MotoGP-Finale: Verschiebung, Verlegung, Absage?

Viele Alfas sind des Mini Coopers Tod

Kolumne von Rainer Braun
​Im September 1968 kam es beim Endlauf um die deutsche Rundstrecken-Meisterschaft in Hockenheim zu einem handfesten Eklat einschliesslich eines Pfeifkonzerts.

Hauptdarsteller des Final-Dramas im September vor 55 Jahren waren die Titelkandidaten Christian Schmarje (Hamburg, Mini Cooper S 1300) und Herbert Schultze (Berlin, Alfa Romeo GTA) sowie Alfa Romeo-Deutschland in Frankfurt.

Die Ausgangslage: Schultze und Schmarje brachten aus vorangegangen Rennen in ihren jeweiligen Klassen 1600 und 1300 ccm jeweils sieben Siege und je einen zweiten Platz mit. Somit gingen sie punktgleich ins Finale. Zu erwarten stand, dass beide wieder ihre Klassen gewinnen und sich den Titel damit hätten teilen müssen.

Um das zu verhindern und der Marke Alfa-Romeo möglichst zum alleinigen Titel zu verhelfen, setzte Alfa Deutschland-Chef Dr. Giancarlo de Bona eine vermeintlich tolle Idee in die Tat um und trommelte als zusätzliche Konkurrenz für den Mini Cooper von Schmarje eine ganze Armada von Alfa GTAJ-Werksautos aus Mailand sowie weitere private GTA/J aus Deutschland zusammen. Somit sah sich Mini-Mann Schmarje zu Beginn des Final-Wochenendes in seiner 1300er-Klasse einer wundersame Alfa-Vermehrung gegenüber.

Ich war seinerzeit zur Berichterstattung für verschiedene Tageszeitungen vor Ort und hatte schon im Vorfeld Informationen zu dem, was da geplant war. Danach sollte der Schmarje-Mini von mindestens einem der acht Alfa geschlagen werden, um bei gleichzeitigem Schultze-Sieg Alfa Romeo den alleinigen Titel zu sichern. Während Schultze seine 1,6-Liter-Klasse erneut problemlos gewann, fiel das Alfa-Rudel im Rennen der 1300er-Klasse brutal über Schmarjes Mini Copper her.

Das 10-Runden-Rennen auf dem großen Kurs von Hockenheim wuchs sich zu einem üblen Gemetzel aus, nur drei von acht Alfa sahen die Zielflagge. Am Ende half selbst die heroischste Gegenwehr nichts mehr, Schmarje samt Mini Cooper unterlag Dieter Gleich im Alfa GTJ.

Für Schultze und Alfa Romeo war es der dritte Rundstrecken-Titel in Folge. Aber für den total deprimierten Hamburger «das Schlimmste und Brutalste, was ich in zehn Jahren Rennsport erlebt habe». Auch die rund 60.000 Zuschauer im vollbesetzten Motodrom erkannten sehr wohl, was da gespielt wurde und stimmten nach der Zieldurchfahrt der 1,3 Liter-Klasse ein wildes Pfeifkonzert an.

Dem untadeligen Sportsmann Schultze war die ganze Aktion übrigens äußerst peinlich, zumal er selbst in keiner Form an dem Plan mitgewirkt hatte. Auch Alfa-Chef Dr. de Bona wurde schnell klar, dass die Aktion für das Image der Marke nicht gerade zuträglich war. Deshalb hat er sich damals sogar in einem offiziellen Statement nachträglich für die Geschehnisse entschuldigt.

Alle drei Hauptdarsteller des Skandal-Rennens von 1968 sind inzwischen verstorben. Herbert Schultze verunglückte im Juli 1970 mit nur 39 Jahren beim GP der Tourenwagen in einem Werks-Alfa GTA am Nürburgring tödlich. Christian Schmarje starb im Januar 2016 mit 76 Jahren auf Sylt und Alfa-Chef Dr. Giancarlo de Bona (86) im Februar 2021 in seiner Heimat Italien.

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