Über Otmar Szafnauer
Als das Schiff namens Force India 2018 in überaus unruhiges Wasser geriet, gab es einen Mann, der die Ruhe behielt: der damalige Geschäftsleiter Otmar Szafnauer. Der in Rumänien geborene Szafnauer behielt die Nerven, selbst als auf der Kippe stand, ob der Rennstall aus Silverstone – einst aus Jordan hervorgegangen – überleben kann oder zusperren muss. Szafnauer arbeitete unermüdlich daran, für sein Team eine Lösung zu finden, tatsächlich wurde das im Sommer geschafft, und die neuen Rennstallbesitzer belohnten gelernten Elektrotechniker mit einer Beförderung. Aus dem Geschäftsleiter Szafnauer wurde der Teamchef Szafnauer.
Szafnauer: «Ohne die Übernahme durch Lawrence Stroll hätte der Rennstall seine Arbeit nicht fortsetzen können. Wir hätten wir im August 2018 keine Rennen mehr bestreiten können.»
Aber wer ist dieser Mann mit dem ungewöhnlichen Namen eigentlich?
Otmar Szafnauer wurde am 13. August 1964 in Rumänien geboren, als Sohn eines US-Amerikaners und einer Rumänin. Mit sieben Jahren zog die Familie nach Detroit um. Otmar studierte an der Wayne State Universität Elektrotechnik, anschliessend machte er einen Abschluss in Wirtschaft und Finanzen.
1986 wurde er von Ford engagiert, um an längerfristigen Projekten zu arbeiten. 1998 tauchte er erstmals in der Formel 1 auf, als Einsatzleiter von British American Racing (BAR). Als Honda dieses Team übernahm, rückte Szafnauer die Treppe hoch und wurde Vize-Präsident von Honda Racing Developments (HRD), der Rennabteilung der Japaner, zudem sass er nun auch in der Geschäftsleitung des GP-Rennstalls von Honda.
Als sich Honda zwischendurch wieder mal aus dem Grand-Prix-Sport verabschiedete (aus ihrem Team wurde BrawnGP, dann der Mercedes-Werksrennstsall), gründete Szafnauer die Firma Soft Pauer, um für die Formel 1 am Zeitmess-System zu arbeiten. 2009 holte ihn Vijay Mallya zu Force India. Unter der besonnenen Arbeit von Otmar Szafnauer ging es stetig aufwärts – WM-Rang 9 in der Saison 2009, siebter Platz 2010, sechster Rang 2011, wieder Siebter 2012, dann 2013 und 2014 Sechster, 2015 Fünfter sowie 2016 und 2017 Gesamvierter. Dies nicht zuletzt dank Mercedes-Power, die Szafnauer für sein Team schon ab 2009 gesichert hatte. Nur die Top-Teams von Mercedes, Ferrari und Red Bull Racing waren besser, und Szafnauer betonierte den Ruf des Teams als Effizienz-Weltmeister.
Otmar Szafnauer ist erleichtert, dass sein Rennstall dank neuer Investoren nun endlich tüchtig ausbauen kann. Das Rennwagenwerk platzt aus allen Nähten: Es wurde einst von Eddie Jordan konzipiert, aber damals arbeiteten nicht halb so viele Spezialisten beim Formel-1-Rennstall. Hundert Aerodynamiker sitzen beim alten Windkanal, gut zehn Kilometer von Silverstone entfernt. Dabei wird dieser Windkanal von Force India gar nicht mehr benutzt.
Es gibt zwei Möglichkeiten: Das heutige Werk vergrössern oder bei null anfangen. Otmar Szafnauer weiter: «Als wir den Windkanal noch verwendet haben, machte es durchaus Sinn, dass die Aerodynamiker dort arbeiten. Wir wollen, dass sie zurückkehren. Wir könnten mit neuem Land unsere Fläche verdreifachen. Wir schätzen, dass diese Arbeit ungefähr 30 Monate dauern würde.»
