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Graham Jarvis überholte 480 Fahrer – Disqualifikation

Von Carsten Steffen
Der mittlerweile 47 Jahre alte Engländer Graham Jarvis hat die britische Trial-Szene und das internationale Hard-Enduro-Geschehen in den letzten Jahren wie kaum ein anderer geprägt. Das exklusive Interview von SPEEDWEEK.

Die Liste der Rennen, die Graham Jarvis als Sieger beendet hat, ist lang. Beim Erzbergrodeo am vergangenen Sonntag sollte ein weiterer Sieg her, der ihn zum alleinigen Rekordhalter des legendären Rennens gemacht hätte – doch daraus wurde nichts.

Wie fast alle Topfahrer der Szene liegen Grahams Wurzeln im Trial-Sport. Die Scottish Six Days Trials gewann er 4 Mal, den Scott Trial 9 Mal, die Britische Meisterschaft 5 Mal. Nach dem Wechsel in den Enduro-Sport ging es im ähnlichen Takt weiter. Graham hat praktisch alle bedeutenden Rennen meistens sogar mehrfach gewonnen. Um nur einige zu nennen:

6 x Romaniacs
6 x Sea to Sky
5 x Erzbergrodeo
5 x Hell’s Gate

Der 6. Sieg beim Erzbergrodeo sollte im verwehrt bleiben. Schon in der ersten Auffahrt versagte sein Arbeitsgerät den Dienst. Die Reparatur nahm eine Stunde in Anspruch und alle 499 Gegner waren bereits unterwegs. Trotzdem ging er in die Strecke und arbeitete sich an über 480 (!) Fahrern vorbei. Unmöglich sollte man meinen, wenn man die Strecke kennt. Eben nicht unmöglich für den «Silent Assassin» Jarvis, der Linien sieht, die sonst keiner sieht und diese unmöglich scheinenden Linien dann auch noch meistert.

Die verlorene Stunde war für den Ausnahmekönner nicht mehr aufzuholen. Aber wesentlich war, dass sein Mechaniker das Motorrad repariert hat und die Bestimmungen beim Erzbergrodeo die gesamte Strecke als No-Help-Zone ausweisen. Somit war eine Disqualifikation unausweichlich und der Traum vom 6. Sieg am Iron Giant gestorben.

SPEEDWEEK.com hat mit Graham Jarvis in Eisenerz gesprochen.

Wie enttäuscht bist du nach dem bitteren Ausgang beim Erzbergrodeo?

Natürlich maximal. Das Bike ging schon am ersten Anstieg aus, es ging nichts mehr und es hat ewig gedauert, alles durchzuchecken und darauf zu kommen, wo das Problem lag. Alle 499 anderen Fahrer waren schon unterwegs. Letztlich fanden wir heraus, dass es einen defekte Tankschlauchverbindung war. Ich bin dann noch los und habe mich bis weit nach vorne gearbeitet, wurde aber wegen Fremdhilfe disqualifiziert. Bitter, aber nun Geschichte.

Du bist mit deinen 47 Jahre doppelt so alt wie Jungs um dich herum.

Yeah (lacht) – 47, immer noch hier und auch auf dem Level immer noch konkurrenzfähig!

Welches war dein erster wichtiger Sieg im Hard-Enduro?

2013 konnte ich – endlich – das Erzbergrodeo gewinnen. Das war mein erster und vielleicht auch wichtigster Sieg. Vorher wurde ich ein paar Mal disqualifiziert, ich habe wohl Fehler gemacht, aber das ist alles Geschichte ... Daher war der erste Sieg dort in Österreich nicht nur mein wichtigster Sieg, sondern auch für mich persönlich der emotionalste. Wenn du bei einem solchen Rennen ein paar Mal disqualifiziert wirst und dann endlich gewinnst, dann ist das etwas Besonderes.

Deine Kontrahenten sind halb so alt wie du. Wie trainierst du und wie bereitest du dich in deinem Alter auf die Rennen vor?

Ich trainiere nach wie vor sehr hart. Aber die Erholungsphasen sind wichtig und in dem Alter vielleicht noch wichtiger. Jeden Tag zu trainieren ist nicht mehr angebracht und ich denke, ich brauche etwas mehr Zeit zur Erholung als die Jungs um mich herum.

Bereitest du dich für das Erzbergrodeo anders vor als sonst?

Ja, ich trainiere etwas intensiver, fahre kürzere, aber intensivere Trainingssessions. Ich versuche, die Charakteristik des Erzbergrodeos im Training zu replizieren. Aber das ist nicht so einfach: Sektionen wie Carl’s Dinner findest du nicht so schnell.

Wie hat sich das Erzbergrodeo aus deiner Sicht über die Jahre hinweg entwickelt?

2006 hatten wir keine weichen Reifen, der Track war einfacher, aber die Motorräder waren eben auch nicht zu vergleichen mit denen, die wir heute fahren. Das Leistungsniveau der Fahrer war ein anderes – das Erzbergrodeo war aber immer schon sehr hart und ein echter Test. Die Strecke hat sich mit den Fahrern und den Bikes verändert.

Wie lange willst du dir das alles noch antun?

Wenn ich mich Ende dieses Jahres noch gut fühle, dann hänge ich vielleicht noch ein weiteres Jahr dran. Vielleicht selbst dann, wenn ich keine echte Chance mehr auf den Sieg habe, aber es mir noch Spaß macht. Ich habe nun das Jarvis Racing Team mit jungen Fahrern und schon deshalb wird es weitergehen.

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