Formel 1 ohne Ferrari: Echte Gefahr oder alter Hut?
Ferrari-Präsident Sergio Marchionne mit Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone
Der Machtkampf in der Formel 1 geht weiter zwischen den Autoherstellern einerseits und FIA-Chef Jean Todt sowie Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone auf der anderen Seite. Und es scheint nicht, als wolle beispielsweise Ferrari-Präsident Sergio Marchionne klein beigeben.
Der Italo-Kanadier sagte vor kurzem zum Streit mit den beiden mächtigsten Männern im Rennsport: «Jean Todt und Bernie Ecclestone haben kein Recht, unser Vetorecht zur Diskussion zu stellen. Es kann nicht sein, dass ein Reglement, egal ob von FIA oder FOM, in die Investitionspolitik von Herstellern eingreift. Sie haben schliesslich diese Antriebseinheiten gewollt. Das war eine Idee von Mosley, und er hatte Recht – die Zukunft der Autoindustrie gehört Hybridsystemen.»
«Anstatt einen Alternativmotor einführen zu wollen, sollten FIA und FOM Lösungen finden, welche die Existenz der Werke respektieren, die den kleineren Teams helfen wollen. Es stimmt einfach nicht, dass dies mit den gegenwärtigen Motoren nicht geht. Wir müssen Kompromisse finden. Wenn die Formel 1 hingegen eine Art Einsitzer-NASCAR wird, dann ist Ferrari weg. Gleichzeitig glaube ich nicht, dass es jemanden gibt, der uns aus dem GP-Sport weghaben will.»
Ferrari und Rückzugsdrohungen – war da nicht was?
Genau: Dieses Säbelrasseln ist ungefähr so alt wie die Marke selber. Enzo Ferrari drohte bei Machtkämpfen mit Rennveranstaltern (früher wurde das Preisgeld direkt ausgehandelt) oder mit dem Autoverband immer wieder damit, seine Autos zuhause zu lassen. Ab und an machte er das tatsächlich. Aber nie endgültig.
Die Tradition des Muskelnzeigens wurde über den Tod von Enzo Ferrari hinaus gewahrt. Vor gut zehn Jahren sagte der damalige Ferrari-Teamchef Jean Todt, als es um einen langjährigen Vertrag zwischen Ecclestone und Ferrari sowie entsprechende Sonderzahlungen für den berühmtesten Rennstall der Welt ging: «Wir sind ein kleines Unternehmen und wir müssen die Kosten der Formel 1 abdecken. Wir haben sehr oft darüber diskutiert, die Formel 1 zu verlassen, weil sie uns zu viel Geld kostet. Ferrari hätte mehrfach in die Position kommen können, mit der Formel 1 aufzuhören – das ist eine Tatsache. Der Trend, dass die zum Thema gemacht. Schliesslich müssen wir im Interesse von Ferrari handeln.»
Die Folge ist bekannt: Natürlich rauften sich Ferrari und Ecclestone zusammen.
Noch im Juni 2014, also wenige Monate vor seinem Abschied als Ferrari-Präsident, stellte auch Luca Montezemolo in Aussicht, Ferrari könnte sich von der Formel 1 ab- und zum Langstreckensport zu wenden, doch kurz darauf wollte der langjährige Ferrari-Präsident (1991 bis 2014) davon nichts mehr wissen und ruderte deutlich zurück. «Ich habe niemals behauptet, dass Ferrari die Formel 1 verlassen will. Wir haben jedoch das Recht und die Pflicht, an die Zukunft zu denken, da wir seit 64 Jahren dabei sind», sagte Montezemolo ablässlich der 100-Jahr-Feier von Maserati in Modena.
Dann sagte Montezemolo Worte, die nichts an Gültigkeit verloren haben: «Ich glaube, dass die Formel 1 gerade keinen besonderen Moment erlebt. Wir müssen alle zusammen auf konstruktive Weise zur besseren Entwicklung beitragen. Die Formel 1 ist ein wunderbarer Sport. Ferrari hat die Pflicht, daran zu denken und in die Zukunft zu blicken.»
Mercedes und Ferrari können drohen, wie sie wollen. Fakt ist, dass sie sich bis 2020 verpflichtet haben, Formel-1-Sport zu betreiben. Bernie Ecclestone über den schlechtesten aller Fälle: «Es würde sie viel Geld kosten, wenn sie aussteigen.»
Schlusswort von Sky-Formel-1-Experte Martin Brundle: «Wie üblich hält Ferrari eine Pistole an den Kopf der Formel 1. Aber es gibt keine Kugel im Lauf. Sie brauchen eine starke Formel 1 mehr als die Formel 1 Ferrari braucht. Was nun gefragt ist, das ist besonnenes Vorgehen.»