Zum Kuckuck: Wie der Chaparral für Furore sorgte

Jim Hall, Vollblut-Racer und ewiger Forschergeist
Eigentlich wollte der Amerikaner James Ellis «Jim» Hall, 1935 in Texas geboren und in Colorado aufgewachsen, Geologie studieren. Kein Wunder, stammte er doch aus einer Familie, die durch Öl reich wurde. Im Alter von 19 Jahren – sein Vater, seine Mutter und seine Schwester waren bei einem Flugzeugunglück ums Leben gekommen – hatte er sich an der Universität eingeschrieben.
Sein Bruder Dick führte das Ölgeschäft weiter, und nur zum Spaß fuhr der junge Hall erste Rennen mit dessen Austin Healey. Dabei lernte er einen gewissen Carroll Shelby kennen, ein Rauhbein, das 1959 mit Roy Salvadori auf einem Aston Martin DBR1 das 24-Stunden-Rennen von Le Mans gewonnen hatte.
Jim Hall ließ sich über ihn infizieren vom Motorsport-Virus, wechselte ins Studienfach als Ingenieur. Und er fuhr bereits 1960 beim Großen Preis der USA im kalifornischen Riverside sein erstes Formel-Auto, einen Lotus Formel 2 mit einem 2,5-Liter-Climax-Motor.
1963 wechselte er schließlich in die Formel 1, trat bei einem britischen Team mit dem Lotus BRM 1.5 V8 an und holte in elf Rennen immerhin drei Punkte.
Doch schon zwei Jahre zuvor hatte der findige Hall begonnen, seinen eigenen Rennwagen zu bauen, den Chaparral. Benannt nach dem Road Runner, einem Vogel aus der Gattung der Kuckucke, entstand zusammen mit Partner und Copilot Hap Sharp sowie Chevrolet als Motoren-Lieferant ein außergewöhnliches Auto: Denn Hall verwendete erstmals nicht nur ein Zwei-Gang-Automatik-Getriebe, der Chaparral besaß zudem erstmals einen riesigen Heckflügel, wie er kurz darauf auch in der Formel 1 Verwendung fand.
Als Antrieb diente, klassisch für starke US-Autos, ein 5,4 Liter großer V8-Motor aus dem Regal von General Motors, der immerhin 430 PS auf die Kurbelwelle stemmte, 1967 war bereits ein sieben Liter großes Aggregat mit 550 PS und einer Dreigang-Automatik im Einsatz.
Schon 1965 stellten sich beachtliche Erfolge ein, Hall war mit seiner eigenen Konstruktion in 16 von 21 US-Rennen erfolgreich, unter anderem siegte er bei den 12 Stunden von Sebring. Das ermutigte den findigen Texaner, mit seinem revolutionären Auto auch in Europa an den Start zu gehen.
Unvergessen sein Sieg mit dem Chaparral 2D beim 1000-Kilometer-Rennen 1966 auf dem Nürburgring: Die beiden Fahrer Joakim Bonnier und Phil Hill pflügten mit diesem schon optisch auffälligen weißen Auto durch das Feld der renommierten Konkurrenz, die an diesem Tag keine Chance gegen das US-Monster haben sollte. Es deklassierte die beiden favorisierten Ferrari 206 S mit Ludovico Scarfiotti/Lorenzo Bandini und Pedro Rodríguez/Richie Ginther klar – auf einen Schlag war der Chaparral bekannt und gefürchtet, trat noch bei weiteren Sportwagen-Rennen an.
In seiner weiter entwickelten Variante Chaparral 2F sollte er aber im wahrsten Wortsinn noch mehr Staub aufwirbeln.
Denn 1970 hatte Jim Hall einen Sportwagen mit seitlichen Schürzen entworfen und gebaut. Darunter trieb ein kleiner Zweitaktmotor aus einem Schneemobil zwei Gebläse mit jeweils 17 Zoll Durchmesser an. Diese saugten die Luft unter dem Auto an und sorgten somit für einen deutlich erhöhten Anpressdruck, der so genannte «Staubsauger-Rennwagen» war geboren.
Nicht nur aufgrund dieser genialen Erfindung, die später auch Niki Lauda in einem Brabham-F1-Auto ausprobierte, wurde Jim Hall 1997 die Ehre zuteil, in die International Motorsports Hall of Fame in Talladega/Alabama (USA) aufgenommen zu werden. Für die vielen Chaparral-Fans aber lebt seine besondere Konstruktion vor allem als sehr gesuchtes Modellauto weiter.