Jack Miller: «Ich bin jung, ich kann warten»
Jack Miller
Jack Miller (21) hatte ein Einsehen und nahm das Startverbot der Honda Racing Corporation für den Brünn-GP ohne Murren hin.
Er brauste am Abend mit dem Marc-VDS-Teamroller durchs Fahrerlager, trug eine Manschette am rechten Handgelenk und ein leichtes Stützkorsett um den Brustkorb und Rücken.
Und der MotoGP-WM-Dreizehnte schilderte recht wortreich seinen spektakulären Abflug in Turn 8 im Warm-up zum Österreich-GP, bei dem er sich rechts am Handgelenk eine leichte Fraktur zuzog und der Rückenwirbel T6 angebrochen wurde, die benachbarten Wirbel T5 und T7 wurden stark gestaucht.
Trotzdem bekam Miller in Brünn am Donnerstag um 15 Uhr vom tschechischen Rennarzt Dr. Ivo Dedek für den WM-Lauf in Tschechien grünes Licht. Aber HRC und das Team nahmen vom Einsatz des Australiers beim zehnten WM-Lauf Abstand.
«Jetzt haben sie gerade den 400. Grand Prix seit 1992 unter Dorna-Regie gefeiert», stellte Miller fest. «Ich bin noch jung. Ich bin sicher, es wird 400 weitere Grand Prix geben, an denen ich teilnehmen kann.»
Und die Honda-Manager hatten wohl Wayne Rainey im Kopf, als sie Miller für Brünn von der Teilnehmerliste strichen. Der Kalifornier stürzte 1993 in Misano mit einem angeknacksten Rückenwirbel und sitzt seither im Rollstuhl.
«Ja, genau, das hat mir Wayne Gardner auch gerade erzählt», schilderte Miller im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Ich habe eingesehen, dass es keinen Snn hat, wenn ich hier fahre.»
«Wenn du nur halbfit bist und wegen der Verletzung hier nur mit 50 Prozent Risiko rumfahren musst, bringt das wirklich nichts», pflichtete HRC-Techniker Klaus Nöhles bei.
«Ich war im Warm-up in der ersten fliegenden Runde unterwegs. Ich habe mich in Kurve 4 verbremst und kam dann nach den zwei Linkskurven zur Kurve 8. Dort waren die Reifen anscheinend zu kalt, ich bin beim Umlegen mit hohem Speed abgeflogen», schilderte Miller seinen Spielberg-Crash. «Der harte Vorderreifen hat dort die Bodenwellen nicht geschluckt.... Ich weiss nicht, wie oft es mich dann überschlagen hat. Ich konnte gar nicht rasch genug mitzählen – ich sah immer abwechselnd den Himmel und den Boden. Ein Handschuh ist davon geflogen, den hat mir dann ein Streckenposten überreicht. Die Marshals in Österreich waren ein bisschen aggressiv, sie haben mich gleich auf eine Trage gedrückt, Aber ich bin wieder runtergehüpft und habe mich in einen Sessel gehockt, denn ich bekam kaum Luft. Mein ganzer Körper ist mit hoher Wucht zusammen gestaucht worden. Aber ich war keine Sekunde bewusstlos. Ich war überhaupt noch nie nach einem Motorradsturz k.o. oder bewusstlos. Ich habe neuseeländische Vorfahren, die haben einen harten Schädel. Ich war höchstens mal in einem Nightclub oder einer Bar mal ohne Bewusstsein; aber da fehlt mir sowieso die Erinnerung...»
«Jedenfalls bin ich selber ins Ambulanzauto gestiegen und beim Medical Centre auch selber wieder ausgestiegen», berichtete Jack. «Aber ich hatte immer noch arge Atemnot. Ich wurde dann mit dem Helikopter ins Krankenhaus nach Leoben geflogen. Die Teilnahme am Rennen musste ich mir dann rasch aus dem Kopf schlagen.»
Klaus Nöhles erzählte, Jack Miller habe im Warm-up in Spielberg erstmals den ganz harten Vorderreifen verwendet. «Jack war in seiner ersten fliegenden Runde, als der Sturz passiert ist. Er hätte diesen harten Reifen unbedingt zwei Runden lang warmfahren müssen. Die Ducati haben dort auch immer die Bodenwellen überfahren, aber mit dem weichen Vorderreifen hat das besser geklappt. Jack war in seiner ersten fliegenden Runde ein bisschen zu euphorisch. Das war in diesem Jahr schön öfters der Fall. Es sind sogar schon Stürze in der Out-lap passiert. Ich befürworte wirklich, dass er hier in Brünn pausiert. Wenn du angeschlagen bist, kannst du in der MotoGP kaum punkten. Jack ist nach den Rennen in Barcelona, Assen und Sachen gut in Schwung. Wenn er hier hinterher fahren würde, könnte er nur in ein Loch fallen. Das bringt keinem was.»