Sieger Ken Roczen (Honda): Das Lächeln ist zurück
Ken Roczen siegte in Thunder Valley souverän
Noch vor Wochenfrist zweifelte der deutsche HRC-Werksfahrer Ken Roczen an seiner Konkurrenzfähigkeit: Zu lange sei er keine Motocrossrennen gefahren. Er berichtete von Rundenrückständen von 5 Sekunden. Die neue Honda sei auch noch nicht perfekt auf seine Bedürfnisse abgestimmt und er wolle sich von Wochenende zu Wochenende steigern.
Doch besser als am letzten Samstag hätte es Roczen nicht machen können! Zunächst brannte er im Qualifying die schnellste Rundenzeit in den Boden. Er teilte sich im ersten Lauf die Kräfte ein, ging einer anfänglichen Rangelei mit Adam Cianciarulo (Kawasaki) clever aus dem Wege und beobachtete erst einmal, was Tabellenführer Dylan Ferrandis (Yamaha) im Köcher hat. Als am Ende des Rennens und unter den Bedingungen in 1.500 Metern Höhe Steherqualitäten gefragt waren, war der Thüringer wieder zur Stelle: Die Rundenzeiten von Cianciarulo wurden um durchschnittlich 4 Sekunden langsamer, während Roczen den Kurs wie ein Uhrwerk umrundete. Auch der führende Ferrandis konnte seine Rundenzeiten nicht bis zum Ende durchhalten. Als Roczen die Lücke zu Leader Ferrandis schloss, musste er keinen weiteren Angriff starten, denn der Franzose selbst kam nach einer Rhythmuspassage von der Strecke ab und machte den Weg für Roczen frei. Die Tatsache, dass Ferrandis zu diesem Zeitpunkt ohne Hinterradbremse unterwegs war, hat dabei zwar eine Rolle gespielt, entscheidend war in dieser Phase des Rennens dennoch die Physis.
Seit Roczen seine schweren Verletzungen überwunden hatte, haderte er immer wieder mit verschiedenen Problemen. Eines seiner Hauptprobleme waren mit KTM-Werksfahrer Cooper Webb verbunden. Die Auseinandersetzungen mit Webb spielten besonders nach seiner zweiten Verletzung eine Rolle. Webb seinerseits nutzte diese Situation in diesem Jahr mit mentalen Spielchen zu seinen Gunsten aus. Ohnehin für harte Attacken bekannt, teilte er besonders gegen Roczen aus und bezwang den Deutschen letztlich im Kampf um die Supercross-WM.
Tauchte Webb in der Nähe Roczens auf, schien der Deutsche ein Blockade zu haben. Von dieser Blockade war in Thunder Valley nichts mehr zu spüren. Webb hatte den 'holeshot' zum zweiten Lauf gewonnen und Roczen vertraute auf seinen Speed und ließ Webb stehen. Roczen wirkte wie der Fahrer, der er vor seinen Verletzungen war.
Das wichtigste Ergebnis von Thunder Valley steht in keiner Ergebnisliste: Roczen scheint diese Blockaden nun endgültig überwunden zu haben. Das macht nicht nur Hoffnung auf die US Nationals in diesem Jahr, sondern auch auf die Supercross-WM 2022.
Thunder Valley war und ist ein Kurs, der Roczen natürlich auch liegt. Unvergessen ist sein Husarenritt beim Motocross der Nationen im Jahre 2010 an gleicher Stelle. Mit der 250 ccm Suzuki holte er die Ränge 3 und 6. Die deutsche Nationalmannschaft wurde damals zusammen mit Max Nagl und Marcus Schiffer Gesamt-Dritter hinter Team USA und Belgien.
«Es war ein perfekter Tag», resümierte Roczen am letzten Samstag. «Wir haben in dieser Woche weiter getestet und ein gutes Bike-Setup gefunden», erklärte der HRC-Werksfahrer. «Aber die Verbesserung zeigt sich nicht im Training sondern im Rennen.»
So strahlend wie in Thunder Valley haben wir Ken Roczen schon lange nicht mehr erlebt! Sein offenes Lächeln auf dem Podium ist endlich zurückgekehrt!