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Analyse Ernée-GP: Paulin ohne Rücksicht auf Verluste

Von Adam Wheeler
Gautier Paulin: Die Emotionen waren da

Gautier Paulin: Die Emotionen waren da

Der MX1-Titelkampf reduziert sich immer mehr auf ein Duell zwischen Antonio Cairoli und Gautier Paulin. Die Strecke in Ernée gab aber viel zu reden.

Jeder der die Bilder von 2005 und 2011 von den Nationen-Motocross-Events im Kopf hatte, wusste genau, dass die Franzosen eine grosse Leidenschaft für die Offroad-Bikes an den Tag legen können. Vier Jahre nach dem letzten Besuch gastierte der Motocross-WM-Tross wieder im Amphitheater von Ernée. Es ist eine der spektakulärsten Anlagen im Kalender, aber gleichzeitig sorgte das Pistenlayout für viel Polemik.

Nach einem eher frustrierenden Trainings- und Qualifikationstag, bei dem die Überholmöglichkeiten auf dem engen Old-School-Circuit ziemlich limitiert waren stellte sich der Renntag aber überraschend als einer der besten und spannendsten bisher 2013, die Resultate waren ziemlich unberechenbar.

Die Schlagzeile des Renntages? Red-Bull-KTM-Pilot Tony Cairoli und Kawasaki-Racing-Team-Fahrer Gautier Paulin machen aus dem Titelkampf langsam aber sicher eine Zwei-Mann-Affäre. Der Franzose hat seinen Fanclub mit dem Sieg im ersten Lauf gegen den Sizilianer massiv vergrössert. Der Jubel der 39.000 Fans war einer der lautesten, die ich in meiner 13-jährigen Berichterstatterkarriere in der GP-Szene erlebt habe. Cairoli ruinierte die Party aber dennoch, er flüchtete im zweiten Lauf an der Spitze und holte sich den fünften GP-Sieg der Saison. Diese eine Woche vor einem der grössten und wichtigsten Grands Prix seiner Karriere, den der Tross kommt nach Maggiora.

In der MX2-Klasse sah Jeffrey Herlings wie ein Boxer aus, als er nach seinem siebten Doppelsieg in dieser Saison den Helm abnahm. Ein heftiger Sturz am Samstag hatte den KTM-Werksfahrer mit ordentlich Prellungen und Schwellungen zurückgelassen, als er bei einer Abfahrt die Kontrolle verloren hatte.

Hinter Herlings reihten sich die schnellen Franzosen Dylan Ferrandis (Kawasaki Rockstar Bud Racing) und Christophe Charlier (Monster Energy Yamaha) ein, die ihre ersten Trophäen 2013 in Empfang nehmen konnten.

Strecke als Sicherheitsrisiko

Am Samstag-Nachmittag herrschte unter den Fahrern noch Konsternation. Die Strecke war restriktiv und ohne Fluss, die unheilvollen Steine von Ernée erschienen flugs wieder in der Erinnerung jener, die schon 2009 und 2006 dabei waren. Weil am Wochenende Regen wahrscheinlich war, wurde die Strecke verständlicherweise nicht tief präpariert. Aber die absurde Entscheidung, vor dem MX2-Qualifying-Lauf die Piste massiv zu wässern (es wurde unter Sonnenschein ziemlich staubig), führte zu einer noch glatteren und heimtückischeren Unterlage.

Es war klar, dass sich die Rennläufe in den Sekunden entscheiden würden, wenn das alte Startgatter auf den Boden knallt – was es aber beim ersten Versuch im ersten MX2-Lauf nicht wirklich sauber machte. Ernée hatte die Besucher, die für eine Atmosphäre sorgten, die diesen Sport besonders machen, aber auch eine Strecke mit mehreren Linien sowie ein paar nicht ungefährliche Sprünge und viele Kicker. Cairoli sagte am Samstag, dass im Grand-Prix-Sport nicht auf Ein-Linien-Strecken gefahren werden sollte, mit dieser Meinung ist er nicht alleine.

Die unguten Gefühle liessen zwar nach den Rennen nach, aber es gab noch immer Menschen, die den achten GP der Saison schmallippig verliessen. Andere waren einfach dankbar, dass sie das Wochenende heil überstanden haben.

Paulin wurde von einer Welle der Emotionen getragen, die bei den vielen Tausend Anhängern beim Heim-GP entstehen müssen, er attackierte auf der kritisierten Piste ohne Rücksicht auf Verluste. Seine Jagd auf Cairoli war elektrisierend. Als er die Führung im letzten Renndrittel übernahm, war die Bühne hergerichtet, es war fast ungewohnt, den Champion eingeholt und degradiert zu sehen. Cairoli konterte, aber er blieb fäusteschwingend zurück, denn der Überrundete Matiss Karro hatte ihn drei Runden vor Schluss aufgehalten. Der Weltmeister gab bis zum Schluss nicht auf, im Ziel fehlten nur 1,5 sec auf Paulin.

Im zweiten Lauf wurde Paulin aber vom stürzenden Max Nagl aufgehalten, während Cairoli zum Holeshot eilte. Der GP war damit so gut wie entschieden. Der Kawasaki-Star kam noch bis auf Rang 4 nach vorne, aber der KTM-Pilot hatte an der Spitze längst in den kraftsparenden Modus geschaltet.

Der erste MX1-Lauf bot auch sonst eine Menge Action. KTM und Kawasaki duellierten sich um den vierten Rang, als Ken de Dycker aberwitzig offensichtlichen Block-Pass bei Landsmann Jeremy van Horebeek zum Besten gab, die Distanz zwischen den Belgiern wuchs sofort an. Der schnell lernende MX1-Rookie lachte aber zuletzt, als er de Dycker kurz vor dem Ziel noch schnappte.

Dahinter kam es zu einem Kampf der Titanen um Rang 7. Honda-Star Nagl und Tommy Searle (CLS Monster Energy Kawasaki) bekämpften sich wie im Bilderbuch, das Duo zeigte mehr gegenseitige Überholmanöver, als sich die Fans je erträumen konnten.

MX2: Der Schmerz bei der Herlings-Konkurrenz

In der MX2-WM konnte Herlings im Warm-up gerademal eine Runde fahren, den Niederländer schmerzten nach seinem Sturz ein Bein, ein Knöchel und der Hintern. Einige Pillen und gute Starts später hatte er den Schmerz an seine Konkurrenz weitergegeben, denn seine ungeschlagene GP-Sieg-Bilanz blieb mit Nummer 8 im achten Event unangetastet. Der Champion wurde diesmal zwar mehr geprüft als auch schon, denn Jake Nicholls konnte im zweiten Lauf das Rennen anführen, um ersten Durchgang verfolgte Dylan Ferrandis den Weltmeister unnachgiebig.

Ferrandis erschien mit neuem Selbstvertrauen in Ernée, nachdem er in der Französischen Meisterschaft einen «International Heat» (450 ccm und 250 ccm gemischt) gewonnen hatte. Auch seine Starts waren ein Faktor. KTM-Werksteamkollege Jordi Tixier stürzte im zweiten Lauf an der Spitze, als er flüchten wollte. Charlier hingegen schaffte es auf das Podest, obwohl er an einer Leistenzerrung laborierte.

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