Anthony West: Schonungslose Abrechnung mit MotoGP
Anthony West: GP-Karriere beendet
Für 2016 fand Anthony West weder in der MotoGP- noch in der Moto2-WM einen Startplatz. Auch in der Superbike- oder Supersport-WM ergab sich nichts für den zweifachen Grand-Prix-Sieger.
«Ich gehöre zu den Fahrern, die man bezahlen muss», hielt der 34-Jährige im Gespräch mit SPEEDWEEK.com fest. «Ich habe keinen Sponsor oder reichen Vater, der für mich bezahlt. Mehrere Superbike-Teams hätten mich dieses Jahr fahren lassen, mich aber nicht bezahlt. Ich bin pleite, ich habe kein Geld. Ich kann nicht gratis fahren, von irgendetwas muss ich leben. Als Australier kann ich in Europa auch nicht einfach zum Arbeiten gehen, weil ich dafür das entsprechende Visum und eine Arbeitserlaubnis brauche.»
West hat zwei GP-Siege errungen, beide in Assen, beide im Nassen (250 ccm/2003 und Moto2/2014). «Momentan lebe ich in der Firma meines Vaters in Brisbane», erzählt der Haudegen. «Dort habe ich die Abstellkammer gekehrt und ein Bett reingestellt. Davor habe ich jeweils einige Nächte bei meinem Vater auf dem Sofa geschlafen und bei meiner Freundin und bei meinem Bruder. Ich bin wie ein Zigeuner. Mir wurde aber schnell klar, dass es das nicht bringt. In der Firma ist es aber auch nicht besser, dort laufen Ratten rum.»
Dieses Wochenende fährt der Australier mit einer Wildcard auf Phillip Island Supersport-WM. Bezahlt wird der Start von Tribeca, einem Hersteller von Gesundheitsprodukten. «X50 Green Tea» soll durch natürliche Fettverbrennung beim Abnehmen helfen. Nebenbei leistet sich die australische Firma ein Rennteam.
«Jetzt versucht mir der Chef des Tribeca-Teams zu helfen, er meldet sich bei anderen Teams und Sponsoren und versucht einen Platz für mich zu finden», erklärte West, der 2012 einen Moto2-Podestplatz in Sepang/Malaysia wegen einer dubiosen Dopinggeschichte verlor. «Es ist aber zu spät in der Saison, alle Plätze sind belegt. Und ich höre immer wieder das Gleiche: Dass ich gratis fahren kann oder Geld mitbringen muss. Sogar in der Supersport-WM. Wie soll ich gegen gute Fahrer wie Krummenacher mithalten, die Geld mitbringen? Ich muss fahren, was sich mir bietet, muss dauernd die Motorräder und Teams wechseln, das macht es schwierig. Deshalb waren meine Resultate die letzten Jahre auch nicht berauschend.»
«Nur Rennen fahren macht mich glücklich»
Seinen ersten Grand Prix betritt Anthony West 1998 in Australien in der 125er-Klasse. Seither war er in den GP-Klassen 125, 250 und 500 ccm, Moto2 und MotoGP am Start, dazu in der Supersport- und Endurance-WM und in nationalen Meisterschaften. Er nahm jeden Job an, der sich ihm bot.
«Nach dem letzten MotoGP-Rennen in Valencia hatte ich keine Lust mehr auf den GP-Sport», unterstreicht der Australier. «Ich habe so viel Politik und Bullshit gesehen, mit fairem Rennsport hat das nichts zu tun. Wenn ich nicht das Geld oder den Sponsor habe, besteht keine Chance ein Rennen zu gewinnen. Für einen Rennfahrer ist es schwierig, wenn er schon vor dem Rennen weiß, dass er keine Chance hat vorne zu fahren. Ich war so lange im GP-Sport und habe nie ordentlich Geld gemacht. Ich musste immer die Option wählen, die ich für die beste hielt, um im GP-Sport zu bleiben. Ich bin jetzt seit 17 Jahren pleite – und die Politik im Rennsport wird immer schlimmer. Deshalb nütze ich dieses Jahr, um darüber nachzudenken, was ich mit dem Rest meines Lebens anstellen möchte. Bislang habe ich keine Idee. Ich dachte darüber nach, mit dem Rennsport aufzuhören. Aber das ist hart, das ist die einzige Sache, die mir wirklich Freude macht. Das Drumherum scheißt mich an, wenn ich aber auf dem Motorrad sitze, bin ich unendlich glücklich.»
«Irgendwie muss ich im Rennsport bleiben. Mir ist nur wichtig, dass ich eine Chance habe zu gewinnen, egal in welcher Meisterschaft. Ich will Racing genießen und meine Motivation zurückgewinnen. Ich werde dieses Jahr wohl die Asien-Meisterschaft fahren, das sind sechs Rennen. Zwei Wildcard-Einsätze in der Supersport-WM in Europa sind angedacht, dazu Wildcards in der Britischen Meisterschaft in Donington, Silverstone und Assen. Auf Strecken, die ich kenne. Vielleicht noch zwei Rennen in den USA. Ich will mich überall zeigen, und versuchen gute Resultate zu erobern. 2017 würde ich gerne die Superbike-WM fahren. Ein Endurance-Team kontaktierte mich, ich fragte nach demselben Geld, das mir Yamaha vor zwei Jahren anbot, das waren 7000 Euro. Danach habe ich von dem Team nie mehr etwas gehört. Ich dachte, dass wäre der gängige Preis in Endurance, das hatte man mir angeboten.»