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Niki Lauda und James Hunt: So war es wirklich

Kolumne von Yörn Pugmeister
In einem grandiosen Spielfilm werden die dramatische Formel-1-Saison 1976 mit der Intim-Feindschaft zwischen Niki Lauda und Konkurrent James Hunt präsentiert.

Rennfilme jeglicher Couleur wurden in den letzten 25 Jahren genügend gedreht, vom «Le Mans»-Klassiker mit Steve McQueen 1971 zum Gefühlsdrama «Bobby Deerfield» mit Al Pacino, von den «Days of Thunder» mit Tom Cruise 1990 über Stuss mit Sacha Baron Cohen («Talladega Nights»), die Le-Mans- Industriefilme von Audi und BMW bis zum Senna-Mythos-Streifen von Asif Kapadia 2010.

Aber das, was Oscar-Preisregisseur Ron Howard mit «Rush – Alles für den Sieg» liefert, stellt alle früheren Produktionen zu gleichen oder ähnlichen Themen in den Schatten. Nicht allein, weil Niki Lauda – der noch lebende Hauptakteur dieses 38-Millionen-Spektakels – typisch knapp darüber urteilt: «Alles sehr akkurat, kein Hollywood. Bin beeindruckt.»

Impressionen aus grandiosen Formel-1- Zeiten

Es sind bewegte – und bewegende – Bilder aus einer Epoche des Rennsports, die man sich heute nicht mehr vorstellen kann, Bilder von zwei Motorsport-Stars auf der Überholspur.

Ferrari-Pilot Niki Lauda, der kühle Analytiker – toll gespielt von Daniel Brühl – tritt als amtierender Formel-1-Weltmeister an gegen einen lebenssüchtigen Engländer, der bis 1976 noch nie in einem konkurrenzfähigen Boliden gesessen hatte: James Hunt im McLaren, den Chris Hemsworth höchst glaubwürdig nachempfindet.Bis zum Grand Prix auf dem Nürburgring – «der gefährlichsten Rennstrecke der Welt» (Lauda) – hält sich der kopfgesteuerte Wiener auf dem ersten Tabellenplatz mit 23 Punkten vor Draufgänger Hunt. Den zweiten WM-Titel scheint dem Österreicher niemand mehr nehmen zu können.

Hunt und er stehen nebeneinander in der ersten Startreihe, grauer Himmel hängt über der Nürburg, Regen droht. Lauda hatte schon im Frühjahr gefordert, dieses Rennen in der «Grünen Hölle» nicht zu fahren: «Die Risiken sind zu groß, jedenfalls für mich.»

Notizen von vor 37 Jahren

In meinem Notizbuch von diesem Grand Prix 1976 finde ich Kommentare von jenem Sonntag. Lauda: «Ich werde bezahlt, um hier zu fahren, voll zu fahren und zu siegen. Meine Antipathie gegen den Ring aber ist ein Faktum.»

Rolf Stommelen: «Der Ring ist die schönste Strecke der Welt. Ich kann die jungen Fahrer nicht verstehen, die hier nicht fahren wollen. Die haben wohl Angst.»James Hunt: «Ich habe Angst. Man muss verrückt, weit über dem Limit und dennoch vorsichtig fahren. Es ist fürchterlich – ich bin immer froh, wenn ich nach sieben Minuten die Ziellinie wieder sehe.»

Hunts Teamchef Teddy Mayer: «Ich zünde dir in Gedanken alle sieben Minuten eine Kerze an.» Hunt: «Die habe ich auch nötig.»

Clay Regazzoni: «Hier muss man ein großes Herz haben. Wir müssen unseren Job tun. Wem das nicht gefällt, der soll Sänger werden.»

Mario Andretti: «Der Ring hat einfach zu viel Charakter, man muss ihn nehmen. Ich habe mein Leben dem Motorsport gewidmet, da geht es nicht, wenn man nur auf sterilen Kursen wie Paul Ricard und Nivelles fahren will. Das ist für Kinder und junge Fahrer.»

Laudas Unfall und die Folgen

Die Fortsetzung ist bekannt, nicht zuletzt dank der wackligen schwarz/weiss-Filmaufnahmen eines achtjährigen Zuschauers: Lauda-Unfall wegen Bruchs eines Längslenkers, Bergwerk oder Ex- Mühle, keine Details anfangs. Abbruch des Rennens. Rote Flagge, 14.30 Uhr. Brett Lunger, Harald Ertl und Arturo Merzario helfen Lauda aus seinem brennenden Auto.

