Über Nico Rosberg
Nico Rosberg wuchs in Deutschland, auf Ibiza und in Monaco auf. Sein Abitur legte er 2002 mit einer Durchschnittsnote von 1,2 ab. Rosberg spricht fließend Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch. Die Muttersprache seines finnischen Vaters, Formel-1-Weltmeister Keke Rosberg, beherrscht er dagegen nicht.
Rosberg saß mit sechs Jahren das erste Mal in einem Kart. Mit elf Jahren startete er in diversen lokalen Kart-Meisterschaften und gewann seine ersten Titel. Seine eigentliche internationale Rennkarriere begann 2000 und 2001. Er wurde Vize-Europameister in der Formel A (2000) und startete in der Weltmeisterschaft der Formel Super A (2001). 2002 fuhr er im Team seines Vaters in der Formel BMW ADAC und wurde auf Anhieb Meister. Im selben Jahr durfte er als 17-Jähriger und bis dahin jüngster Fahrer überhaupt einen Formel-1-Boliden des Williams-Teams testen. Es folgten zwei Jahre mit zahlreichen Siegen in der Formel-3-Euroserie. Das beste Resultat in dieser Klasse war der vierte Schlussrang 2004. 2005 wechselte Rosberg in die GP2-Serie und wurde mit dem Team ART Grand Prix auf Anhieb Meister. Im Oktober 2005 unterschrieb Rosberg seinen ersten Formel-1-Vertrag – beim Traditionsrennstall Williams.
Im März 2006 gab Rosberg sein Formel-1-Debüt beim Großen Preis von Bahrain. Von der zwölften Position startend musste er nach einer Kollision in der ersten Runde einen frühzeitigen Boxenstopp einlegen. Er kämpfte sich jedoch mit einer furiosen Aufholjagd zurück, erreichte noch Platz 7 und damit seine ersten WM-Zähler. Bemerkenswert war dabei vor allem, dass Rosberg die schnellste Runde des Rennens gefahren hatte.
2007 fuhr Nico Rosberg weiter für das Williams-Team, das sich nun mit Toyota-Motoren ausgerüstet hatte. Direkt zu Saisonbeginn war deutlich zu sehen, dass Williams sich verbessert hatte und regelmäßig um Punkteplatzierungen kämpfen kann. Zahlreiche Defekte kosteten Rosberg wertvolle Punkte, wie schon im Vorjahr. In der zweiten Saisonhälfte erwies sich der Williams als zuverlässiger und Rosberg konnte regelmäßig unter die ersten Acht fahren. Nico Rosberg schloss das Jahr als Neunter der Fahrerwertung ab.
Das erste Rennen 2008 begann für Rosberg beim Grand Prix von Australien mit einem dritten Rang. Es folgten zahlreiche Top-10-Plätze. Die Saison 2008 schloss Rosberg mit 17 Punkten und dem 13. Platz in der Fahrer-Weltmeisterschaft ab.
Nach einem weiteren Jahr bei Williams wurde Rosberg 2010 Teamgefährte des wieder in die Formel 1 zurückgekehrten Michael Schumacher im neuen Mercedes-Werksteam und Rosberg stand in Malaysia, China und Großbritannien als Dritter auf dem Podium. Am Saisonende belegte er Platz 7 in der Fahrerwertung und schlug Michael Schumacher mit 142 zu 72 WM-Punkten.
2011 wurde Nico Rosberg zum dritten Mal in Folge Siebter der Fahrerwertung und setzte sich intern abermals mit 89 zu 76 Punkten gegen Michael Schumacher durch.
2012 war Nico Rosbergs drittes Jahr mit Michael Schumacher als Teamkollegen. Beim Grand Prix von China stand der zum ersten Mal in seiner Formel-1-Karriere auf der Pole-Position und feierte einen Tag später in seinem 111. Rennen in der Königsklasse seinen ersten Sieg. In Monaco stand er als Zweiter wieder auf dem Podium. Am Saisonende war Rosberg mit 93 WM-Zählern Neunter der Fahrerwertung und war zum dritten Mal besser platziert als Michael Schumacher, der sein letztes Jahr in der Formel 1 als Dreizehnter abschloss.