«Derzeit prüfen wir, was sinnvoller ist: Ausbauen oder neu bauen. Wenn wir ausbauen, dann würden wir das heutige Werk als reinen Herestellungsort nutzen.»
«Wenn wir das unmittelbar angrenzende Land nicht erwerben können, dann ist das auch kein Problem. Dann bauen wir ein komplett neues Werk, das nicht weit entfernt ist. Es gibt genügend Angebote. Aber eigentlich wollen wir am gleichen Ort bleiben oder in der Nähe, um die Arbeitswege der Angestellten nicht zu beeinträchtigen.»
«Wenn nötig, dann bauen wir auch eine Anlage mit Windkanal. Aber solche Kanäle sind teuer, ein Spitzenwindkanal kann bis zu 100 Millionen Pfund kosten. Da die Nutzung des Windkanals ohnehin beschnitten werden soll, im Rahmen des kommenden Kostendeckels, ist diese Investition fragwürdig.»
Szafnauer hat ausgerechnet, was Force India vor dem Hintergrund der geplanten Budgetobergrenze zusätzlich ausgeben könnte. «Die Rede ist von 150 Millionen Dollar als Obergrenze, wir liegen derzeit bei knapp über 100 Millionen. Also hätten wir ein Budget, das um 50 Millionen höher wäre.»
Die Effizienz seines Teams will Szafnauer bewahren. «Das habe ich allen klargemacht, auch wenn der finanzielle Druck vielleicht nicht mehr so gross ist wie früher. Wir wollen unsere Einstellung und die DNA des Teams nicht verändern und wir können und dürfen unsere Effizienz nicht verlieren. Denn es spielt keine Rolle, wer man ist, die Budgets sind immer beschränkt, keiner hat unendlich viel Geld zur Verfügung. Wir werden uns also auch weiterhin beschränken müssen, aber wir werden in der Lage sein, die Rechnungen unserer Zulieferer pünktlich zu bezahlen.»
Der Force-India-Rennstall aus Silverstone hatte in den vergangenen Jahren vorbildliche Arbeit geleistet, jahrelang zeigte die Formkurve nach oben: Siebter Schlussrang im Konstrukteurs-Pokal 2012, dann 2013 und 2014 jeweils Platz 6, 2015 Steigerung auf Rang 5, bevor das Team 2016 und 2017 nur die drei Top-Teams vor sich hatte – vierter Platz bei den Marken, das war in Sachen Effizienz weltmeisterlich.
2018 schrammte der Rennstall am Kollaps vorbei und musste unter Gläubigerschutz gestellt werden. Mit neuen Besitzern – einer Geschäftsgruppe um den Unternehmer Lawrence Stroll – geht es aufwärts, aber im hartumkämpften Mittelfeld sackte das Team zwischendurch auf den achten Platz ab. Grund: Nach gutem Saisonstart (Punkte in den ersten vier Rennen) folgte eine Flaute, mit nur einem neunten Platz in sechs WM-Läufen.
Teamchef Otmar Szafnauer (55) liess sich nie aus der Ruhe bringen. Der in Rumänien geborene US-Amerikaner sagte: «Wir haben in den vergangenen Monaten gesät, jetzt ist es Zeit für die Ernte. Wir haben in Sachen Aerodynamik viel getan und wollten in der zweiten Saisonhälfte regelmässig punkten.»
Der verlässliche Sergio Pérez fuhr prompt in sechs von sieben Rennen nach der Sommerpause in die Punkte: Sechster in Belgien, Siebter in Italien und Russland, Achter in Japan, erneut Siebter in Mexiko, Zehnter in den USA. Nur in Singapur ging der Mexikaner leer aus.
Bei Lance Stroll lief es nicht ganz so gut: Er konnte nur zwei Mal punkten, als Zehnter in Spa-Francorchamps und als Neunter in Suzuka.
