Henry Jacobi (Kawasaki): Stress mit dem Teamkollegen
Was sich im zweiten MX2-Lauf im Talkessel von Teutschenthal abspielte, ist das Horror-Szenario eines jeden Teamchefs schlechthin.
Henry Jacobi kam nach mäßigem Start nur auf Rang 10 aus der ersten Runde. Jacobis britischer F&H Kawasaki Teamkollege, Adam Sterry, erwischte auf Rang 13 ebenfalls keinen guten Start.
Jacobi, auf heimischem Boden hoch motiviert, hatte im ersten Lauf mit Platz 3 die Basis für ein mögliches Grand-Prix-Podium gelegt. Im zweiten Lauf kämpfte er sich in jeder Runde um einen Platz nach vorne und hatte in Runde 3 bereits Rang 8 erreicht.
In der 6. Runde verhakt sich der Lokalmatador an der dritten Auffahrt in einer tiefe Spurrinne, verliert die Kontrolle über seine Kawasaki und stürzt über das Vorderrad zu Boden. Bevor er sein Bike am Hang wieder startklar hat, ist er auf Rang 14 zurückgefallen.
Teamkollege Sterry ist unterdessen bereits auf Rang 10 vorgefahren. Jacobi greift nach seinem Abflug noch härter an und gewinnt in kurzer Zeit mehrere Plätze. In Runde 9 hat er bereits Sterry auf Rang 10 in Sichtweite. Der Brite wehrt sich aber nach Kräften und verteidigt seine Position.
Die folgende Szene hätte aus einem Krimi-Drehbuch stammen können: Ausgerechnet auf der Geraden vor der Box, unmittelbar vor den Augen des Teams, setzt Jacobi zum Überholmanöver an. Doch auch an jener 'Geraden' ist der Untergrund völlig zerfahren. Die beiden Teamkollegen touchieren einander, Sterrys Kawasaki verhakt sich mit Jacobis Motorrad und der Brite geht bei vollem Speed zu Boden. Jacobi strauchelt, hat aber Glück, dass er sein Bike gerade noch abfangen kann.
Sterrys Gestik beim Aufstehen verrät, dass er diese Aktion von Jacobi absolut nicht gut fand. Jacobi quetscht sich - immer noch mit dem Adrenalin des Crashs unterwegs - noch an Mitchell Harrison vorbei auf Rang 9.
Sterry erreicht das Ziel stinksauer auf Rang 11 und fährt direkt zu Jacobi, der sich gerade noch beim Publikum bedankt. Sterrys Körpersprache verrät, dass er die Aktion seines Teamkollegen komplett daneben findet. Was Jacobi antwortet, weiß nur er selbst. Tatsache ist, dass es zu einer, nennen wir es «Berührung» kommt. Manche sahen darin ein Zeichen der Versöhnung, Andere wollen auch einen Stupser oder sogar eine Handgreiflichkeit gesehen haben und fordern disziplinarische Konsequenzen.
Ich meine: Ein Heimrennen darf Emotionen auch einmal zum Überkochen bringen. Trainer Marc de Reuver hat heute im Talkessel vielleicht eine kleine Sorgenfalte mehr bekommen. Aber Hand aufs Herz: «That's simply racing».
Wollen wir nur noch abgerichtete Piloten, die keine Emotionen zulassen und kein Wort unabgestimmt mit dem Team-Management rausrücken? Ein paar Ecken und Kanten müssen erlaubt sein. Und wer beim Heimrennen eine überdosierten Adrenalinschub hat, bekommt einen Extra-Bonus. Alles halb so wild, Jungs! Ihr habt dem Publikum im Talkessel eine grandiose Show geboten. Keinem ist bei der Aktion etwas passiert und morgen ist ein neuer Tag.