Lauda: «Haug hat eine Lücke gerissen»
Niki Lauda analysiert die Fehler von 2012
Bei seiner ersten Teilnahme an einer Vorstandssitzung jenes Gremiums, das den Mercdes-F1-Rennstall kontrolliert, erlebte der dreifache Formel-1-Weltmeister Niki Lauda diese Woche eine gehörige Überraschung. Am Ende der Sitzung erklärte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug (60) seinen Rücktritt.
Eine riesige Überraschung war das nicht. Denn die Verpflichtung von Lauda (63) als Vorstandsmitglied musste als Misstrauensvotum durch Daimler-Chef Dieter Zetsche an die Adresse von Haug interpretiert werden.
«Norbert hat sinngemäss gesagt, dass er sich verantwortlich fühlt für die schlechte Performance in diesem Jahr und deshalb die Konsequenzen zieht», erzählte Niki Lauda in einem Interview mit der WELT AM Sonntag. «Norbert war seit 22 Jahren massgeblich dafür verantwortlich, dass der Konzern im Motorsport so aufwändig engagiert ist. Insgesamt kann er eine sehr erfolgreiche Bilanz aufweisen. Mir tut es leid, dass er zurückgetreten ist.»
Aber natürlich vermutet die ganze Welt, Haug sei zurückgetreten, weil ihm Lauda vor die Nase gesetzt wurde. «Das ist absoluter Humbug, entrüstet sich Lauda. «Im Gegenteil. Ich war von seinem Rücktritt sehr betroffen, weil ich im nächsten Jahr mit ihm gerechnet habe. Norbert hat eine riesige Lücke ins Team gerissen.»
Bei Mercedes ist noch nicht absehbar, wer den Posten von Norbert Haug übernehmen kann. Lauda selbst wird und kann sich ins operative Geschäft nicht einmischen. «Ich bin Vorstandsvorsitzender», hält Lauda fest. «In diesem Board sind alle Vorstände von Mercedes vertreten. Wir setzen uns mit ganzer Kraft dafür ein, dass die Erfolge zurückkommen.»
Lauda spricht von zwei Gruppen, die neu befeuert werden müssen. Die Mercedes-F1-Fabrik in Brackley/GB mit 600 Mitarbeitern, dazu das Rennteam. «Wir müssen untersuchen, warum es trotz der relativ guten Motoren zuletzt nicht so gut lief. Es gilt auch, die Synergien zwischen Brackley und Stuttgart besser zu nutzen», ergänzte Lauda.
Der aktuelle Zustand sei mehr als kritisch, führt Niki Lauda in der WELT AM SONNTAG aus. «Wir müssen rausfinden, wie wir mit dem nächstjährigen Rennwagen 2,5 bis 3 Sekunden pro Runde gegenüber Red Bull aufholen», betont Lauda, der in verantwortlicher Position bei Jaguar Racing vor zehn Jahren wenig bewegt hat. «Daran müssen wir mit aller Kraft arbeiten.»
Bisher hat Mercedes nicht herausgefunden, warum das 2012-Rennauto nach einem vielversprechenden Saisonstart im vergangenen Jahr immer weiter zurückfiel. Lauda: «Es wurde in Shanghai mit Nico Rosberg ein Rennen gewonnen. Plötzlich ging es rückwärts. Dieses Problem analysiere ich gerade mit Ross Brawn. Das Hauptproblem liegt in der Aerodynamik und beim Anpressdruck. Da haben Red Bull und Chefentwickler Adrian Newey die Nase vorn.»