DTM: Wie war das epische Rennen möglich?
Timo Glock und Gary Paffett
Von diesem Rennen wird man noch lange reden. Nicht nur, weil es spektakulär und spannend war. Es war ohne Frage eines der besten Rennen in der jüngeren Vergangenheit. Ein Weckruf, wie geil die DTM immer noch sein kann. Da leuchteten selbst bei Rennfahrern jenseits der 30 die Augen wie bei kleinen Kindern, die Geschenke auspacken dürfen.
Viele Geschenke. Die Hauptprotagonisten Timo Glock, Mike Rockenfeller und Gary Paffett bekamen das Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht.
Glock jubelte nach der Zieldurchfahrt ausgelassen, feuerte ganze sechsmal das böse F-Wort durch den Funk. Unter anderem an Mercedes gerichtet (und freundlich übersetzt): «Ihr verdammten Idioten, ihr dürft diese Meisterschaft nicht verlassen.»
DTM-Chef Gerhard Berger stellte das Rennen kurzerhand auf eine Stufe mit der MotoGP. «Wir haben unseren Fans Rad-an-Rad-Duelle versprochen und heute haben wir geliefert«, sagte Berger. «Die Änderungen am Reglement waren gering, aber das, was wir gemacht haben, war offensichtlich eine Punktlandung.»
Vor der Saison wurde die Aerodynamik vereinheitlicht und vereinfacht und der Abtrieb reduziert, um rund 30 Prozent. Damit sollten die Autos nicht nur schwieriger zu fahren sein, man sollte vor allem besser hintereinander herfahren können. Das neue Aeropaket ist es aber nicht alleine. «Die veränderte Aerodynamik ist gar nicht mal der Hauptgrund dafür, dass es so viele packende Kämpfe auf der Strecke gibt. Wir haben diese Spielchen nicht mehr, was die Gewichte angeht. Du kannst jetzt Vollgas fahren. Und das wollten wir alle. Umso schöner und purer ist das Racing», sagte Rockenfeller: «Die Autos sind etwas stabiler geworden und alle Teile sind geblieben, wo sie hingehören.»
Glock stimmt zu. Ganz klar: Früher wären in den rundenlangen Zweikämpfen viel mehr Teile abgeflogen, in den vergangenen Jahren reagierten die aufgeplusterten Boliden auf jeden Kontakt. Es wäre gar nicht zu dem Dauerfight gekommen, weil mindestens ein Auto nach dem ersten Lackaustausch und fehlenden Flicks unfahrbar geworden wäre. Glock: «Die Autos sind nicht mehr so sensibel. Sie verlieren schon noch viel Abtrieb, aber konstant und darauf kann man sich einstellen.»
René Rast konnte sich den epischen Fight um den Sieg aus nächster Nähe anschauen, er hatte keine fünf Sekunden Rückstand auf Glock. Das Fahrverhalten sei immer noch sehr ähnlich, konstatierte er. «Ich habe mehr überholt als im vergangenen Jahr. Daher denke ich, dass es in die richtige Richtung geht», sagte der Audi-Pilot.
Gary Paffett ist froh, dass man den aktuellen Stand endlich erreicht hat. «Es hat lange gedauert, bis wir soweit gekommen sind. Aber alles, was jetzt angepasst wurde, von den Autos bis zu den Regeln, hat dieses Rennen möglich gemacht.» BMW-Boss Jens Marquardt bestätigt das: «Die Autos können jetzt hintereinander herfahren und guten Motorsport zeigen, genauso wie es beim Tourenwagensport sein soll.»
Glock schwärmte vom geilsten Rennen, das er bislang gefabren sei, vor allem was die Dauer der Kämpfe anging: «Ich hatte mal so ein ähnliches Rennen mit Lewis Hamilton in der Türkei, in der GP2. Da ging es aber nur über zwei, drei Runden», so Glock, der weiß, dass Hockenheim diese Möglichkeiten aber auch bietet. Und: «Die Autos haben verschiedene Stärken, das kommt auch noch ins Spiel.» Klar ist aber auch: Es wird bei aller Euphorie jetzt nicht immer so weitergehen. Aber womöglich immer öfter.