Fernando Alonso: Vertragslos? Auszeit? Le Mans? Indy?
Fernando Alonso: Was plant er wirklich?
Fernando Alonso gilt im Fahrerlager als der kompletteste Formel-1-Fahrer, bei allem Respekt für seine Gegner. Bärenstarke Leistungen würde der Spanier kaum Rennen für Rennen zeigen, brächte er nicht eine gewisse Grundintelligenz mit. Und dazu gehört die Frage: Kann es wirklich sein, dass sich der Weltmeister von 2005 und 2006 im Vertragspoker um seine Zukunft komplett verzockt hat? Hat er geglaubt, er könne Ferrari alle Bedingungen diktieren, und wurde ihm deshalb am Donnertag nahegelegt, die Ferrari-Zukunft fände ohne ihn statt? Fiat- und Ferrari-Chef Sergio Marchionne beim Pariser Autosalon: «Niemand ist grösser als die Marke Ferrari.»
Die Gerüchte um Alonso spriessen fast schneller als wir schreiben können: Er bleibt bei Ferrari und Kimi Räikkönen wird in die Wüste geschickt. Nein, er wechselt zu McLaren-Honda. Nein, er kauft sich bei Lotus als Teilhaber ein. Nein, er will sich das mit McLaren erst mal in Ruhe angucken und setzt ein Jahr aus. Es kommt noch wilder – Alonso kehrt der Formel 1 den Rücken und fährt mit einem Toyota seinen alten Traum, Le Mans. Fehlt nur noch, dass Alonso zu Penske in ein Cockpit fürs Indy 500 geschrieben wird!
Wahrscheinlich dauert es nicht lange, bis auch das herumgereicht wird. Ebenfalls eine schöne Schmonzette: Bernie Ecclestone habe Ferrari bereits darüber informiert, dass 2015 mit Dreiwagenteams gefahren werde, und Ferrari komme mit Räikkönen, Vettel und Alonso daher ...
Einhellige Meinung im Suzuka-Fahrerlager, als es in die Nacht vor dem Rennen geht: Wieso sollte Alonso ständig sagen, er wisse, was er tue und er habe die freie Wahl, wenn er sich nicht längst entschieden hätte? Wenn er nicht genau wüsste, was er 2015 macht?
Aber vielleicht hat sich der 32fache GP-Sieger ja wirklich verspekuliert. Möglicherweise glaubte er: Wenn Ferrari gerne Vettel holen möchte, dann ginge bei ihm automatisch eine Tür zu Red Bull Racing auf. Vielleicht glaubte Alonso, Mercedes würde ihm den roten Teppich ausrollen. Oder dachte Alonso möglicherweise, Lewis Hamilton würde Mercedes im Affekt verlassen, wenn es nichts wird mit dem WM-Titel? Spanische Berichterstatter waren jedenfalls davon überzeugt, dass Alonso bald im Silberpfeil sitzen werde – was Niki Lauda als Gerücht verdampft hat. «Wir haben überhaupt nie mit Alonso gesprochen», stellte der Wiener in Japan fest.
In Sachen McLaren-Honda drängt sich der Eindruck auf: die Japaner umwerben Alonso heftiger als die Engländer. Kein Wunder, denn die Briten wissen aus der Saison 2007 und Alonsos Duell mit Lewis Hamilton, dass der Spanier nicht eben pflegeleicht ist.
Eines dürfte auch klar sein: Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone ist clever genug, hinter den Kulissen die Weichen so zu stellen, dass wir das Fan-Zugpferd Alonso nicht verlieren. Weder an Le Mans (schon gar nicht an Indy), noch in die Frührente.