MotoGP: Das Saisonfinale ist in Barcelona

Wieso Horrortrip nach Las Termas 48 Stunden dauerte

Kolumne von Günther Wiesinger
Wenn einer eine Reise tut, so kann er was erzählen. Wenn du Pech hast, kann die Reise zum Argentinien-GP 48 Stunden dauern. Ein Erlebnisbericht.

Die Reise zum Argentinien-GP in der Provinz Santiago del Estero gestaltet sich manchmal als Horrortrip, selbst für hart gesottene GP-Touristen.

Immer wieder erzählen Teammitglieder, sie seien von Haustür zu Haustür bis zu drei Tage unterwegs gewesen.

Ian Wheeler, Communications Manager von Marc VDS Racing, meldete gestern: «Ich bin nach 28 Stunden meiner Reise 500 km weiter weg von Buenos Aires gewesen als beim Start meiner Reise in Irland...»

Was war geschehen?

«Mein LH991-Flug von Dublin nach Frankfurt war wegen Schlechtwetters 30 Minuten verspätet, deshalb habe ich in Frankfurt den LH510-Anschlussflug nach Buenos Aires verpasst. Die Lufthansa hat mich dann automatisch auf einen Flug via Sao Pãulo gebucht. Ich musste also in Frankfurt übernachten und hätte dann in Brasilien zwölf Stunden auf den Weiterflug warten müssen», schilderte Ian Wheeler. «Eine nette Dame von der Lufthansa, sie hörte auf den Namen Sabine, hat das netterweise geändert und mich mit 24 Stunden Verspätung mit dem LH 998-Flug nach Amsterdam geschickt. So kam ich wenigstens auf den KL701-Direktflug von Amsterdam nach Buenos Aires, wo ich Mittwochfrüh um 6.00 Uhr eingetroffen bin. Nachher hatte ich noch einmal Glück, denn Massimo Bertozzi vom italienischen GP-Reisebüro FAST hat mich nachher auf einen Charterflug von Buenos Aires direkt nach Las Termas de Rio Hondo umgebucht. Dort bin ich schließlich am Mittwoch um 14.30 Uhr angekommen.»

Ian Wheeler nahm die Strapazen mit britischem Humor hin. «Ich bin in Las Termas 50 Stunden nach meiner Abreise aus Dublin eingetroffen. Und all das als Passagier in der Economy Class», seufzte er.

Die meisten Topfahrer und Teammanager reisen natürlich in der Business Class, da kann man in der Lounge duschen, sich einen feinen Imbiss gönnen und bei langen Zwischenstopps ein gemütliches Nickerchen machen.

Ian Wheeler nimmt’s nicht so tragisch. «Die Anreise zum Grand Prix 2018 ist immer noch besser als vor 2018 das Desaster mit den Bussen.»

Damals herrschte am Montag nach dem Grand Prix auf dem Las Termas Airport (1,2 km von der Rennstrecke entfernt) ein derartiger Sturm, dass die ankommenden Flugzeuge nicht landen und die vorhandenen nicht abheben konnten.

Dutzende Teammitglieder wurden deshalb vor zwei Jahren in altersschwachen Autobussen über die 1150 km nach Buenos Aires gekarrt, auf Nebenstraßen und Holperpisten, die einer Motocross-Strecke alle Ehre gemacht hätten.

Cal Crutchlow kam damals wie gerädert am Donnerstag um 3 Uhr früh im Radisson Hotel in Austin/Texas an. «Wir waren drei Tage unterwegs. Ich habe am Montag einen Leihwagen genommen und bin mit Crew-Chief Beefy die 1150 km gebrettert. Wir haben zwei Tage praktisch nichts zu essen bekommen», berichtete der LCR-Honda-Pilot.

Die Buspassagiere der Teams trafen 2016 teilweise erst nach fast vier Tagen am späten Nachmittag im Austin-Paddock ein. Bei Ducati halfen damals die früher eingetroffenen Teams den verspäteten Kollegen sogar beim Einräumen der Boxen.

Übrigens: Auch Moto3-Weltmeister Joan Mir und Riding Coach Stefan Prein aus dem Marc VDS-Team erlebten 2018 eine mühselige Anreise.

Sie mussten in Montevideo/Uruguay landen und auf den Weiterflug warten, weil der International Airport in Buenos Aires wegen Nebels gesperrt war.

SPEEDWEEK.com-Redakteur Ivo Schützbach reiste im April 2014 zum ersten Grand Prix in Las Termas. Auch damals herrschte Nebel in Buenos Aires. «Teile des MotoGP-Trosses, die am Donnerstagmorgen in Argentinien anreisten, machten einen ungewollten Abstecher über Uruguay. In Buenos Aires an der argentinischen Küste hing der Nebel so tief, dass die Maschinen der Air France und der Lufthansa keine Landefreigabe bekamen. Nach langem Kreisen über dem Flughafen wurden wir schließlich nach Montevideo in Uruguay umgeleitet, weil sonst das Kerosin ausgegangen wäre», erinnert sich Ivo Schützbach. «Einem Fluggast wurde das alles zu viel. In Montevideo fing er nach der Landung am Boden im Flugzeug zu brüllen an und suchte Streit mit den Flugbegleitern. Letztlich wurde er begleitet – von der Polizei aus der Boeing 777.»

«Ich war insgesamt genau 48 Stunden unterwegs», lautete das Resümee von Ian Wheeler.

Von 1961 bis 1999 wurde der Motorrad-GP von Argentinien insgesamt zehnmal auf der 4,259 km langen Piste (mit 15 Kurven) namens «Autódromo Juan y Oscar Alfredo Gálvez» in Buenos Aires ausgetragen.

Aber dann bildete sich die korrupte und später sogar des Landesverrats beschuldigte argentinische Staatspräsidentin Cristina Elisabet Fernández Kirchner ein, man müsse die verlassene Thermenlandschaft im entlegenen Las Termas neu beleben.

Also wurde dort die Rio-Hondo-Rennstrecke modernisiert und der Flughafen umgebaut.

Und seither begibt sich der GP-Tross jährlich auf eine Abenteuerreise in die sprichwörtliche Pampa.

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