Ten Kate vor Deal mit Hauptsponsor: Die ganze Story
Seit 2004 war Ten Kate Racing das Honda-Aushängeschild in der Superbike-WM, 2007 gewannen sie mit James Toseland die Weltmeisterschaft. Bis 2014 wurden jedes Jahr Siege gefeiert, aber selbst Rekordweltmeister Jonathan Rea kam vor seiner Kawasaki-Zeit mit der Honda nie über den dritten WM-Rang hinaus.
Am 30. Oktober 2018 wurden Ten Kate von Honda die Zukunftspläne mitgeteilt, am 6. November erfuhr es die Welt: Erstmals seit 2002 bringt die Honda Racing Corporation (HRC), zuständig für alle Werksauftritte, in der Superbike-WM 2019 wieder eigene Motoräder an den Start. Gearbeitet wird mit dem langjährigen japanischen Partner Moriwaki, der sich wiederum mit dem italienischen Althea-Team verbündet hat, welches sich um die Logistik und Teile des Personals kümmert. Als Fahrer wurden Leon Camier und der Japaner Ryuichi Kiyonari verpflichtet.
Seit einer Woche wird kolportiert, Ten Kate werde sich für 2019 mit Yamaha verbünden und den Franzosen Loris Baz unter Vertrag nehmen. Das ist möglich, aber weit entfernt von sicher, wie Teammanager Kervin Bos SPEEDWEEK.com im exklusiven Gespräch erklärte.
«Ich hoffe darauf, dass wir innerhalb der nächsten zwei Wochen den Vertrag mit dem neuen Hauptsponsor unterschreiben, noch ist er nicht fix», erzählte der ehemalige Rennfahrer. «Erst wenn wir den Sponsor haben, können wir uns für einen Hersteller entscheiden – und erst dann für einen Fahrer.»
Die Wahl des Fahrers ist das kleinere Problem, mit dem Franzosen Loris Baz und dem Italiener Lorenzo Savadori warten zwei starke Piloten auf eine Zusage aus Nieuwleusen.
Die Wahl des Herstellers ist deutlich komplizierter. «Wir müssen eine Wahl treffen, die auch für die Firma gut ist», umriss Bos.
Ten Kate ist der größte Honda-Händler der Niederlande und verkauft jährlich die Hälfte aller zirka 850 Honda-Bikes in dem kleinen Markt. Der weltgrößte Motorrad-Hersteller spielt in den Niederlanden nur die sechste Geige hinter BMW, KTM, Yamaha, Kawasaki und Suzuki. Das liegt vor allem daran, dass die Modellpalette von Honda derzeit wenig attraktiv ist.
Der Honda-Vertrag für das Motorradgeschäft läuft noch bis Ende 2019, Gerrit und Ronald ten Kate denken darüber nach, sich mit einer Zweitmarke stärker aufzustellen. Und damit den Grundstein für die Wiedergeburt des Rennteams zu legen, das am 27. November 2018 die Insolvenz erklärte.
«Das Rennteam hat großen Einfluss auf die Firma», weiß Bos. «Wir wollen in Zukunft wieder ein Werksteam sein, oder zumindest ein werksunterstütztes Team.»
Zieht man die Marktanteile in den Niederlanden, die Leistungsfähigkeit der aktuellen Superbikes und die Teamverträge in der SBK-WM in Betracht, kommen für Ten Kate nur drei Hersteller als Partner in Frage: BMW, Yamaha und Suzuki.
«Natürlich hätten wir Interesse an einem Traditionsteam wie Ten Kate», sagte BMWs Motorsport Direktor Marc Bongers gegenüber SPEEDWEEK.com. «Bislang gibt es aber keine Anfrage. Und wir könnten bis zum ersten Europa-Rennen in Aragon auch unmöglich die nötigen Teile liefern.»
«Nachdem sich die Performance der R1 2018 verbessert hat, zeigten während des Winters einige Teams Interesse an uns», verriet Yamaha-Rennchef Andrea Dosoli. «Das ist positiv für uns und würdigt unser Rennsport-Programm. Stand heute können wir aber nicht mehr Teams unterstützen, unser Fokus liegt auf Crescent und GRT. Möchte ein Team mit der R1 in die Superbike-WM einsteigen, bieten wir ihm gemäß FIM-Reglement die Konzessionsteile sowie Kit-Parts an. Mehr Unterstützung können wir nicht leisten. Meinem Wissen nach ist für Aragon keine weitere R1 in der Startaufstellung geplant.»
Die lukrativsten Bedingungen bekommt Ten Kate derzeit bei Suzuki. Suzuki Japan wäre bereit, Unterstützung in Materialform in der Größenordnung von 500.000 Euro zu leisten. Das ist deutlich mehr, als Ten Kate zu diesem Zeitpunkt des Jahres bei jedem anderen Hersteller bekommt. Die Bikes würden von Suzuki-Partner Yoshimura kommen, welcher in der US-Superbike-Meisterschaft MotoAmerica seit vielen Jahren zu den Hauptdarstellern gehört und stets betonte, dass er seine Maschine auch gerne in der Weltmeisterschaft unter Beweis stellen würde.
Das Szenario mit Suzuki ist auch jenes, welches der Superbike-WM den größten Nutzen bringen würde und bei Promoter Dorna entsprechend großen Anklang findet. Suzuki wäre nach BMW, Ducati, Honda, Kawasaki und Yamaha der sechste Hersteller im Bunde.
«Das Team hat mir gegenüber versichert, dass sie, wenn möglich, noch diese Saison in die WM zurückkehren möchten», hielt Dornas Sport-Direktor Gregorio Lavilla fest. «Sie wollen in unserer Meisterschaft bleiben, auch in Zukunft. Wir warten auf die Vorstellung ihrer Pläne, als Traditionsteam sind sie jederzeit willkommen. Wir können ihnen dabei helfen, so schnell wie möglich zurückzukommen.»
Wie genau diese Hilfe aussehen soll, ließ der Spanier offen.
Wenigstens etwas Gutes hat die Trennung von Honda für Ten Kate: Die Abteilung «Racing Products» darf jetzt auch Kunden mit Motorrädern anderer Marken betreuen und erfreut sich regem Zulauf.