Nürburgring-Nordschleife: Start in eine neue Ära
Nach gut einem Jahr gibt es wieder Motorsport ohne Tempolimit auf der Nürburgring-Nordschleife.
Ziemlich genau vor einem Jahr passierte das Undenkbare, als beim VLN-Saisonauftakt ein Rennfahrzeug im Streckenabschnitt Flugplatz in die Zuschauermenge flog und dabei einen Zuschauer tödlich verletzte. Als Reaktion darauf wurden zu erst alle GT3 Fahrzeuge und weitere Hochleistungssportwagen aus der «Grünen Hölle» verbannt, ehe sie durch ein neueingeführtes Tempolimit die Starterlaubnis zurückerhielten. Über den Winter hat der Deutsche Motorsport Bund (DMSB) zusammen mit den beteiligten Herstellern, Teams, Fahrern und dem Nürburgring die Regelungen für den Motorsport auf der Nürburgring-Nordschleife überarbeitet.
So wurde die Nürburgring-Nordschleife in einigen Abschnitten neu asphaltiert, wodurch einige Bodenwellen abgetragen wurden. Außerdem sind neue Sicherheitszonen festgelegt sowie zusätzliche Leitplanken und FIA-Zäune installiert worden. Auch bei den Fahrzeugen der Spitzengruppe wurden Veränderungen vorgenommen, so wurde die Aerodynamik zum Teil beschnitten und die Leistung um ungefähr zehn Prozent im Vergleich zum Beginn der Saison 2015 reduziert. Daneben müssen nun diese Autos mit einem Anti-Lift-System ausgestattet sein, welches im Zweifelsfall ein Abheben der Fahrzeuge verhindern soll.
Größter Streitpunkt war über den Winter die Nordschleifen-Permit, also jener Zusatzführerschein den ein Rennfahrer zum Start auf der legendären Rennstrecke benötigt. Hier gibt es nun ein klares Qualifizierungs- und Aufstiegssystem sowie ein E-Learning Tool, welches die Besonderheiten der «Grünen Hölle» besser vermitteln soll.
Neben Arbeiten an der Rennstrecke, Leistungsbegrenzungen für die Topfahrzeuge und einem Umdenken bei der Nordschleifen-Permit gibt es auch eine Neuregelung im Bezug auf die Regelung bei Doppel-Gelb, also bei allen Gefahrensituationen. In Zukunft gilt bei Doppel-Gelb ein Tempo-Limit von 120km/h anstatt der bisher angewandten 60km/h. Nur in besonders gefährlichen Situationen, bei denen zum Beispiel ein Sportwart einem verunfallten Teilnehmer zur Hilfe eilt, wird mittels der gelben Flagge und der Code-60-Flagge das Feld auf 60km/h verlangsamt. «Wir haben diese Änderung vorgenommen, um die extremen Bremsvorgänge auf Tempo 60 zu vermeiden», sagt Andreas Mühlenbernd, Leiter der Streckensicherung bei VLN-Rennen auf dem Nürburgring. «In der Vergangenheit hat dies des Öfteren zu Auffahrunfällen geführt. Die neue Regelung führt zu weniger Code-60-Phasen, damit zu weniger Folgeunfällen. Das kommt der Sicherheit und dem Fahrspaß zugute.»
Um diese Regelungen umsetzen zu können hat die VLN-Langstreckenmeisterschaft über den Winter einige Änderungen vornehmen müssen, so wurde der Funkverkehr durch den Nürburgring optimiert und die Sportwarte erhielten spezielle Schulungen. Abgerundet wurden die Vorbereitungen durch mehrere Tests in Echtzeit. Die Schulungen waren notwendig, da bei den Veranstaltungen auf der Nordschleife ausschließlich der Sportwart über die Notwendigkeit einer gelben Flagge entscheidet. »Das ist anders als in anderen Rennserien, die ausschließlich auf modernen Grand-Prix-Kursen stattfinden, bei denen die Sportwarte per Funk entsprechende Anweisungen direkt aus der Rennleitung erhalten. Deshalb waren die speziellen Schulungen und das Training notwendig», so Mühlenbernd. «Beim ersten Mal hatten wir noch ein paar logistische Probleme, beim zweiten Test verlief alles reibungslos. Alle Beteiligten waren sehr zufrieden.»