Pit Beirer (KTM): Warum er in Misano euphorisch war
Ein Stahlrohr muss nicht rund sein: Pol Espargaró mit der 2020-KTM in Valencia
Die Red Bull-KTM-Mannschaft setzt für die MotoGP-Weltmeisterschaft 2020 große Hoffnungen auf die neue KTM RC16, die von Edel-Testfahrer Dani Pedrosa in den letzten sechs, sieben Monaten entwickelt worden ist. Pol Espargaró hat mit einem Prototyp dieses Motorrads bereits beim Misano-GP Mitte September aufhorchen lassen. Er eroberte dort den zweiten Startplatz und steuerte das Motorrad im Rennen auf Platz 7. Das war das zweitbeste Saisonergebnis 2019 nach Rang 6 in Le Mans.
«Die Performance von Pol in Misano war kein Zufallstreffer», betont KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer. «Denn dort haben wir das Motorrad auf die Piste gebracht, das zuerst von Dani und danach von Miguel ausprobiert worden ist. In Misano hat es Pol Espargaró bekommen. Er hat das neue Material auf beim Grand Prix auf dem Sachsenring ausprobiert. Wir haben dann aber alles noch einmal auf Eis gelegt, weil das Material noch nicht komplett ausgetestet war. Dani hat dann damit bei den Tests weitergearbeitet. Miguel Oliveira hat das ganze neue Paket eigentlich als Erster bei einem Grand Prix auf der Rennstrecke gefahren – in Österreich. Pol ist damals mit dem bestehenden Motorrad regelmäßig ins Q2 gefahren. Er hat sich mit dem ursprünglichen Motorrad recht wohl gefühlt und deswegen etwas länger gezögert mit dem Umstieg.»
Beirer weiter: «Es gab dann vor dem San-Marino-GP einen Misano-Test, den Pol noch genutzt hat, um sich von der richtigen Richtung des neuen Pakets zu überzeugen. Bei diesem Misano-Test konnte das neue Motorrad auch gut für den Grand Prix abgestimmt werden. Wir waren damals so unterwegs, wie es sich für ein richtiges Werksteam gehört. Wir haben die neuen Teile in Ruhe vorher ausprobiert, bevor wir sie dann bei unserem besten rennfahrer reingesteckt haben.»
«Dann ist auf eine logische Entwicklung ein sehr gutes Ergebnis gefolgt», blickt Pit Beirer zurück. «Wir waren deshalb in Misano wirklich happy und euphorisch und haben uns für jeden Mitarbeiter gefreut, der an diesem Projekt im Team so hart mitgewirkt hat. Aber dann kam der Rückschlag von Aragón mit dem Sturz von Pol im FP4. Dort hat man am Freitag gesehen, dass wir auf einem guten Weg sind. Wir sind mit gebrauchten Reifen am Freitag anfangs auf Platz 4 und 5, nachher sind wir auf den siebten oder achten Platz zurückgefallen. Mit frischen Reifen ist Pol dann noch auf Platz 3 gestürzt, am Ende war er am Freitag Fünfter. Wir haben in Aragón das sichere Gefühl gehabt, dass ein fünfter oder sechster Platz im Training machbar ist. Aber diese Phase der Zuversicht hat leider nicht sehr lange gedauert, weil sich Pol am Samstagmittag eine Handverletzung zugezogen hat, die ihn dann wieder wochenlang beeinträchtigt hat. Miguel Oliveira war zu diesem Zeitpunkt wegen der Schulterverletzung angeschlagen. Und Mika Kallio musste sich zuerst wieder an den Rennrhythmus gewöhnen, als er in Aragón für Zarco ins Werksteam kam.»
KTM: Neuer Stahlrahmen in Valencia
KTM sorgte dann im November am Dienstag und Mittwoch beim Test nach dem Valencia-GP mit einem neu konzipierten Stahlrahmen für Aufsehen, dessen deutlichstes Unterscheidungsmerkmal die viereckige seitliche Profile beziehungsweise Stahlrohre darstellen.
Pol Espargaró stellte dort am Dienstag nach Platz 8 fest: «Zu 80 Prozent besteht der Rahmen immer noch aus Rohren.» Da war er der landläufigen Meinung, ein Rohr müsse rund sein. Aber es existieren natürlich auch viereckige Rahmenrohre, das weiß jeder, der sich schon einmal ein modernes Rennrad oder Mountainbike näher angeschaut hat. Und an der neue KTM RC16 waren erstmals auch kantige Rahmenprofile zu sehen – nicht nur runde.
Bei KTM wird Wert darauf gelegt, dass man mit dem neuen Chassis nicht vom bisherigen Konzept abweicht. «Bei uns hat sich nichts geändert. Wir haben immer noch einen Gitterrohrstahlrahmen. Eckige Rohre haben wir schon immer verbaut, zum Beispiel im Bereich der Fussrastenbefestigung. Und wenn ich mich bei KTM in der Motocross-Rennabteilung umschaue, sehe ich auch Rahmen mit viereckigen oder kantigen Rohren», betont KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer.
Pit Beirer hat erleichtert zur Kenntnis genommen, dass die neuen Stahlchassis für 2020 ganz offenbar einen Schritt in die richtige Richtung bedeuten. «Denn nach Misano hat KTM im Herbst einige unbefriedigende Ergebnisse und Rückschläge einstecken müssen. «Da gab es nichts mehr schönzureden», ist sich Pit Beirer bewusst.
«Wir hatten in der Saison 2019 über weite Strecken nur Pol Espargaró als verlässlichen Top-Ten-Anwärter», blickt Beirer zurück. «Er ist zum Beispiel in Le Mans mit nur 5,9 sec Rückstand auf Platz 7 gelandet. Beim Catalunya-GP hat Pol nur 16,1 sec Rückstand gehabt, er ist dort auf Platz 7 ins Ziel gekommen. Dann ist er beim Barcelona-Test gestürzt – und hat bei Platz 11 in Assen gleich 28,7 Sekunden verloren. Dafür hat Miguel Oliveira beim Österreich-GP erstmals alle neuen technischen Errungenschaften zur Verfügung gehabt. Er hat in Spielberg für uns mit Platz 8 die Kastanien aus dem Feuer geholt.»
MotoGP-WM-Endstand nach 19 Rennen:
1. Marc Márquez, 420 Punkte. 2. Dovizioso 269. 3. Viñales 211. 4. Rins 205. 5. Quartararo 192. 6. Petrucci 176. 7. Rossi 174. 8. Miller 165. 9. Crutchlow 133. 10. Morbidelli 115. 11. Pol Espargaró 100. 12. Mir 92. 13. Nakagami 74. 14. Aleix Espargaró 63. 15. Bagnaia 54. 16. Iannone 43. 17. Oliveira 33. 18. Zarco 30. 19. Lorenzo 28. 20. Rabat 23. 21. Bradl 16. 22. Pirro 9. 23. Syahrin 9. 24. Abraham 9. 25. Guintoli 7. 26. Kallio 7.
Konstrukteurs-WM:
1. Honda 426. 2. Yamaha 321. 3. Ducati 318. 4. Suzuki 234. 5. KTM 111. 6. Aprilia 88.
Team-WM:
1. Repsol Honda Team 458. 2. Ducati Team 445. 3. Monster Energy Yamaha 385. 4. Petronas Yamaha SRT 307. 5. Team Suzuki Ecstar 301. 6. Pramac Racing 219. 7. LCR Honda 210. 8. Red Bull KTM Factory Racing 134. 9. Aprilia Racing Team Gresini 106. 10. Red Bull KTM Tech3 42. 11. Reale Avintia Racing 32.