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Spa 1992: Steve Sopers Dusch-Trilogie

Kolumne von Friedbert Holz
Geschichten aus einer anderen Zeit: Unser Autor Friedbert Holz war lange Jahre BMW-Pressesprecher fürs schnelle Fach. Diesmal: Der knappste Spa-Sieg der Geschichte und ein Gewinner, der gar nicht mehr hier sein wollte.

Den 2. August 1992 wird Steve Soper, damals BMW-Werksfahrer beim italienischen Team Bigazzi, wohl niemals vergessen. Denn an diesem Tag fuhr er das Rennen seines Lebens, die Schlussphase des 24-Stunden-Langstreckenklassikers in Spa-Francorchamps. Und wohl selten hat ein Rennfahrer den Ort seines Triumphs so sauer verlassen wie er, denn eigentlich hatte er gar nicht fahren wollen.

Zur Ausgangslage: Schon das gesamte Rennen über hatte es einen BMW-internen Teamkampf zwischen Schnitzer und Bigazzi gegeben. Gut zwei Stunden vor Rennende lag Eric van de Poele, auf BMW M3 1987 DTM-Sieger und in Belgien ein Star, mit dem Schnitzer-M3 vorne, scheinbar uneinholbar. Nur Insider wussten damals, dass er den Schluss-Turn ohne zusätzlichen Tankstopp absolvieren sollte – was im Nachhinein vielleicht ein Fehler des Langstrecken-Fuchses Charly Lamm war, des eigentlich sehr erfahrenen Teamchefs bei Schnitzer.

Um tatsächlich mit einer Tankfüllung ins Ziel zu kommen, hatte Lamm dem Belgier im Auto 7 500 Umdrehungen maximale Motordrehzahl per Tafel von der Box aus signalisiert, das sollte eigentlich reichen – der Funk zwischen Auto und Box war leider ausgefallen. Doch er hatte den Sturkopf von Gabriele Rafanelli unterschätzt, damals Teamchef bei Bigazzi. Deren M3 lag an zweiter Position, fast zwei Runden zurück. Rafanelli aber sah plötzlich eine winzige Chance zur Attacke und orderte Steve Soper in die Box, um für die letzten zwei Stunden nochmals ins Auto zu steigen. 

Soper aber hatte keinerlei Lust, sich in seinen total verschwitzten Overall zu zwängen, hatte bereits geduscht (Nummer 1) und wollte heim, um seine Frau und die frisch geborene Tochter zu sehen. Doch Rafanelli sagte nur: «Du gehst jetzt nirgendwohin, sondern versuchst anzugreifen». Also trat Soper in die Pedale des M3, fuhr buchstäblich mit dem Messer zwischen den Zähnen und einer Stinkwut im Bauch. Immer mehr holte er auf, räuberte über Randsteine, schob Konkurrenten fast von der Piste. Und er kam dem M3 von Eric van de Poele immer näher, dessen Vorsprung von Runde zu Runde dahinschmolz. Schließlich sah auch das Schnitzer-Team, dass das vermeintlich sicher geglaubte Rennen an einem nur noch sehr dünnen Faden hing und signalisierte dem Belgier etwas verzweifelt «Attack».

Manöver in La Source

Van de Poele aber war sich nicht sicher, wie hart er gehen sollte, wollte auf keinen Fall ohne Benzin bei seinem Heimrennen liegen bleiben. Jedenfalls war inzwischen Steve Soper in der vorletzten Runde so dicht an den Belgier heran gerückt, dass er formatfüllend in dessen Rückspiegel hockte. Kurz vor dem Tourenwagen-Ziel, in der Spitzkurve La Source, überholte Soper den verdutzten van de Poele, dem jetzt nur noch die Rolle des Verfolgers blieb. Er schlug sich wacker dabei, konnte den Briten aber nicht mehr überholen. Das Ergebnis: Bei der Zieldurchfahrt trennten nur winzige 48 Hunderstelsekunden die beiden BMW, das bislang knappste Spa-Ergebnis aller Zeiten!

Jetzt musste Soper aber noch zur Siegerehrung, bekam dort, mit versteinertem Gesicht, eine Dusche mit Champagner, bevor er sich endlich richtig duschen (Nummer 2) und für die Heimreise umziehen konnte. Doch wer die Zeremonien nach einem Spa-Sieg kennt, weiß, dass das siegreiche Team von anderen Markenkollegen in ein unfreiwilliges Bad geworfen wird, in einem künstlich angelegten Teich im Garten des Eau-Rouge-Gebäudes gegenüber der gleichnamigen Kurve. 

Entweder hatte Steve Soper, der sich schon auf dem Trip nach Hause wähnte, diese nasse Prozedur vergessen oder auch nur verdrängt: Jedenfalls wurde natürlich auch er, der Sieger, unsanft in diese unangenehm dunkle Brühe befördert, Duschen stand also nochmals an (Nummer 3). Aber nicht nur er entstieg diesem Nass wie der sprichwörtlich begossene Pudel. Auch sein Teamchef Rafanelli tropfte von Kopf bis Fuß, sogar aus seinem Geldbeutel floss Wasser! Wenigstens er aber lachte er vor Freude, hatte sein Team doch dank eines Husaren-Ritts von Steve Soper erstmals die 24 Stunden von Spa gewonnen.

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