2013 blieb Nico Rosberg bei Mercedes und bekam mit Lewis Hamilton einen neuen Teamkollegen. Beim Grand Prix von Malaysia gab es bereits dicke Luft, als Rosberg vom Team angewiesen wurde, den vor ihm fahrenden Hamilton in der Schlussphase des Rennens nicht anzugreifen. Rosberg wurde Vierter und nahm die Team-Entscheidung knirschend hin. In Bahrain, Spanien, und Monaco stand Nico Rosberg drei Mal in Folge auf der Pole-Position, konnte diese gute Ausgangslage aber erst im Fürstentum auch in einen Sieg ummünzen. Zwei Rennen später, in Großbritannien, folgte der zweite Saisonsieg. In der zweiten Saisonhälfe konnte Rosberg in Greater Noida/Indien (Platz 2) und Abu Dhabi (Platz 3) weitere Highlights setzen. Die Saison beendete er als Sechster.
2014 lieferte sich Rosberg beim Schritt in die neue Turbo-Ära der Formel 1 mit seinem Mercedes-Stallgefährten Lewis Hamilton ein atemraubendes Duell: Zur Verblüffung der Fachwelt war der Deutsche in den Abschlusstrainings öfter vorne (mit 12:7), doch fünf Siege waren gegenüber elf GP-Triumphen zu wenig. Im WM-Finale von Abu Dhabi wurde Rosberg überdies von der Technik im Stich gelassen. Nico wurde WM-Zweiter.
Ein Jahr später setzte Lewis Hamilton zu einem beispiellosen Erfolgslauf an. Mit beinharter Fahrweise nach den Starts von Suzuka und Austin setzte er sich jeweils an die Spitze und eroberte seinen zweiten Titel in Folge (den dritten insgesamt).
Nico Rosberg deutete aber mit sechs Pole-Positions sowie drei GP-Siegen zum Schluss der Saison an, dass er durchaus in der Lage ist, auf Augenhöhe mit Hamilton zu fahren. Er setzte die Siegesserie mit vier Erfolgen zu Beginn der Saison 2017 fort. Dabei profitierte er gleichzeitig vom Pech Lewis Hamiltons, der regelmässig von der Technik im Stich gelassen wurde.
Nach ihrer spektakulären Kollision beim Spanien-GP setzte Hamilton zu einem Höhenflug an: Sechs Siege in sieben Rennen, nur in Baku konnte ihm Nico dazwischen funken. Doch in Belgien, Italien und Singapur machte Nico erneut alles richtig. Nach einem weiteren Sieg in Japan verwaltete er clever seinen Vorsprung – vier zweite Ränge hintereinander hinter Hamilton reichten zum WM-Titel beim Finale von Abu Dhabi.
Wenige Tage später verblüffte Nico Rosbergs Fans und Fachleute gleichermassen: Er erklärte in Wien seinen Rücktritt aus der Formel 1, mit nur 31 Jahren. «Ich habe mein grosses Ziel erreicht», sagte der 23fache GP-Sieger, «und die Intensität der letzten drei Jahre mit diesem gewaltigen Duell gegen Lewis haben wir gereicht. Jetzt will ich mich um meine Familie kümmern.»
Die Reaktionen auf den verblüffenden Schritt fielen grösstenteils positiv aus: Die meisten Kommentare bezeichneten den Schritt als mutig und nachvollziehbar.
Heute ist Nico Rosberg noch immer an den Rennstrecken anzutreffen, als Kommentator für RTL und die englische Sky. Dazu ist er Wegbegleiter von Start-up-Unternehmen mit Schwerpunkt erneuerbare Energie.
Im Oktober 2020 gründete Nico Rosberg seinen eigenen Rennstall in der neuen Serie Extreme E. Dort traf er einen alten Bekannten – auch Lewis Hamilton hatte einen Rennstall für die elektrische Offroad-Serie ins Leben gerufen. Es kam, wie es kommen musste: Rosberg X Racing holte sich den Titel 2021, X44 von Hamilton eroberte den Titel 2022.
Anfang 2022 fiel den Formel-1-Fans auf: Sky-GP-Experte Nico Rosberg schaltete sich nur noch per Video ein, der Formel-1-Champion von 2016 stand für seine Analysen nicht mehr im Fahrerlager. Es stellte sich heraus – der 23-fache GP-Sieger ist nicht gegen Corona geimpft.
Die Formel 1 hatte für die GP-Saison 2022 beschlossen: Ins Fahrerlager kommt nur noch, wer gegen den Coronavirus geimpft ist. Ausnahmen machten die Regelhüter der Königsklasse nur dann, wenn jemand dem Nachweis erbrachte, sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen zu können.
Der Wiesbadener Rosberg beantragte eine Sondererlaubnis, aber sie wurde abgelehnt. Die Formel 1 blieb knallhart, Extrawürste gab es nicht. Das ist auch der Grund, wieso Alan van der Merwe – jahrelang Fahrer des Medical-Car – seinen Job los ist; der Doppelbürger aus Südafrika und der Schweiz wollte sich nicht impfen lassen.