Teamchef Otmar Szafnauer: «Wir liegen in der WM 18 Punkte hinter Renault, das ist in zwei Rennen schwerlich aufzuholen. Aber es muss ein realistisches Ziel sein, diesen sechsten Platz zu verteidigen, da liegen wir einen Punkt vor Toro Rosso. Die erste Saisonhälfte war nicht ganz einfach, inzwischen liegen vor im vorderen Mittelfeld. Aber natürlich wollen wir mehr.»
«Nach den bekannten Vorkommnissen vom vergangenen Jahr war es uns immer klar, dass die Saison 2019 kein Spaziergang werden würde. Schön ist, dass wir endlich finanziell so aufgestellt sind, dass wir nach Herzenlust entwickeln können. Die Team-Besitzer verstehen, was wir brauchen, aber wir werfen das Geld nicht zum Fenster hinaus. Wir reichen Budget-Wünsche ein, und dieses Budget muss eingehalten werden.»
«Schon vor der Saison wurde deutlich: Der Kampf im Mittelfeld würde sehr hart werden. Nur wer an einem bestimmten Wochenende optimal arbeitet, setzt sich durch. Aufgrund der Schwierigkeiten im vergangenen Jahr konnten wir das Jahr nicht mit dem bestmöglichen Auto beginnen. Inzwischen sind wir eher bei der Musik.»
Bewegt sich die Formel 1 mit den Plänen für 2021 in die richtige Richtung? Otmar Szafnauer meint: «Schwer zu sagen. Ich glaube, die Ziele sind die richtigen. Ob aber der Lösungsweg der korrekte ist, das muss sich zeigen.»
Was sagt Szafnauer über seine Fahrer? Otmar meint zu Lance Stroll: «Ein schlauer Kerl, noch immer sehr jung. Seine Starts wird wirklich eine Schau, er macht jedes Mal viele Ränge gut. Aber er ist noch immer am Lernen, vor allem beim Reifen-Management. Er hatte ein paar Mal Pech. Er startet wie gesagt in der Regel gut, aber dann kommen sich vor ihm zwei Gegner in die Quere, und ihm geht der Raum aus.»
Jeder kennt die Qualitäten von Sergio Pérez. Szafnauer lobt: «Er hat es in Texas aus der Boxengasse unter die Top-Ten geschafft, das war ein hartes Stück Arbeit. Aber generell haben wir uns in Austin unter Wert geschlagen. Wir hätten auf Augenhöhe mit Renault fahren sollen, was die reine Konkurrenzfähigkeit des Chassis angeht. Aber das mit dem Boxengassenstart hätte nie passieren dürfen.»
Racing Point wurde WM-Siebter 2019, Formkurve steigend. In der Corona-Saison 2020 setzte das Team zwei fette Ausrufezeichen. Lance Stroll konnte seinen Wagen in der Türkei auf Pole-Position stellen, fiel im Rennen aber wegen einer Beschädigung am Frontflügel zurück, die zu übermässigen Reifenverschleiss führte, Siegchance dahin.
Besser lief es für Sergio Pérez: Sensationeller GP-Sieg beim Grossen Preis von Sakhir 2020! Teamchef Otmar Szafnauer erlebte ein Wechselbad der Gefühle. Erst gab es eine Kollision zwischen Sergio Pérez und Charles Leclerc, doch am Ende standen der Mexikaner als Sieger und sein Teamkollege Lance Stroll als Dritter gemeinsam auf dem Podest. Teamchef Otmar Szafnauer schwärmte: «Was für eine grossartige Leistung, Sergio schaffte es vom letzten auf den ersten Platz. Nicht viele Fahrer können das von sich behaupten.»