Merzario zu mir: «Ich habe Niki rausgezogen, er konnte den Gurt nicht öffnen. Verbranntes Gesicht, verbrannte Hände, Feuerlöscher waren zu weit weg.»Chris Amon: «Ich trete zum zweiten Start nicht mehr an, die Ambulanzen waren zu langsam. Ich habe solch Elend zu oft gesehen.» Emerson Fittipaldi: Der Niki hat viel zu lange im Feuer gesessen.»

Guy Edwards: „«Die Ambulanzen haben acht Minuten gebraucht.» Stuck: «Nein, die haben sogar zehn Minuten gebraucht.»

Ford-Rennchef Michael Kranefuss: «Der Ring ist ein Relikt, das man abschaffen sollte.» AvD-Sportsekretär Herbert-Wilhelm Schmitz: «Jetzt habe ich ernsthaft Angst um den Ring – das dürfte wohl das letzte Mal gewesen sein.»

Beide hatten Recht – auf der Nordschleife wurde nach 1976 nie mehr ein Formel-1-Grand Prix ausgetragen.

Vom Krankenhaus nach Monza

Während AvD-Präsident Huschke von Hanstein noch von einem leicht verletzten Lauda im Adenauer Krankenhaus faselte, kämpften über dreißig Spezialisten unter Leitung der Mediziner Prof. Peter und Dr. Franke auf der Intensivstation der Unfallklinik in Oggersheim um Laudas Leben.

Dem Regisseur des Films «Rush» sind beim Nachstellen dieser Szenen – optisch und akustisch – erschreckend realistische Szenen gelungen: Absaugen der versengten Lungen, grausam, eindruckvolle Bilder von Brandschäden in Gesicht und am Kopf, der Versuch Nikis, seinen Helm über den verletzten Schädel zu stülpen.

Realität, die er nicht zeigen konnte – Nikis Frau Marlene, im Krankenhausflur: «Das ganze Gesicht ist geschwollen, er hat sich immer ans Gesicht gefasst. Armer Niki, er hat mich nur an der Stimme erkannt. Er ist deformiert, kann nicht sprechen, kann nicht atmen.»

Wir standen fassungslos neben ihr, Emerson und Wilson Fittipaldi, Emersons Frau Suzie, Domingos Piedade. Während die Ärzte in der Pfalz am Tag nach dem Unfall noch nicht wussten, ob Lauda infolge seiner «Besorgnis erregend niedrigen Sauerstoffwerte» überleben würde, dachte Niki an nichts anderes als an die nächsten Grand Prix.

Knapp sechs Wochen nach seinem schlimmen Unfall trat er am 12. September in Monza zur Verteidigung seines Titels an.

Japan und der freiwillige Verzicht

Beim filmisch wirklich großartig dargestellten Regensturm in Fuji, Japan, am 24. Oktober steht Hunt neben Mario Andretti in der ersten Reihe vor Lauda in der zweiten. Im morgendlichen Warm-Up bei strömendem Regen liefen Sturzbäche über die Piste.

Lauda: «Es gibt einfach physikalische Grenzen, wo nichts mehr geht.» Stuck: «Wer nicht fahren kann, soll es bleiben lassen.» Clay Regazzoni: «Keinen Scheiß machen – das sind keine Bedingungen für ein Rennen.»Nur mehr Lauda oder Hunt konnten Weltmeister werden – Niki lag mit 68 Punkten vorne, James musste mindestens Dritter werden.

Die Teamchefs von Ferrari, Daniele Audetto, und McLaren. Teddy Mayer, waren sich einig, die Entscheidung auf den nächsten Tag oder auf das erste Rennen des kommenden Jahres zu vertagen. Der Veranstalter und die Kommissare akzeptierten das nicht.

Roger Penske: «Es ist närrisch, hier zu fahren.» Jochen Mass und James Hunt unisono: «Nicht fahren, man sieht ja nichts.»

Während Bernie Ecclestone noch die Startplätze für einen möglichen Show-Event verteilte, begann das Rennen. Marlene Lauda: «Das ist kriminell.»

Ihr Mann kam nach zwei Runden an die Boxe: «Ich bin doch nicht blöde.» Denny Chroback von Goodyear: «Hier zeigt sich der wahre Weltmeister.»

Hunt fuhr durch, wurde Dritter und Weltmeister.

Niki Lauda: «Ich bin doch kein Wahnsinniger und fahre mit 250 wohin ich nichts sehe. Es gibt Wichtigeres im Leben als eine Weltmeisterschaft – ich habe mich nie danach gefragt, was Ferrari oder die Leute sagen würden.»

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