2023 wird der 206-fache GP-Teilnehmer Rosberg ins Fahrerlager zurückkehren, denn der Autosport-Weltverband FIA hat beschlossen – die Massnahmen gegen Corona werden gelockert. So fällt der Impf-Nachweis weg, es wird auch keine Corona-Testzentren mehr an der Rennstrecke geben.
Die FIA setzt auf Eigenverantwortung: Wer an sich Symptome feststellt, soll testen gehen. Wird der Virus nachgewiesen, ist Quarantäne angesagt und ein Besuch des Fahrerlagers nicht mehr gestattet. Das gilt auch für die Formel-1-Piloten. Und für Weltmeister wie Rosberg.
In all den Jahren unter dem guten Stern hat Rosberg detailliert erfahren, was den GP-Rennstall von Mercedes-Benz so stark macht. Dennoch hat auch er gestaunt, wie schwer sich die Silbernen Anfang 2022 beim Schritt in die neue Flügelauto-Ära getan haben: Nur ein Sieg (im zweiteltzten WM-Lauf, George Russell in Brasilien), Superstar Lewis Hamilton ging erstmals in 20 Jahren sieglos aus, Mercedes hinter Red Bull Racing und Ferrari nur noch dritte Kraft.
Das lag vorwiegend daran, dass Mercedes ein aerodynamisches Phänomen der neuen Wing-Cars lange nicht in den Griff bekam. McLaren-Technikchef James Key erklärte uns das so: «Bouncing oder Porpoising ist eine Auswirkung der modernen Flügelautos, die überaus sensibel auf Veränderungen des Bodenabstands reagieren. Durch die Instabilität etwa einer Bodenwelle reisst die Saugnapfwirkung ab, das Auto geht hoch und dann baut sich der Abtrieb von neuem auf, der Wagen senkt sich wieder. Das wiederholt sich in sehr schneller Folge. Dieser Effekt ist eine Kombination verschiedener Faktoren. Es geht um Feinheiten der mechanischen Abstimmung und der Aerodynamik, und da muss man den Hebel ansetzen.»
Mercedes-Teamchef Toto Wolff hat festgehalten, dass seine Mannschaft gut zehn Monate brauchte, um die Probleme des Modells W13 in den Griff zu bekommen.
Nico Rosberg, auf die Schwierigkeiten von Mercedes angesprochen: «Das Auto baute grundsätzlich mehr Luftwiderstand auf als die Rennwagen von Red Bull Racing und Ferrari. Daher pfeilt es nicht so gut über die Geraden, und auch daran haben sie das ganz Jahr über geknabbert.»
«Ich glaube, der Luftwiderstand ist das letzte Puzzle-Teil, das von Mercedes noch an den richtigen Ort gelegt werden muss, um 2023 wieder vermehrt um Siege und folgerichtig um den Titel mitzureden.»
«Die grosse Frage ist nun: Ist das in den wenigen Monaten bis zur nächsten Saison zu schaffen? Ich würde eher darauf wetten, dass Mercedes hinten bleibt, jedenfalls im ersten Teil der Saison. Denn sie haben viel Zeit auf Lösungssuche verloren, währenddessen hatten die anderen Rennställe Gelegenheit, die Autos zu entwickeln.»
«Ich traue Mercedes aber zu, dass sie so intensiv weiterarbeiten, das sie im Verlauf der Saison den Anschluss an die Spitze wieder finden und dann auch titelfähig sein werden.»
«In gewisser Weise hat die Situation 2022 den Druck genommen von Mercedes-Benz. Sie haben die Situation akzeptiert, dass sie nicht mehr die Schnellsten und Besten sind. Sie sind nicht mehr die Gejagten, sie sind nun die Jäger. Ich spüre bei den Fachkräften von Mercedes, dass sie unheimlich motiviert sind, in der kommenden Saison zurückzuschlagen. Mental ist diese Mannschaft enorm stark.»
Wo Nico Rosberg doch schon Teamchef ist, auch wenn – in Anführungszeichen – nur in der Extreme E – wäre dann nicht ein Engagement in der Formel 1 denkbar? Nico: «Viele Leute haben mich gefragt, ob ich nicht irgendwann Teamchef in einem Formel-1-Team werden wolle, da es mit der Extreme E so unglaublich gut läuft. Meine Antwort lautet eindeutig: Nein.»
«Im Moment haben wir fünf Rennen pro Jahr und die Formel 1 hat 23 Rennen pro Jahr, es ist also eine Vollzeitverpflichtung. Bei der Weltmeisterschaft gibt es nur sehr wenig Raum, um Zeit mit der Familie und mit Freunden zu verbringen«, sagte er.