«Für mich persönlich ist es der zweite Sieg in der Formel 1 und es ist einfach überwältigend», so Szafnauer, der 2006 als Vizepräsident von Hondas Motorsport-Abteilung mit Jenson Button über dessen ersten Sieg in Ungarn jubeln durfte. «Aber wichtiger ist, dass es hier nicht um mich geht, sondern um das Team. Es ist eine gigantische Team-Leistung von allen Jungs und Mädels in Silverstone. Sie haben hart gearbeitet, um ein Auto auf die Räder zu stellen, das zuverlässig und konkurrenzfähig ist.»
«Wir hatten vergangene Woche einen grossen Crash und ein Auto, das brannte. Am Sonntag hatten wir weniger als eine Woche Zeit, um genügend Teile zu produzieren. Jeder arbeitete Tag und Nacht, um dies zu schaffen und am Donnerstag flog das Flugzeug von Lawrence Stroll alles ein, sodass wir zwei Autos aufbauen konnten. Es war also Teamwork, und nicht die Arbeit eines Einzelnen. Alle sind überglücklich und es gab Freudentränen. Es ist einfach grossartig.»
2021 wurden aus den Pink-Panthern von Racing Point neu die grünen Rennwagen von Aston Martin. Pérez war zu Red Bull Racing gezogen, dafür sass neu Sebastian Vettel im Auto.
Aber die Grünen enttäuschten: nur siebter WM-Rang, mit Rang 2 von Sebastian Vettel im Chaosrennen von Baku als Highlight. Vettel wurde auch Zweiter in Ungarn, verlor aber diesen Platz, weil im Auto zu wenig Sprit für die erforderliche Probe der Regelhüter gefunden wurde.
Schon im Spätsommer 2021 gab es Gerüchte, wonach der Haussegen bei Aston Martin schief hänge. Szafnauer dementierte ein ums andere Mal. Seit einer Geschichte im französischen Wochenmagazin AutoHebdo war der Teufel los: Otmar Szafnauer werde seinen Posten als Teamchef von Sebastian Vettel bei Aston Martin quittieren, um die gleiche Funktion 2022 bei Alpine zu übernehmen.
Zunächst kam von beiden Rennställen postwendend die Wortmeldung, man nehme prinzipiell zu Klatschgeschichten keine Stellung. Danach sagte Sebastian Vettel: «Von diesen Gerüchten habe ich eben erst gehört. Ich kann nur sagen – ich komme sehr gut mit Otmar aus, und er hat eine zentrale Rolle dabei gespielt, dass ich zu Aston Martin gekommen bin. Er ist ein wichtiger Mann bei uns.»
Im Rahmen der FIA-Pressekonferenzen der Teamchefs ist Szafnauer natürlich gelöchert worden. So reagierte der seit zwölf Jahren für den Rennstall aus Silverstone arbeitende Manager: «Ich weiss nicht, was da genau geschrieben worden ist. Ich war so überrascht wie wohl alle, von dieser Geschichte zu hören.»
«Es ist schmeichelhaft, mich mit anderen Teams in Verbindung zu bringen. Laurent Rossi von Alpine hat in Mexiko davon gesprochen, das Management neu aufzustellen, so ist wohl entstanden, dass ich Teil davon sein könnte.»
Gemäss Szafnauer hat er den angeblichen Wechsel nicht mit Aston Martin-Besitzer Lawrence Stroll diskutiert. «Wir reden in der Regel nicht über Spekulationen.»
Die Worte von Szafnauer liessen Spielraum für Interpretation. Ist er bereit, kategorisch zu sagen, dass die AutoHebdo-Story pure Erfindung sei und er mit keinem anderen Rennstall spreche? Szafnauer wich aus: «Ich spreche nicht französisch, also kann ich diese Frage nicht beantworten. Ich bin hier seit zwölf Jahren und habe nicht die Absicht, es zu verlassen. Ich liebe dieses Team. Der grösste Teile des Managements ist durch mich auf ihre Posten gekommen. Ich lasse sie nicht im Stich. Ich bin diesem Team loyal. Ich habe schon seit langem gelernt – es ist unmöglich, die Zukunft zu bestimmen. Wenn ich das könnte, wäre ich jetzt nicht hier, sondern in Las Vegas.»
