MotoGP: Ein bittersüßer Moment für VR46

Was Vladimir Kavinov mit Schwanenstadt verbindet

Von Thoralf Abgarjan
Vladimir Kavinov sorgte im Jahre 1972 mit KTM in der 250er WM für Furore und wurde danach von der sowjetischen Föderation aus der WM ausgeschlossen. Dennoch schrieb er Sportgeschichte und hielt Rekorde über Jahrzehnte.

Es gibt eine besondere Verbindung zwischen dem MSV Schwanenstadt und Vladimir Ivanovitsch Kavinov (geboren am 25. Januar 1949 in Kowrow), die mit der langen Geschichte und Tradition des Vereins verbunden ist. 1969 wurde der Verein gegründet und bereits 8 Jahre später fand der erste WM-Lauf der 250er Klasse statt. Der Start erfolgte damals noch über den Steilhang. Der Große Preis von Österreich in Schwanenstadt war geprägt vom rasanten Aufstieg der KTM-Motorräder. 1972 war Vladimir Kavinov in Markelo (Niederlande) erstmals mit einem KTM-Motorrad unterwegs und auf Anhieb erfolgreich. Kavinov galt damals als das größte Talent der Sowjets. Erich Trunkenpolz, einer der Namensgeber von KTM (das «T» steht für Trunkenpolz), setzte sich persönlich für das Zustandekommen einer Vereinbarung zwischen KTM und den sowjetischen Fahrern ein.

Nach dem viel versprechenden WM-Debüt in Markelo am 7. Mai 1972 gab es am darauffolgenden Donnerstag, dem 11. Mai, ein weiteres Rennen im niederländischen Rhenen. In Holland war Vatertag und vor 25.000 begeisterten Zuschauern holte Vladimir Kavinov auf KTM den ersten großen internationalen Sieg. Vladimir Kavinov war der aufgehende Stern am Himmel des internationalen Motocross und galt in der Szene als Supertalent.

Auch Erich Trunkenpolz war begeistert und bezeichnete Kavinov als Zauberer auf dem Motorrad. Seine Frau Erika soll ihm am Abend bei einem Bankett einen Briefumschlag mit 100 Dollar überreicht haben. Der bescheidene Kavinov lehnte ab, aber nach dem überwältigenden Erfolg bestand man darauf, diese Anerkennung von KTM auch anzunehmen.*) Sie konnten nicht ahnen, dass diese Prämie fatale Folgen haben sollte. Am 6. August 1972 fand im finnischen Hyvinkää der 9. WM-Lauf der Saison statt. Die sowjetische Delegation brach von Leningrad aus (heute St. Petersburg) nach Finnland auf. An der sowjetisch-finnischen Grenze wurden ihre Autos von den Sowjets gefilzt und Kavinov hatte das in Holland verdiente Geld in seinem Koffer. Rückblickend betrachtet war es natürlich etwas naiv, diese Devisen (wie man damals zu konvertierbarer internationaler Währung sagte) undeklariert mitzunehmen. Andererseits: Hätte er das Geld deklariert, wäre es ihm auch abgenommen worden. Das Geld wurde jedenfalls vom Zoll gefunden und die Ausfuhr galt als Straftat. Kavinov durfte die Grenze nach Finnland nicht passieren und wurde ohne Geld zurückgeschickt. Der sowjetischen Verband DOSAAF verhängte eine 3-jährige Sperre für internationale Rennen.

Das ist der Grund, weshalb Vladimir Kavinov in den Jahren 1973, 74 und 75 nicht mehr in der WM auftauchte. Kavinov durfte in dieser Zeit nur noch nationale Rennen bestreiten und hat dort alles gewonnen, was es zu gewinnen gab. 1973 hatte sich der sowjetische Verband nach zähen Verhandlungen mit KTM geeinigt und Gennadij Moiseev holte im Jahre 1974 den ersten WM-Titel für den österreichischen Motorradbauer. Erst 1976 kehrte Kavinov in den Grand-Prix-Zirkus zurück und wurde hinter Heikki Mikkola (Husqvarna) und seinem Landsmann Gennadij Moiseev WM-Dritter der 250er Klasse.

