Sophia Flörsch: «Mein Ziel bleibt die Formel 1»
Sophia Flörsch
Erst durch ihren haarsträubenden, unverschuldeten Unfall im Formel-3-Weltfinale in Macao Mitte November wurde die Münchnerin Sophia Flörsch einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Dabei hat die eben 18 Jahre alt gewordene Rennfahrerin schon im Kart, in der Formel 4 und der Formel-3-EM (zweite Hälfte 2018) durchaus Talent bewiesen.
In Macao erlitt Flörsch Wirbelbrüche, hatte aber keine Lähmungserscheinungen und wurde erfolgreich operiert. Mit SPEEDWEEK.com sprach sie über ihre Karriereplanung, den Unfall und die Aufmunterung durch Susie Wolffs Initiative «Dare to be Different», die junge Frauen im Motorsport unterstützen will. Fazit: «Ans Aufhören dachte ich nach dem Unfall nie.»
Wie kamst Du zum Rennsport? Gab es in Deiner Familie schon Rennfahrer?
Sophia Flörsch: Ich habe schon im Alter von vier Jahren mit einem Kart reingeschnuppert. Mit sieben fuhr ich erste Rennen. Ich hatte immer mehr Spass dabei, aber interessant wurde es erst mit dem Umstieg zu Autorennen. Im Kart war das alles noch ein Hobby. Dann, nach dem Wechsel mit 14, kam der Wunsch auf, Profirennfahrerin zu werden.
Du fuhrst bereits in diesem Jahr in der Formel-3-EM. Warst Du mit Deinen Leistungen zufrieden?
Relativ zufrieden, da ich ja erst zu Saisonmitte nach dem Abitur ohne übliche Vorbereitung durch Tests einstieg. Da hatten die anderen natürlich einen Vorsprung. Aber mein Rückstand auf die Schnellsten bei den Rundenzeiten reduzierte sich von Zandvoort mit rund 1,5 Sekunden bis zum Finale in Hockenheim auf zwei bis drei Zehntel. In Spielberg kam ich erstmals in die Punkte.
Du willst ja in der Formel 3, 2019 im European Masters, bleiben.
Das ist der Plan, wieder mit van Amersfoort Racing zu fahren. Da komme ich sehr viel zum Fahren, ein zweites Jahr im FEM ist für mich wohl die beste Lösung.
Hast Du Erinnerungen an den schweren Unfall in Macao oder gibt es da Lücken?
Ich kann mich an alles erinnern. Ich wollte überholen, der voranfahrende Konkurrent verlangsamte unerwartet früh, die Reifen berührten sich. Danach stieg ich auf, hatte keine Kontrolle mehr. Ich weiss noch wie ich rechts an der Wand war und dann rückwärts einschlug. Das war wie ein Film. Es ging alles so schnell. In dem Moment denkst du nicht gleich, wie schwer der Unfall sei. Für mich war das der erste schwere Crash, ich hätte nicht gedacht, dass er so heftig wird.
Welche Gedanken hattest Du dann im Krankenhaus? Denkt man da auch ans Aufhören?
Nein, daran dachte ich nie. In 13 Jahren im Motorsport hatte ich noch keinen so schweren Unfall, ist mir nichts Schlimmes passiert. Da lasse ich mich nicht unterkriegen. Das war viel Pech, aber da war auch viel Glück dabei.
Hat sich Deine Einschätzung von Risiko dadurch geändert?
Da hat sich für mich nichts geändert.
Wie geht es Dir derzeit?
Es geht aufwärts, jeden Tag ein wenig. Manchmal ist es für mich zu langsam. Ich muss noch aufpassen bei der Belastung von Nacken und Rücken.
Wann soll Dein Comeback stattfinden?
Da reden die Ärzte mit, aber ich hoffe, Ende Februar oder Anfang März wieder in einem Rennwagen zu sitzen.
Willst Du wieder in Macao antreten?
Auf jeden Fall, es war bis zum Unfall ein tolles Wochenende, das ist eine traumhafte, herausfordernde Strecke, ein echter Fahrerkurs.
Wurdest Du bisher im Motorsport als Frau anders behandelt?
Nein, völlig normal. Die Kollegen haben Respekt.
War es für Dich leichter oder schwieriger, Sponsoren zu gewinnen und zu überzeugen?
Ich musste vielleicht Sponsoren überzeugen, dass Rennsport zu machen auch für Mädchen normal ist.
Wie wichtig ist die Unterstützung durch die von Susie Wolff gegründete Initiative «Dare to be Different», für die Du Botschafterin bist und die jungen Frauen im Rennsport helfen will?
Ich bin seit Jahresbeginn Botschafterin und megastolz darauf. Es ist wichtig, dass Susie zeigt, dass man auch als Mädchen im Rennsport etwas erreichen kann.
Hast Du im Rennsport auch Freundschaften geschlossen?
Da gibt es schon einige, die man lange kennt, mit denen man seit der Kart-Zeit aufgewachsen ist. Aber auf den Strecken sind wir alle Konkurrenten.
Abgesehen von der Verletzungs- und Reha-Phase, wie oft trainierst Du? Bleibt da noch Freizeit?
Ich trainiere so viel wie nur möglich. Zwei Mal täglich, wenn es geht, mit eigenem Trainer, der mich jetzt auch in der Reha unterstützt. Freizeit bleibt ein wenig, obwohl es schwer ist, völlig abzuschalten. Im Winter geht das eher, während der Saison ist es natürlich schwierig.
Hast Du Vorbilder?
Ja, Lewis Hamilton. Aber ich will mir von allen das Beste abschauen.
Deine Familie unterstützt Dich ja, kamen da nach dem Unfall keine Bedenken?
Ich bekomme von meiner Familie seit der Kindheit viel Unterstützung, sie hat Zeit und Geduld. Mein Vater widmet mir viel Zeit, meine Mutter kümmert sich besonders um das Immobiliengeschäft. Es gab keinen Versuch, meine Rennkarriere zu stoppen.
Hast Du schon ein Berufsziel für nach dem Rennsport im Sinn?
Nein, weil ich mich ganz auf den Sport konzentriere. Ein Jurastudium wäre der Plan B.
Es wird 2019 eine eigene Rennserie für jungen Damen geben. Wie stehst Du dazu?
Die W Series finde ich nicht sehr gut. Jeder will heute Gleichbehandlung der Geschlechter. Die Serie ist der falsche Ansatz. Ich will gegen die Besten gewinnen, und das sind derzeit eben die Männer.
Du wärst für den Test der Formel E in Ad Diriyah vorgesehen gewesen. Wäre die Elektroformel ein Thema für Dich?
Ich finde die Formel E sehr interessant. Die Entwicklung geht wohl in diese Richtung, die 2019er-Autos (Generation 2, Anm.) haben beachtenswerte Fortschritte gemacht. Aber ich will mich jetzt einmal auf die Formel 3 konzentrieren. Step by step. Natürlich ist mein primäres Ziel die Formel 1.
Diese Tage werden hoffentlich auch für Dich ruhiger?
Ja, ich freue mich auf Weihnachten zu Hause mit den Eltern, Opa und Oma.