Anfang November 2021 kündigte Alpine-Geschäftsleiter Laurent Rossi Veränderungen beim Formel-1-Werksrennstall des Renault-Konzerns an: «Wir haben in dieser Saison schöne Ergebnisse eingefahren. Ob die heutige Organisation aber reicht, um uns den künftigen Herausforderungen zu stellen, das ist eine andere Frage. Ich werde die Aufstellung des Top-Managements in aller Ruhe prüfen.»
Am 13. Januar 2022 war klar: Technik-Direktor Marcin Budkowski muss gehen. Der gebürtige Warschauer hatte Alpine 2021 in einer Art Doppelspitze zusammen mit dem Italiener Davide Brivio geleitet. Der Posten des klassischen Teamchefs blieb unbesetzt.
Im Januar 2022 bestätigte Aston Martin, dass Szafnauer den Rennstall verlässt, im Februar verkündete Alpine, dass Otmar nunmehr in Blau arbeitet.
Die Trennung von Budkowski machte den Weg frei für Otmar Szafnauer. Im Rahmen der Formel-1-Wintertests 2022 auf dem Bahrain International Circuit sprach Szafnauer erstmals darüber, wieso er das Team aus Silverstone verlassen hat. Auf F1TV sagte der US-Amerikaner mit rumänischen Wurzeln: «Zwei Päpste, das geht nicht.
Szafnauer musste den Namen von Aston Martin-Teambesitzer Lawrence Stroll gar nicht in den Mund nehmen, um klarzumachen – der kanadische Unternehmer mischte sich zu sehr ins Tagesgeschäft ein.
Szafnauer verglich: «Der frühere Rennstallbesitzer Vijay Mallya kam vielleicht an vier Tagen im Jahr in die Rennwagenfabrik, um sich auf dem Laufenden zu halten. Aber die Arbeit per se hat er komplett uns überlassen. Das war eine andere Arbeitsweise als unter Stroll, und das funktionierte so nicht.»
Szafnauer betonte: «Ich habe eine tolle Beziehung zu den Männern und Frauen in Silverstone behalten. In meinen zwölf Jahren dort habe ich die Grösse des Teams mehr als verdoppelt. Diese Leute werde ich vermissen.»
Viel Zeit zum Vermissen gab es nicht. Szafnauer hatte gleich ziemlich zu tun. Nicht nur, dass die Alpine-Renner zu oft ausfielen und es zwischen Ocon und Alonso Spannungen gab, die Alpine-Führung hatte auch die Vertragsverhandlungen mit Piastri und Alonso versemmelt, und Otmar Szafnauer wurde dafür verantwortlich gemacht.
Das Tauziehen um das junge Supertalent Oscar Piastri fand mit dem Urteil des FIA-Schiedsgerichts für Vertragsstreitigkeiten ein Ende zu Gunsten von McLaren. Das Alpine-Team muss den 21-Jährigen ziehen lassen, nachdem es sehr viel Geld und Aufwand in die Ausbildung des jungen Australiers gesteckt hatte, den es als Nachfolger für den zu Aston Martin abwandernden Altmeister Fernando Alonso in der nächsten Saison hatte einsetzen wollen.
Teamchef Otmar Szafnauer hatte zuvor beteuert, dass Piastri im nächsten Jahr sicherlich für das französische Werksteam antreten werde, auch hatte er die Integrität des Rennfahrers aus Melbourne in Frage gestellt. Entsprechend viel Häme musste er sich anhören. So äzte etwa McLaren-CEO Zak Brown bei «NBC Sports»: «Wenn wir uns die ganzen Aussagen von Otmar ansehen, wie zuversichtlich er war und das alles, dann schaut er nun ein wenig doof aus.»
«Das ist genau der Grund, wieso es in solchen Situationen besser ist, den Mund zu halten. Wenn die Fakten auf dem Tisch liegen, kann man sich immer noch äussern», fügte der amerikanische Teammanager an.
