Das grösste Problem der Zugstrebe von Ferrari: eingeschränkte Möglichkeiten der Feinabstimmung und verringertes Fahrgefühl. Fernando Alonso konnte 2014 damit leben, Kimi Räikkönen nicht. Es ist mit einer Schubstrebenlösung einfacher, ein gutes Handling in langsamen und schnellen Kurven auszutüfteln als mit dem pull rod.

Der 20fache GP-Sieger Räikkönen selber erklärte das in seiner Sorgensaison 2014 so: «Das ist einfach mein Fahrstil, und ich werde nicht schneller fahren, wenn ich ihn zu ändern versuche. Seit meiner Zeit als Kartfahrer muss ich tüchtig Grip von der Vorderachse spüren, wenn die vorderen Reifen nicht beissen, dann mag ich das Handling nicht. Ich glaube noch immer, dass es die schnellste Art und Weise ist, eine Kurve zu durchpfeilen, wenn du viel Speed in die Ecke hinein nimmst.»

Kimis damaliger Lotus-Stallgefährte Romain Grosjean: «Kimi muss die Vorderachse extrem gut spüren können, und das war mit den 2014er Reifen nicht möglich. Ohne dieses Gefühl, das nicht einfach zu erklären ist, geht dir das letzte Quäntchen Vertrauen ins Auto verloren, und das macht eine Menge aus.»

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