MotoGP-WM 2020 mit 20 Rennen: Wo liegt das Maximum?
KymiRing in Finnland: Dort wird 2020 im Juli ein Grand Prix ausgetragen
Nachdem die Saison mit den beiden aufeinanderfolgenden Rennen in Tschechien und Österreich weitergeht und bevor alle zum Grand Prix der unebenen Strecke – sorry, damit meine ich Großbritannien – fahren, findet eine bedeutende Pause für GP-Test-Teams statt.
Bradl, Folger, Kallio, Pirro, Smith und Co. reisen zur brandneuen Rennstrecke KymiRing, um sich dort auf den finnischen Grand Prix vorzubereiten, der ab dem nächsten Jahr im Kalender stehen wird.
Es hat ein Jahr länger gedauert als ursprünglich geplant, bis die Strecke fertig war, aber sie sieht gut aus und der Austragungsort ebenfalls. Da kommen viele Erinnerungen an den alten finnischen Grand Prix in Imatra auf, wo die skurrile Strecke gleichzeitig eine öffentliche Straße war und einen Bahnübergang enthielt und eine offensichtliche Gefahr von den Wäldern ausging, die um die 4,950 kmlange Strecke wuchsen. All das stellten die feierfreudigen Einheimischen allerdings in den Schatten. 1981 wurde auf diesem Straßenkurs in Imatra zum letzten Mal ein Rennen in der Königsklasse ausgetragen.
Wenn diese Rennstrecke zum Kalender dazukommt, werden 2020 genau 20 Rennen ausgetragen. Das ist viel, aber immer noch ein Rennen weniger als im diesjährigen Formel-1-Kalender, der 21 Rennen enthält. Und das in fast derselben Zeitspanne, in der die 19 Rennen in der MotoGP stattfinden.
Die MotoGP kommt möglicherweise auch bald auf 21 Rennen pro Saison, da man Pläne hegt, Indonesien hinzuzufügen und in Asien weitere Rennen dazukommen können.
Das ist ein großer Schritt seit der ersten Motorrad-Weltmeisterschaft 1949, in der nur sechs Rennen gefahren wurden und nur die Punkte der besten drei Rennen zählten. Es dauerte fast 30 Jahre, bis alle Rennen gewertet wurden. 1976 zählten nur sechs von zehn Rennen; aber seit 1977 (außer während einem schlecht beratenen Rückfall 1991) zählen alle Rennen für die Weltmeisterschaft.
1961 kletterte die Anzahl der Rennen erstmals in den zweistelligen Bereich – mit zehn WM-Rennen. Aber erst seit 1967 blieb die Gesamtzahl aller Rennen konstant im zweistelligen Bereich. Erneut mit einem Rückfall – 1980 wurden nur acht Grand Prix ausgetragen.
Unglaublich: Die Saison begann damals am 11. Mai in Misano und endete am 24. August auf dem Nürburgring. Die Winterpause erstreckte sich also über acht Monate…
Als die Dorna 1992 die MotoGP-WM übernahm, fügten sie ein Rennen hinzu, sodass es damals 14 waren. Der Kalender war über 45 Jahre lang gewachsen und zwar um 133 Prozent. Während der letzten 27 Jahre, bis zum Beginn 2020, um weitere 43 Prozent. Aber haben wir das Limit schon erreicht?
Ohne dass man die Saison von März bis November verlängert, könnte man 37 Rennen unterkriegen, wenn man jedes Wochenende fährt. Nehmen wir an, es gibt eine zweiwöchige Sommerpause und fünf weitere freie Wochenenden als Dank für gutes Benehmen, könnten theoretisch immer noch 30 Rennen gefahren werden.
Wie die Angehörigen des Paddocks über diese Möglichkeiten denken, hat größtenteils mit Gewohnheit zu tun, die sich wiederum im Alter unterscheidet.
Der älteste Fahrer auf dem Grid ist der ehrwürdige 40-jährige Valentino Rossi. In seinem ersten GP-Jahr fanden es bereits 15 Rennen statt. Im Jahr 1999 wurden es 16. Rossi erbleichte, als es vor ein paar Jahren hieß, dass der Kalender 18 Rennen beinhaltete. «Ich glaube, das ist bereits genug», sagte er damals. Seit damals haben sich seine Ansichten nicht geändert.
Aber Rossis jüngeren Rivalen sind es gewohnt, jedes Wochenende zu fahren und daher alles andere als widerwillig. Marc Màrquez würde sich über mehr Rennen freuen, genau wie Viñales, dessen Ansichten auch andere teilen: «Lasst uns mehr Rennen fahren, aber dafür weniger testen.»
Kommerziell ist ein Ausbau der Grand Prix ein permanentes Ziel. Mehr Rennen bedeuten mehr Gelegenheiten, Geld zu verdienen. Und das ist schließlich der Hauptgrund der Existenz der Dorna.
Aber was ist mit den Fans? Wann werden sie müde? Wann wäre es zu viel des Guten? Würde ein Rennen jede Woche nicht ganz einfach bedeuten, dass die MotoGP mehr Möglichkeiten hätte, von einem anderen Sport zur Seite gestoßen zu werden? Es gibt schließlich nur eine Sendezeit im TV am Sonntag-Nachmittag.
Auch hier wird die Antwort größtenteils wieder vom Alter abhängen. Ältere Fans denken vielleicht an die Zeiten zurück, als man auch andere Interessen haben und trotzdem jedes Rennen anschauen konnte.
Auf jeden Fall ist es an der Zeit, darüber nachzudenken, welche aktuellen Rennen man streichen könnte, um Platz für neue zu machen.
Als Aragón 2010 in den GP-Kalender aufgenommen wurde, sagten die Verantwortlichen der Rennserie, dass es nur ein Lückenfüller sei. Es erhöhte die Anzahl der Rennen in Spanien auf vier, neben Jerez, Katalonien und Valencia. Sogar die Spanier bei der Dorna dachten, dass das Ganze langsam zu spanisch wurde. Momentan sieht es aber danach aus, als wäre Valencia die erste dieser Strecken, die zu gehen hätte. Es wird aber auch über eine Rotation bei den Spanien-GP nachgedacht.
Es gibt auch andere Kandidaten. Die Unantastbarkeit des Britischen Grand Prix hängt großteils davon ab, ob das wieder auftauchende Silverstone die Streckenkonditionen genug verbessert hat. Uns hat Kunde vom kürzlich dort ausgetragenen Formel-1-GP erreicht, dass zwar das Ablaufen des Wassers verbessert wurde, der Belag aber an manchen Stellen immer noch ziemlich uneben ist.
Vorläufig ist der Silverstone-GP für 2019 bis 2021 gesichert.
Von Blickwinkel der Motorradsport-Industrie aus, wenn man die Größe des Marktes anschaut, machen Rennen in Thailand und Indonesien oder sonstwo in Asien viel mehr Sinn als Argentinien und auch Australien.
Traditionalisten sollte ihre Traditionen also genießen, solang sie noch können, denn die Tradition spielt für die kommerzielle Bilanz keine Rolle.