Stefan Pierer: «Ich will BMW mit Husqvarna überholen»
Der KTM-Vorstandsvorsitzende Stefan Pierer rückte im Interview mit SPEEDWEEK.com Ende November 2018 mit einer überraschenden Neuigkeit heraus. Auf die Frage, ob er sich ein weiteres Wachstum bei KTM durch einen Zukauf vorstellen könne, was ja schon bei Husqvarna ausgezeichnet geklappt hat, entgegnete der Steirer: «Ducati würde gut zu uns passen.»
«Ich habe eine emotionale Beziehung zu Ducati», ergänzte der KTM-Vorstandsvorsitzende. «Ducati ist Ducati, daran gibt es nichts zu rütteln. Ducati ist die einzige Marke, die noch zu uns passen würde. Alles andere kannst du vergessen. MV Agusta ist zu klein.»
Übrigens: KTM rüstet die X-bow-Sportwagen seit Jahren mit Audi-Motoren aus. Aber die VW-Gruppe hat 2011 rund 740 Millionen Euro für Ducati bezahlt. Ließe sich so ein Betrag jemals erwirtschaften?
Pierer: «Vielleicht hat Audi durch die Dieselaffäre und die E-Mobilität bald andere Prioritäten als ein Motorradwerk zu betreiben. Ducati ist der Ferrari der Motorradbranche. So eine Marke in unserer Gruppe zu haben, wäre natürlich interessant. Es ist keine Frage des Preises, sondern es geht um das Thema: Wann realisiert jeder, in welcher Situation er sich befindet? Es kommen neue Herausforderungen bei der Homologation auf uns zu – wir haben zum Beispiel Euro 5. Im Jahr 2024 kommt das Thema Lärm. Es geht auch im die demografische Entwicklung in Europa. Man muss heute mit dem Motorradgeschäft nach Asien gehen, nach Indien. Wenn du dort nicht erfolgreich bist, bist du irgendwann weg. Es geht bei Ducati nicht um den Kaufpreis, sondern um die Frage: ‚Wie kann ich gemeinsam stärker werden?‘ Kommt Zeit kommt Rat…»
Pierer verriet noch ein weiteres Geheimnis: Sein indischer Partner Bajaj hat Interesse an Triumph. «Um bei KTM oder Husqvarna einen Dreizylinder anbieten zu können, müsste Triumph zu unserer Gruppe kommen, was ich ausschließe, so sehr sich mein indischer Partner darum bemüht.»
In den letzten Monaten ist es um das Thema Ducati-Verkauf still geworden. VW investiert zwar jetzt 30 Milliarden in Elektro-Fahrzeuge und eine Batterie-Fabrik in Deutschland und hat wegen Diesel-Gate etliche Sportengagements gestrichen (Rallye-WM mit VW, 24h Le Mans mit Audi), aber ein Ducati-Verkauf würde höchstens 1 bis 1,2 Milliarden einbringen, eine geringe Summe bei fast 236 Milliarden Euro Konzernumsatz. Anderseits trägt Ducati nur ungefähr nur 0,31 Prozent zum VW-Konzernumsatz bei.
«Für Volkswagen ist Ducati momentan ein Minderheiten-Thema. Die sind im Hauptgeschäft im Augenblick so stark unter Druck», weiß Pierer. «Dazu kommt, dass Ducati Gewinne abliefert.» Deshalb steht das Themas Ducati-Verkauf bei VW nicht mehr im Vordergrund.
Unterdessen kümmert sich die KTM Industries AG um weitere Verkaufserfolge mit der Zweitmarke Husqvarna. «Durch die Entscheidung, mit Husqvarna auf die Straße zu gehen und jede Plattform von KTM zu nutzen, haben wir so viele Projekte am Laufen, dass ich eh keine Kapazität übrig habe», betont Unternehmer Pierer.
Pierer ist auf dem besten Weg, sein Ziel zu erreichen und mit Husqvarna der drittgrößte Motorradhersteller in Europa zu werden. Ducati liegt nur noch 7000 Stück voran. Pierer: «Ich sage sogar voraus, dass ich in drei oder vier Jahren mit Husqvarna BMW als zweitgrösster Motorrad-Hersteller in Europa überholt haben werde.»
Bei Husqvarna wurden im Vorjahr mehr als 48.555 Motorräder verkauft, der BMW-Motorrad-Absatz wurde im Vorjahr mit rund 130.000 Exemplare beziffert. KTM ist von den Stückzahlen her der größte Motorrad-Hersteller in Europa. Im letzten Geschäftsjahr wurden 212.899 KTM verkauft.
BMW hat Husqvarna einst unter dem heutigen VW-Chef Herbert Diess um kolportierte 50 Millionen Euro von Cagiva gekauft. Pierer übernahm die Marke dann für 2015 sozusagen zum Nulltarif und pushte die Stückzahl innerhalb von drei Jahren von 6000 auf 48.555 Exemplare.
Pierer verfolgt mit Husqvarna sehr ehrgeizige Ziele.
«Wir planen bei Husqvarna eine komplette Straßenpalette, bis 1300 ccm hinauf», kündigt Pierer an. «Das machen wir mit den Zweizylinder-Motoren, die von KTM bekannt sind. Wir arbeiten momentan auch an einem 500-ccm-Zweizylinder. Das wird unser erstes globales Motorrad in den aufstrebenden Märkten wie Indien, Indonesien, Malaysia, Thailand und so weiter. Dort sind das die Premium-Motorräder, wie bei uns vor 30 oder 40 Jahren die CBR500 oder CBR750.»
Merke: Das Wort «Honda» kommt dem KTM-Chef immer noch schwer über die Lippen.
Wird KTM nicht in drei oder fünf Jahren wie zuletzt Ducati einen V4-Motor präsentieren? «Nein, nein, wir bleiben beim Zweizylinder», betont Pierer.
SPEEDWEEK.com: «Wetten wir 100 Euro?»
Pierer: «Da können wir wetten, ja. Die Wette gilt!»