1977 war geprägt vom KTM-internen Duell zwischen Moiseev und Kavinov. Schwanenstadt erhielt den Zuschlag als WM-Veranstalter und bestand die Feuertaufe. Der 6. Lauf zur Motocross-WM der 250er Klasse war ein großer Erfolg. Vladimir Kavinov wurde der erste Grand-Prix-Sieger in der Vereinsgeschichte. In der Folge wurden vom MSV Schwanenstadt weitere 21 WM-Veranstaltungen organisiert, darunter auch das Motocross der Nationen im Jahre 1993. Aber Vladimir Kavinov ist und bleibt der erste Grand-Prix-Sieger auf dieser Strecke. Daraus resultiert eine tiefe Verbundenheit und Freundschaft bis heute. Während des ECMX-Cups am vergangenen Wochenende kam Ehrengast Vladimir Kavinov auch eine besondere Ehrung und Würdigung seiner Leistungen zuteil. ECMX-Classic-Cup Mastermind Harald Mühlig hatte für Kavinov auch eine spezielle Trophäe vorbereitet, die er unter großem Jubel der Anwesenden in Empfang nahm.

1979 war das letzte KTM-Jahr für Kavinov und Moiseev, denn ab 1980 mussten die sowjetischen Fahrer aus ideologischen Gründen wieder auf die tschechische Marke CZ wechseln. CZ war ein Fabrikat des Ostblocks. Österreich war zwar politisch blockfrei, wirtschaftlich aber eher westlich orientiert und das passte nicht mehr in die sportpolitischen Doktrinen der DOSAAF. Vladimir Kavinov konnte trotz des ungewollten Motorradwechsels noch einmal triumphieren und zeigen, aus welchem Holz er geschnitzt war. Am 15. Juni 1980 gewann er den Großen Preis der UdSSR in Kischinjow (Moldawien) und wurde damit gleichzeitig auch der bis heute letzte Grand-Prix-Sieger auf der Marke CZ. Dieser Triumph war zudem der letzte russische Grand-Prix-Sieg über Jahrzehnte, genauer gesagt bis ins Jahr 2011.

Kavinov lebte und lebt in der ukrainischen Hauptstadt Kiew, ist aber gebürtiger Russe. Der nächste russische Grand-Prix-Sieger nach Kavinov im Jahre 1980 war Evgeny Bobryshev, der nach mehr als 31 Jahren (am 10. Juli 2011) den Deutschland-Grand-Prix im Talkessel gewann.

Die Karriere von Vladimir Kavinov:

1969 – WM Rang 9 (CZ), erster GP-Sieg in Leningrad auf CZ
1970 – WM Rang 10 (CZ)
1971 – WM-Rang 8 (CZ)
1972 – WM-Rang 12, erster WM-Einsatz auf KTM
1973 – WM-Sperre durch sowjetische Föderation
1974 – WM-Sperre durch sowjetische Föderation
1975 – WM-Sperre durch sowjetische Föderation
1976 – WM Rang 3 hinter Mikkola und Moiseev
1977 – WM Rang 2 (KTM) hinter Gennadij Moiseev (KTM)
1978 – WM Rang 4 (KTM)
1979 – WM Rang 3 hinter Carlqvist und Hudson
1980 – WM Rang 12 (CZ), letzter GP-Sieg für CZ am 15.6.1980
1981 – WM Rang 36 (CZ)
1982 – WM Rang 36 (CZ)

MXoN:

1978 – Sieger MXoN mit UdSSR
1979 – Sieger Trophäe des Nations (250ccm)

UdSSR Meisterschaften:

17 x Platz 1
9 x Platz 2
3 x Platz 3
Juniorenmeister

*) Anekdote aus dem Buch «Motocross, Goldener Erfolg» von Alexej Nasonov

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