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Rossis Feinde: Die Zeit und der Joker

Kolumne von Michael Scott
Superhelden werden niemals alt. Sie bleiben für immer oder zumindest bis die Öffentlichkeit ihrer überdrüssig ist. Wenn sie Glück haben, wie Batman oder Valentino Rossi, werden sie neu erfunden.

Der Motorsport hat ebenso viele Superhelden wie die Fiktion, aber weniger Mitgefühl. Jede Neuerfindung muss dieselben Bestandteile aufweisen, die bei der Erschaffung des Helden verwendet wurden: Speed, Siege und Weltmeistertitel.

Valentino Rossis Neuerfindung erfuhr große Unterstützung durch die Öffentlichkeit, denn die Fans lieben ihn noch immer. Zudem konnte er auf den Beistand der Yamaha-Truppe bauen, die ihn zwei Jahre nachdem er das Team verärgert verlassen hatte, wieder willkommen hieß. Dies passte zu seinem eigenen Verhalten: Er blieb fröhlich oder jubelte sogar, zumindest öffentlich, als Marc Márquez ihn in Laguna Seca mit einer Kopie seines eigenen gnadenlosen Manövers von 2008 in der Corkscrew besiegte. Rossi versucht es weiterhin.

Das Problem ist, dass dieser Moment flüchtig ist. Über die Hälfte der Saison ist vorbei und abgesehen von einem Ausbruch der Herrlichkeit in Assen, verwandelt sich Rossi in einen Vierter-Platz-Fahrer. Ich glaube nicht, dass seine Fans ihn jemals im Stich lassen. Er hat genug getan, um sich in der Galerie der absoluten Superhelden zu verewigen. Diesen Status erreichte er, da er seinen tödlichen Killerinstinkt hinter einer charmanten und humorvollen Persönlichkeit verbarg. Doch die vierten Plätze fügen seinem Denkmal Schaden zu.

Márquez ist der beste Rookie

Rossis Erzfeind ist dreifaltig. Zwei seiner Rivalen waren bereits bekannt: Dani Pedrosa und Jorge Lorenzo, obwohl Ersterer immer mehr ins Hintertreffen gerät. Der dritte und passendste, wenn man das Superhelden-Bild weiterführen will, besitzt ein Lachen, das dem von Batmans Erzfeind, dem Joker, ähnelt.

Márquez, der Gnadenlose, der Grandiose, der Hypnotisierende. Er hat vier Rennen in Folge gewonnen und in seiner bisherigen Rookie-Saison insgesamt fünf Siege gefeiert. Kein anderer Rookie hat dies je erreicht. Auch nicht Kenny Roberts, der 1978 als letzter Neuling den Titel in seinem ersten Jahr holte. Wenn in Misano nicht etwas Unvorhergesehenes geschieht, dann wird der 20-jährige Repsol-Honda-Pilot in der Lage sein, seine Heldentaten zu wiederholen. Er ist meist schneller als die anderen, so einfach ist das. Und er lernt noch immer dazu.

Rossi wurde nicht von seinem Talent verlassen, wie es sein alter Rivale Casey Stoner beschrieben hätte. Er wurde von Formalitäten sabotiert. Vor allem die Reifen sind hierbei gemeint. Die weichen Bridgestone-Vorderreifen, die 2012 eingeführt wurden, um die Stürze mit kalten Reifen zu minimieren, sind sein größtes Problem. Sie wurden von allen Fahrern begrüßt, außer von Pedrosa und Stoner. Nun schloss sich ihnen auch Rossi an: «Ich war zu dieser Zeit auch gegen die Reifen, aber ich steckte sowieso in der Scheiße.»

Das Problem ist sein Fahrstil. Er bremst härter als andere Fahrer. An diesem Punkt kollabiert die Reifenkarkasse anstatt ihm genaues Feedback über den Grip und das Limit zu geben. Die Hauptaufgabe seines Teams bei der Weiterentwicklung war es, dieses Problem zu lösen. Veränderungen an der Gabel und der Balance brachten einen Fortschritt.

Die Reifen sind für alle gleich und andere Fahrer fanden auch eine Lösung. Sie haben sich und ihre Maschinen angepasst. Das ist der Knackpunkt. Anpassung wird mit zunehmendem Alter schwieriger. Mit 34 Jahren gehört Rossi nicht zum alten Eisen, aber was die MotoGP-WM betrifft, ist es gewiss ein reifes Alter. Nur Colin Edwards, der 39 Lenze zählt, ist älter. Der 20-jährige Márquez liegt nur drei Jahre über Rossis halber Lebenszeit. Es wird jedoch die Zeit kommen, wenn auch er sich nicht mehr an den Fortschritt der Technik anpassen kann. Doch das wird nicht in absehbarer Zeit der Fall sein.

Ist das Quali wirklich unfair?

In Brünn machte Rossi eine einzelne Bemerkung, die ernsthafte Risse in seinem Superhelden-Dasein offenbarte. Nachdem er im 15-minütigen Qualifying 2 erneut nur die dritte Startreihe erreichte, bezeichnete er das System als ‹unfair›. Langsamere Fahrer würden bessere Platzierungen erreichen, indem sie anderen folgen. Als würde das nicht auch passieren, wenn das Qualifying eine volle Stunde dauert. Die Bedingungen sind wohl kaum unfair, wenn sie für alle gleich sind. Rossis Zielscheibe war Alvaró Bautista, der vor Márquez in der ersten Reihe stand, nachdem er dem WM-Leader im Q2 gefolgt war. Rossi gelang im Rennen die Befriedigung, dass er Bautista, wenn auch nur knapp, besiegen konnte.

Da ich, wie alle, älter werde, würde ich es lieben, wenn Rossi diesen jungen Aufsteigern dorthin treten würde, wo es weh tut. Aber ich fürchte, sein legendäres Glück hat ihn vielleicht verlassen

Ich erinnere mich an Brünn vor einigen Jahren, als eine Wespen-Plage einige Fahrer heimsuchte. Loris Capirossi musste nach einem Stich sogar in das Medical Centre gebracht werden, da er einen anaphylaktischen Schock erlitt.

Eine der Wespen gelangte im Rennen in Rossis Helm. Er öffnete das Visier – und sie flog davon. Er siegte. Ich habe das unangenehme Gefühl, wenn das in diesem Jahr geschehen wäre, hätte sie ihn in sein Augenlid gestochen.

Den Joker hätte das nicht gekümmert.

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