Im Fahrerlager gibt es auch viele, die Mitleid für Szafnauer empfanden. Dazu gehört Nico Rosberg. Der Weltmeister von 2016 «Natürlich habe ich Mitgefühl mit Otmar, der die ethischen Aspekte angesprochen hat.»
Gleichzeitig betonte der Deutsche aber auch: «Wir wissen aber auch, dass dies ein Business ist und als sich die Chance für Oscar ergab, einen Platz bei McLaren zu bekommen, dann musste er diese wahrnehmen. Als junger Fahrer musst du das tun. Du kannst nicht einfach nur auf Alpine warten und schauen, was Fernando Alonso tut und was das Team entscheidet.»
«Da wurde einfach ein Fehler an der rechtlichen Front gemacht, denn wenn du einen derart guten Nachwuchsfahrer hast, in den du auch noch so viel Geld steckst, dann musst du den Vertrag hieb- und stichfest machen und ihn für fünf bis zehn Jahre verpflichten. Ich kann es kaum glauben, dass man da diese Schlupflöcher offen gelassen hat.»
Für Otmar Szafnauer ist das Verhalten des jungen Nachwuchsstars schwer nachvollziehbar: «Ich hätte mehr Loyalität von Oscar erwartet. Ich stieg 1989 in der Formel 1 ein und habe so etwas noch nie erlebt. Und es geht nicht um die Formel 1, es geht um die persönliche Integrität. Es könnte auch im Eishockey oder im Fussball passieren – das spielt keine Rolle. So etwas macht man einfach nicht. Er hat ein Dokument unterschrieben, das besagt, dass er was anderes machen wird.»
«So, wie ich erzogen wurde, ist es nicht nötig, etwas zu unterschreiben, denn wenn mir jemand sagt: ‚Hey, hilf mir, ich helfe dir morgen‘, dann würde ich unter keinen Umständen mein Wort brechen. Das würde niemals passieren.»
«Er sollte für das Team fahren, das sich um ihn gekümmert und ihn in ein Formel-1-Auto geätzt hat, damit der bereit ist und die Strecken kennt. Es sollte doch eine gewisse Loyalität geben angesichts der Tatsache, dass wir buchstäblich Millionen investiert haben, um ihn auf die Formel 1 vorzubereiten. Ich verstehe sein Handeln also auch nicht.»
Eigentlich lautete der Alpine-Plan, den talentierten Nachwuchsfahrer Oscar Piastri bei Williams zu parken, um Fernando Alonso noch ein weiteres Jahr an der Seite von Esteban Ocon fahren zu lassen. Doch der Spanier konnte sich nicht mit der Teamleitung einigen – die Vertragsdauer war offenbar der grosse Zankapfel. Deshalb entschied er sich kurzerhand, zum Aston Martin Team zu wechseln, um dort den in Rente gegangenen Sebastian Vettel zu ersetzen.
Die Alpine-Teamführung reagierte und verkündete gleich die Beförderung von Piastri zum zweiten Stammpiloten für 2023 – doch der hatte sich mittlerweile mit McLaren geeinigt, um dort das Cockpit von Daniel Ricciardo zu übernehmen. Alpine-Teamchef Otmar Szafnauer machte aus seiner Enttäuschung über den unerwarteten Abgang des Australiers kein Geheimnis, sah sich aber, nach einem vergeblichen Versuch vor einem FIA-Schlichtungsgremium, Piastri vom Wechsel abzuhalten, bald nach geeigneten Kandidaten für den zweiten Alpine-Renner um.
Die Wahl fiel schliesslich auf Pierre Gasly, der das AlphaTauri-Team und damit die Red Bull-Familie ein Jahr früher als geplant verlassen hat. Szafnauer war davon überzeugt: Seine Mannschaft hat 2023 das stärkere Fahrer-Duo als mit Ocon und Piastri.