Streit um Motoren: Erdbeben und Turbos verbannt?
Der Weltmeistermotor von Mercedes
Donnerstag, 18. Dezember, tagt die so genannte Strategiegruppe der Formel 1. Sie besteht aus Vertretern von sechs Rennställen, des Autoverbands FIA sowie der «Formula One Group». Jede dieser drei Parteien besitzt sechs Stimmen. Einige Teamchefs geben sich die grösste Mühe zu beteuern, dass die Strategiegruppe nur Vorschläge mache und eine Grobrichtung vorschlage. Die Wahrheit ist, dass hier Schlüsselentscheidungen gefällt werden.
Der weitere Ablauf: die Ideen der Strategiegruppe gehen an die Formel-1-Kommission. Die hat nur die Möglichkeit, einen Vorschlag abzunicken oder abzulehnen. Über die gegenwärtige Zusammensetzung der Kommission ist im FIA-Reglement nichts zu finden. So viel zur Transparenz des Sports ...
Einst bestand sie aus einem Vertreter von «Formula One Management» (also Bernie Ecclestone), der FIA (üblicherweise der Präsident), Vertretern aller Rennställe, sechs Rennpromotoren (drei aus Europa, drei aus Übersee), die von FOM aufgestellt werden, zwei Vertreter von Rennstrecken (eine aus Europa, eine aus Übersee), von den Teams ernannt, dazu Repräsentanten des Reifenherstellers (also Pirelli), der Motorenhersteller sowie der Sponsoren (zwei, aus verschiedenen Marktbereichen). Somit kamen wir ungefähr (abhängig von der Anzahl Teams) auf ein Gremium von 24 Fachleuten.
Allerdings haben wir nicht eine Stimme pro Vertreter. Es gibt immer zwölf Team-Stimmen, ungeachtet dessen, ob wir nun zwölf Rennställe haben oder nur neun. Wenn von diesen neun eine interne Abstimmung zum Beispiel 5:4 ausgeht, so werden die restlichen drei Stimmen zur Mehrheit addiert (8:4).
Wir könnten auch sagen: Wenn die grössten fünf Teams zusammenhalten, dann haben die kleinen vier nichts zu sagen.
Auch die Formel-1-Gruppe ist machtvoll: kein Rennpromoter würde es sich mit jener Firma verscherzen, welche die Rennen vergibt! Die FIA hingegen hat hier so gut wie nichts zu melden.
Ist in der Kommission ein Vorschlag gutgeheissen, geht der zum Abnicken an den so genannten Weltrat der FIA. Hier könnte die FIA eine Idee blockieren. Die Ratsmitglieder stellen sich in der Regel hinter ihren Präsidenten, schliesslich wollen sie ihren feinen Posten nicht verlieren. FIA-Chef Jean Todt mag keine Kritik und schon gar keine Opposition.
Hat ein anderer Motor eine Chance?
Kommen wir zurück zur Idee, ab 2016 mit einer vereinfachten Antriebseinheit fahren zu wollen oder gar (so wie es Bernie Ecclestone in den Raum gestellt hat) gleich wieder zu den alten Saugmotoren zurückzukehren. Ist das realistisch?
Sollte der Vorschlag in der Strategiegruppe morgen tatsächlich auf den Tisch kommen, so wird Mercedes – naheliegenderweise – dagegen sein. Wenn du ein Mercedes-Kunde bist, dann stimmst du linientreu, also hätte Mercedes mindestens drei Stimmen (die eigene, dazu jene von Williams, Force India oder Lotus, je nachdem, wer in der Strategiegruppe beisitzt).
McLaren beginnt eine neue Kooperation mit Honda, sich gegen das Motorenreglement zu stellen, würde überhaupt keinen Sinn machen. Die Japaner sind ja der neuen Technik wegen zurückgekommen.
Vor diesem Hintergrund könnten sich Ferrari und Red Bull Racing sowie Bernie Ecclestone so stark machen dafür, das Reglement zu ändern, wie sie wollen – sie wären überstimmt. Denn wir hätten 10 Stimmen gegen eine Änderung beim Motorenreglement und nur 8 dafür. Und damit wäre der Vorstoss vom Tisch.
Das Argument, Mercedes sei zu dominant, das sei schlecht für den Sport, zieht nicht: Wer, bitteschön, hat denn vor zehn Jahren gejammert, als Ferrari und Michael Schumacher die Formel 1 halb zu Tode siegten?
Wer an Sport glaubt, der sagt eher: Mercedes hat eben einen besseren Job gemacht, die anderen sollen gefälligst aufholen.
Eine Lösung in Sicht?
Was die Entwicklung der Antriebseinheiten angeht, so konnten sich Mercedes und die Gegner nicht auf einen Kompromiss einigen. Also bleibt reglementarisch für 2015 alles gleich, mit den auf Jahre hinaus festgelegten Entwicklungsmöglichkeiten.
Ein neuer Vorschlag lautet: Wieso stellt Mercedes sein Hybrid-Wissen nicht als Einheits-Technik den anderen zur Verfügung, so wie das McLaren mit der elektronischen Steuereinheit macht?
Doch das ist wieder der FIA ein Dorn im Auge. Wieso errichtet man ein hochkomplexes Motorenreglement, nur um es dann wieder zu vereinfachen? Eine Abkehr würde dem Autoverband als rückgratlos dastehen lassen.
Für mich gibt es nur eine sinnvolle Lösung: Die FIA sollte ihre Macht dazu nutzen, die Motorenhersteller zu zwingen, ihre Antriebseinheiten zu einem festgelegten tiefen Preis abzugeben. Auf diese Weise könnten auch kleinere Teams überleben.