Max Verstappen hat beim Grossen Preis von Japan 2022 vorzeitig seinen zweiten Fahrer-WM-Titel in Serie sichergestellt, in Austin (Texas) war dann auch der Sieg von Red Bull Racing im Konstrukteurs-Pokal eingetütet, und beim Finale von Abu Dhabi hat der 25-jährige Niederländer noch rasch den Formel-1-Rekord für Siege in der gleichen Saison erhöht – auf 15.
Auch Nico Rosberg, in Abu Dhabi 2016 im packenden Finale gegen Lewis Hamilton Formel-1-Weltmeister geworden, ist von der Leistung von Verstappen tief beeindruckt: «Was für ein unglaublicher Fahrer! Klar ist es nach den Jahren 2021 und 2022 nun einfach zu sagen, dass er einer der ganz Grossen werden wird. Aber ich wage zu behaupten: Das ist er heute schon! Ich meine, er hat nicht nur bereits zwei Titel wie Fernando Alonso, er hat inzwischen schon mehr Rennen gewonnen als der Spanier.»
Der 23-fache GP-Sieger Rosberg über den 35-fachen GP-Sieger Verstappen: «Ich muss alle anderen Piloten warnen – Max fährt schon heute auf unfassbar hohem Niveau, und er hat eben erst begonnen. Es ist fabelhaft, ihm beim Fahren zuzusehen. Für mich ist das eine der herausragendsten Leistungen eines Piloten über eine ganze Saison, in der ganzen Formel-1-Historie.»
«Wir dürfen in diesem Zusammenhang auch nicht vergessen: Es ist ja nicht so, dass sein Red Bull Racing-Rennwagen das ganze Jahr über Kreise um die Konkurrenz gedreht hätte. Ferrari hatte in der ersten Saisonhälfte das schnellere Auto, aber dann hat Verstappen die Gegner mit dieser atemberaubenden Siegesserie zerstört.»
«Alleine die Punkte, die er eingefahren hat – 146 mehr als der WM-Zweite Charles Leclerc, das ist unwirklich. Wirklich eine phänomenale Saison. Verstappen wird dieses Jahrzehnt prägen.»
Nico blieb 2023 und 2024 der Formel 1 als pointierter GP-Experte verbunden, in Diensten von Sky. Der Wiesbadener hat miterlebt, wie Max Verstappen zum vierten Titel gestürmt ist und seine GP-Siegeskonto aufgestockt hat auf 63 Pokale, Stand Ende 2024.
2016, krönte Nico Rosberg seine Rennfahrer-Karriere und wurde Formel-1-Weltmeister. In jener Nacht von Abu Dhabi war Nico vielleicht der glücklichste Mensch der Welt. Jedenfalls fühlte sich der Mercedes-Star so, nachdem er im Hitchock-Finale von Abu Dhabi den Formel-1-WM-Titel sichergestellt hatte.
Nico Rosberg flogen damals die Sympathien zu. Er bekam von den hartgesottensten Berichterstattern Applaus, überall glückliche Gesicher im Fahrerlager, die meisten Menschen freuten sich mit dem Wiesbadener. An diesem Abend hörte ich im Fahrerlager des Yas Marina Circuit niemanden, der damit hausieren ging, Rosberg habe den Titel nicht verdient. Ganz im Gegenteil – Nico erhielt die Anerkennung, die ihm gebührt.
In seiner Medienrunde Stunden nach dem WM-Finale sagte Rosberg auf die Frage, was sein Papa Keke zu ihm gesagt habe: «Er war wie ich – zunächst einmal sprachlos. Und dann meinte er, die letzten beiden Runden seinen grauenvoll gewesen für ihn. Für mich waren sie es auch!»
Rosberg senior hatte das Finale bei Freunden in Dubai geschaut, es ist nicht überliefert, wieviel Baldriantee ausgeschenkt werden musste.
Nico erzählte noch einmal, wie er diese Saison gegen den bärenstarken Hamilton angepackt hatte: «Ich versuche immer, mich zu verbessern. Der Kopf ist in der Formel 1 ein machtvolles Instrument. Ich habe mir angeschaut, wie ich die Saison anpacken will und kam zum Schluss, dass diese Herangehensweise für mich einfach am besten funktioniert – also ein Rennen ums andere.»
