Nico Rosberg: Tiefpunkt, zu weich für den Titel?
Lewis Hamilton und Nico Rosberg
Es war an seinem Gesicht deutlich abzulesen, wie tief die Enttäuschung bei Nico Rosberg saß. Jede Geste, jede Regung zeigte, wie sehr ihn dieses Rennen in Austin getroffen hat. Die harte Aktion seines Teamkollegen Lewis Hamilton in der ersten Kurve. Und sein Rutscher, der ihn letztendlich den Sieg gekostet hat.
Natürlich hat Rosberg den Titel nicht in den USA verloren. Die ganze Saison über hat er vor allem dann den Kürzeren gegen den alten und neuen Weltmeister gezogen, wenn es darauf ankam. Und deshalb hieß es auch in dieser Saison oft, dass Rosberg zu weich sei für den Titelgewinn.
Paradebeispiel war eben jene Aktion in Kurve eins, als Hamilton seinem Teamkollegen keinen Platz ließ und ein sehr hartes Manöver fuhr, «zu hart» für den Geschmack von Motorsportchef Toto Wolff. Für Hamilton wird es wohl eine deftige Rüge geben.
Doch dem Briten kann das im Grunde egal sein. Er hat den Titel gewonnen. Und auch wieder das kleine Psychoduell gegen Rosberg. Denn Hamilton wusste, dass der zurückstecken würde. Verständlich, dass Rosberg sagte, er habe keine andere Wahl gehabt. Und er habe sich gewehrt, deshalb sei es ja auch erst zum Kontakt gekommen. Doch im Nachhinein sieht es für ihn mal wieder so aus, als habe er zurückgesteckt.
Von diesem «Lieber Junge, böser Junge»-Spiel will der 30-Jährige nichts hören. Sollte er nun der böse Junge sein, um zu gewinnen? Sich in solchen Situationen noch mehr wehren? Ein Zeichen an seinen Teamkollegen setzen? «Was hätte ich anderes tun sollen? Ich weiß es nicht. Letzten Endes hatte das nichts mit meiner Saison 2015 zu tun», sagte Rosberg. Auf die Frage, ob er Hamilton vielleicht schon früher hätte zeigen sollen, dass er solche Aktionen nicht mit sich machen lässt, sagte Rosberg: «Keine Ahnung.»
Von einem Tiefpunkt seiner Karriere will Rosberg aber nichts hören. «Es war ein schwieriger Tag, aber Abu Dhabi 2014 härter. Wenn dich ein mechanisches Problem zurückwirft, ist das schwieriger zu verkraften», so Rosberg. Sein menschlicher Fehler in Texas sei einfacher wegzustecken.
An 2016, an ein erneutes Rückspiel, den nächsten Versuch, seinen Widersacher im eigenen Stall endlich zu schlagen, will er noch gar nicht denken. Drei Rennen sind 2015 noch zu fahren, und erst einmal muss er die Enttäuschung verarbeiten. «Es hilft viel mit der Familie zu reden. Aber es gibt kein Allheilmittel gegen solch ein Tief», sagte er. Und sehr viele Möglichkeiten, mit solch einem überlegenen Auto den Titel zu holen, wird er auch nicht mehr bekommen. Zwei hat er schon vergeben.