Cal Crutchlow: «Márquez rutscht und stürzt überall»
Cal Crutchlow fährt seit 2015 für das LCR-Honda-Team von Lucio Cecchinello. Er hat 201 6 zwei Grand Prix gewonnen (Brünn und Phillip Island), im Vorjahr sieget er in Las Termas. Im Training zum Australien-GP 2018 erlitt er einen komplizierten Knöchelbruch. Er bangt danach sogar um die Fortsetzung seiner Karriere.
Cal, du bist der einzige britische Fahrer in der MotoGP. Die anderen beiden haben Ende letzten Jahres aufgehört. Wie schlecht ist das für den britischen Motorsport?
Ich glaube, das sind schlechte Neuigkeiten für den britischen Motorradrennsport. Es gibt bestimmt genug Jungs, die eine Chance hier verdienen würden und die auch schnell genug wären... Und jetzt gibt es nur noch einen.
Auf der anderen Seite bin ich stolz, dass ich Derjenige bin, der übrig geblieben ist. Ich bin stolz, dass ich es bis hierher geschafft habe, weil wenn man sich Leute anschaut, die vor mir hier waren, haben die oft nur ein, zwei Jahre ausgehalten – wenn überhaupt. Ich bin jetzt seit sieben Jahren in der MotoGP. Ich glaube, dass meine Karriere in der MotoGP besser hätte sein können, aber das war sie nicht. Ich glaube, dass ich viele Chancen verpasst habe, aber ich bin glücklich, hier zu sein. Ich konnte ein paar grossartige Erfolge feiern. Ich bin enttäuscht, dass Bradley [Smith] geht, weil er hart hart beitet und ich glaube, dass er ein guter Botschafter für Großbritannien in der MotoGP ist. Ich denke, er ist schnell genug, um hier zu sein.
Ist Johnny Rea einer der Jungs, die es verdienen würden, in der MotoGP zu sein?
Ich weiß, dass Jonathan schnell ist. Er fährt praktisch mit geschlossenen Augen in der Superbike-WM herum und gewinnt. Ich bin mir sicher, dass er und sein Team sich viel Mühe geben.
Aber man sieht die Art und Weise, wie er gewinnt. Es ist viel zu einfach. Das bedeutet: Ja, er könnte in der MotoGP sein, aber er hat die Chance nicht genutzt.
Trotzdem zu behaupten, dass er diese und jene Person schlagen könnte... Ich weiß, dass er meinen Namen genannt hat, aber das bedeutet, dass er auch alle anderen Jungs schlagen kann, die ich schlage. Das heisst, er glaubt, dass er jeden in der MotoGP schlagen kann. Das sagt er damit.
Du warst schon in der MotoGP-WM, als Stoner noch gefahren ist. Kannst du Casey mit Marc vergleichen?
Zuerst schlüpfe ich da von der Rolle des Fahrers in die Rolle des Fans an der Strecke. Das heißt: Ich würde viel Geld zahlen, um dieses Rennen sehen zu können, sehr viel Geld. Das wäre etwas sehr Besonderes.
Vergleichst du sie?
Ich kann sie und ihre Fahrstile vergleichen. Ich glaube, dass sie auf eine Art sehr ähnlich sind. Klar, Casey war zurückhaltender. Marc rutscht überall. Er stürzt überall. So viel Spaß hatte man nicht, wenn man Casey zuschaute.
Ich liebte es, Casey zuzuschauen. Ich glaube, dass er das Motorrad besser als alle anderen unter Kontrolle hatte. Er hat den Ellbogen nicht auf den Boden gelegt, wie Marc es tut. Aber er hat sich genau so tief in die Kurve gelegt. Deshalb glaube ich, dass sie auf eine Art sehr ähnlich sind.
In einer kompletten Traumwelt – und es kann sein, dass es falsch ist, das zu sagen, aber es ist nun mal meine Meinung – wenn es ein direktes Rennen wäre, bei dem es schwierig wäre, zu überholen, würde Casey locker gewinnen. Aber wenn es ein Kampf wäre, glaube ich, dass Marc gewinnen würde...
Wie es im Verlauf einer ganzen Saison aussehen würde? Keine Ahnung. Aber ich würde wirklich dafür zahlen, das zu sehen.
Du hast gesagt, dass Casey das Gas kontrolliert hat, aber Marc das Motorrad kontrolliert.
Casey ist dafür verantwortlich, dass wir bei Honda alle die Rückbremse benutzen, Marc und ich... Marc hat es sich bei Casey abgeschaut, glaube ich, und ich bei Marc. Der Grund dafür ist, dass Casey das Gaspedal und die Rückbremse so perfekt beherrscht hat. Ich glaube aber auch, dass diese beiden Jungs ein Problem für alle anderen Honda-Fahrer sind, weil sie so gut sind. Sie lassen uns auf der Honda langsam aussehen, auch wenn wir das nicht sind!
Jorge Lorenzo fährt diese Saison bei Repsol-Honda. Wie würdest du Lorenzo als Fahrer bezeichnen?
Das ist so schwierig, weil Jorge ein phänomenaler Motorradrennfahrer ist, aber ich glaube, er weiß selbst nicht, wie er das genau macht. Er ist so talentiert und natürlich, wahrscheinlich mehr als jeder andere. Um ihn mit Worten zu beschreiben, würde ich «metronomisch», also «wiederkehrend» und «wiederholend» sagen.
Als er noch bei Yamaha war und ich bei Tech3, habe immer darauf geachtet, wie groß der Abstand zwischen uns war. Er fuhr 20 Runden nacheinander und sie unterschieden sich nie, nicht einmal durch eine Zehntelsekunde. Nur wenn er das Visier zugemacht hat, wurde er jemand anders.
Jorge ist speziell. Sehr, sehr speziell.