Nico weiter: «Wenn du zu sehr daran denkst, was alles auf dem Spiel steht, dann macht dich das irre. Jeder weiss, wie sehr ich das wollte. Aber man kann sich das auch zum Mühlstein am Bein machen. Ein Grand Prix nach dem anderen, im Moment leben, das klappt für mich gut. Ich wollte absichtlich nie vom Titel reden, weil ich weiss, was für eine gigantische Kiste das ist. Ich versuchte, mir selber Druck zu nehmen.»
«Das hat für mich gut geklappt, das hat einen grossen Anteil an meinem Titelgewinn. Selbst als ich zu Beginn der Saison diese vier Rennen in Folge gewonnen hatte, wollte ich den Titelgewinn ganz bewusst aus meinem Denken streichen. Hey, ich habe Lewis Hamilton als Stallgefährte! Ich wusste, der wird nie und nimmer nachlassen, der ist in jedem Rennen ein Berg, den ich überwinden muss.»
Im Rennen kam es so, wie einige vor diesen Abu-Dhabi-Wochenende erwartet hatten – Hamilton führte, dahinter Rosberg, und Lewis versuchte, nur so schnell zu fahren, damit die Verfolger von Nico eine Chance erhalten, sich auf den Deutschen zu werfen.
Hatte Nico selber das auch kommen sehen? «Ich hatte das nicht erwartet, vielleicht war das naiv von mir. Aber ich habe Verständnis für Lewis. Es ging um den Titel, es ging um alles. Natürlich musste er alles versuchen. Ich begreife das, und dabei sollten wir die ganze Sache beruhen lassen.»
Für Nico gab es in diesem Rennen zwei kritische Situationen: «Als mein Renningenieur Tony an den Funk kam und sagte – du musst jetzt UNBEDINGT an Max Verstappen vorbei, das war keine schöne Sache. Es war ein grauenvolles Gefühl zu hören, dass du um jeden Preis an Verstappen vorbei musst. Die letzten zehn Runden waren ebenfalls nervenzerreibend. Ich wusste nicht, wie weit Lewis gehen würde. Er hätte ja noch mehr verlangsamen können, und dann hätte ich mit den Piloten hinter mir ein richtiges Problem bekommen.»
War dies das härteste aller Rennen? «Ja», sagt Nico sofort, «denn ich konnte ja nicht verdrängen, was alles auf dem Spiel steht. Beim Finale geht das einfach nicht mehr. Und dann hörst du von Tony: ‚Es ist kritisch für den Titel, dass du Max Verstappen überholst.’ Heiliger Strohsack! Nein, ehrlich! So etwas willst du am Funk nicht hören.»
«Am Ende, mit Vettel und Verstappen hinter mir, wollte ich Rang 2 unbedingt behalten. Denn wenn du eine Position verlierst, dann wäre ich ja noch angreifbarer gewesen, was den Titel angeht.»
Zeitsprung.
Nico Rosberg besucht als Formel-1-Experten für verschiedene Sendeanstalten regelmässig Grands Prix. Er ist jünger als Fernando Alonso, der noch immer an den Start geht, und es stellte sich die Frage: Wenn Nico Rennen guckt, denkt er dann nicht doch klammheimlich, er sollte noch immer am Start stehen?
Nico: «Nein, wirklich nicht. Ich bin sehr zufrieden. Ich hege keine nostalgischen Gefühle. Was ich erreichen wollte, das habe ich erreicht und zwar alles.»
Dennoch gibt Rosberg zu: «Klar gab es auch schwierige Momente. Ich meine, ich habe mein Leben total geändert. Mit diesem neuen Leben umzugehen, das musste ich zuerst lernen. Zuvor war alles ganz einfach: Wie gewinne ich das kommende Rennen? Nur darum ging es, zwanzig Jahre lang. Dann sass ich gewissermassen vor einem leeren Blatt Papier, ohne Plan.»
Für Mercedes-Benz kam die Entscheidung von Rosberg, den Helm an den Nagel zu hängen, wie ein Blitz aus heiterem Himmel. 2021 sagte der zweifache Familienvater: «Ich wollte es verhindern, sportlich weg vom Fenster oder nicht mehr erwünscht zu sein und deshalb gehen zu müssen. Als ich aufhörte, lag mir ein Angebot über 100 Millionen Dollar vor, und ich habe es ausgeschlagen.»
«Ich sehnte mich nach einem anderen Leben. Wenn du Motorsport auf diesem Niveau betreibst, dann hast du einfach keine Flexibilität mehr. Ich wollte bewusst eine Entscheidung für meine Familie treffen, und dabei hat das Geld keine Sekunde lang eine Rolle gespielt.»
Nico Rosberg wird auch 2025 für Sky von Formel-1-Rennen berichten.