Jeffrey Herlings (KTM): «Rekorde wären ein Traum»
100-facher GP-Sieger: Jeffrey Herlings (28)
Nach den Qualifying-Rennen am Samstag geht es im Fahrerlager von Frauenfeld am heutigen Ostersonntag – bis auf eine Kinderschar auf der Suche nach Ostereiern und einigen vereinzelten Startversuchen auf der ausgewiesenen Test-Strecke – ungewohnt ruhig zu.
«Es ist echt komisch. Ich bin heute Morgen aufgewacht und habe gesagt: ‚Okay, lasst uns Rennfahren.‘ Aber nein, wir fahren kein Rennen, weil Ostersonntag ist», schmunzelte Red Bull-KTM-Werksfahrer Jeffrey Herlings beim Treffen mit SPEEDWEEK.com. «Es fühlt sich ein bisschen merkwürdig an.»
Jeffrey, du meintest, du würdest einige Rennen brauchen, um wieder in den Rhythmus zu kommen. Tatsächlich gelang dir aber schon beim Auftakt in Argentinien der Sprung aufs Podest, in Riola Sardo folgte dann der erste GP-Sieg der Saison – beim zweiten Grand Prix. Kam das unerwartet?
Ja, zu 100 Prozent, das hatte ich gar nicht erwartet. Bei den ersten Vorsaison-Rennen war ich nicht mein «normales Ich». Alles in den Top-5 wäre für die ersten Grand Prix gut genug gewesen – und es wurde ein zweiter und ein erster Tagesrang und ich bin in der WM-Tabelle Zweiter, nur ein paar Punkte hinter dem Leader. Alles läuft besser als erwartet, für den Moment.
Ist in der Hinsicht vielleicht auch der Ausfall von Titelverteidiger Tim Gajser ein Faktor? Vor dem Start der Saison hattest du ihn als den Rivalen Nummer 1 im WM-Kampf genannt, nun liegst du neun Punkte hinter WM-Leader Jorge Prado.
Ja und ich glaube, dass nach Tims Verletzung dann viele Dinge offen waren. Im Moment scheint nun Jorge mein Hauptgegner zu sein. Er war bisher sehr gut, vor allem am Samstag mit den drei Siegen in den drei ausgetragenen Quali-Rennen. Ich im Gegenzug habe da die Punkte liegen gelassen, die mich jetzt von der WM-Führung trennen. Meine Samstage waren mit zwei dritten Plätzen und sogar einem zehnten Rang nicht gerade großartig. Das scheint seine Stärke zu sein und wir müssen versuchen, im Sprintrennen besser zu werden.
Hat es auch damit zu tun, dass du nach der langen Zwangspause länger brauchst, um in den Fluss zu kommen?
Ja, definitiv. Zum ersten Mal gibt es Punkte am Samstag, das ist etwas komplett Neues und im Moment ist es nicht wirklich positiv für mich. Es wird aber noch ein langes Jahr, viele Läufe stehen noch aus und viele Punkte sind noch zu vergeben. Vielleicht wird der Samstag-Sprint auch mir noch zugutekommen, wenn ich erst einmal wirklich wieder in den Rennrhythmus gekommen bin.
Wie bewertest du dieses neue Format? Ich weiß, dass du zu den Fahrern zählst, die eigentlich das Ein-Tages-Format bevorzugen würden.
Ja, besonders weil wir eine wirklich lange Saison rund um die Welt zu absolvieren haben. Als wir nur einen Tag hatten, schien es weniger Verletzungen zu geben. Im Grunde halbierst du die Weltmeisterschaft, wenn du statt Samstag und Sonntag nur am Sonntag fährst, also 20 statt 40 Tage. Alle schienen es wirklich zu mögen, aus Sicht der Fahrer – okay, es gab auch ein paar Fahrer, die das Zwei-Tage-Format etwas lieber haben. Es ist aber immer ein Kompromiss. Am Ende haben sich die Organisatoren und der WM-Promoter für die zwei Tage entschieden, also müssen wir diese Entscheidung respektieren.
Dein 100. GP-Sieg war in den vergangenen Wochen und Tagen ein großes Thema, weil dir nur noch ein Erfolg auf die Rekord-Marke von Stefan Everts fehlt. Interessierst du dich für diese Zahlen und Rekorde?
Ja, definitiv. Als Athlet verfolgst du immer deine Ziele und Träume, was auch immer das sein mag. Für mich war es immer der Traum, der erfolgreichste Motocross-Fahrer der Geschichte zu sein. Aufgrund meiner Verletzungen werde ich nie die zehn WM-Titel erreichen. Ich glaube aber, die meisten Lauf- und GP-Siege zu erreichen, ist nach den Titelgewinnen die zweit- und drittgrößte Sache, die du in der Motocross-WM schaffen kann. Ich glaube, dass ich bei den Laufsiegen schon vorne liege, und bei den GP-Siegen bin ich sehr nahe dran. Es wäre ein Traum, zwei der drei wichtigsten Rekorde im Sport zu halten. Wir arbeiten weiter daraufhin.
War das auch etwas, was dich im Vorjahr motiviert hat? Es muss schwer gewesen sein, eine gesamte Saison verletzungsbedingt in der Zuschauerrolle zu sein.
Ja, die Verletzung, ein ganzes Jahr Zwangspause und mehrere Eingriffe – das war ein hartes Jahr. Es ist Teil des Sports generell, manchmal Verletzungen und Rückschläge zu erleiden. Im Motocross-Sport kennen wir das besonders gut und natürlich haben einige mehr als andere… Ich hatte in der Hinsicht sehr viel Pech, aber mal sehen, was die Zukunft noch bringt.