Gespann-WM: Rennen der Überraschungen
Start zum ersten Lauf: Willemsen/Bax (111) vor Adriaenssen/van den Bogaart (1) und Hendrickx/Mucenieks (3)
Bereits im Vorfeld hatte Daniël Willemsen für Schlagzeilen gesorgt. Nachdem die Verbindung mit Hans Tjoink bereits nach dem ersten Lauf zur Niederländischen Meisterschaft geplatzt war, konnte der zehnfache Weltmeister seinen letztjährigen Passagier Robbie Bax überreden, wieder einzusteigen. Der jüngere Bruder des Vizeweltmeisters Etienne Bax hatte nach der Trennung Ende des letzten Jahres öffentlich harsche Kritik am Verhalten Willemsens geübt und sogar seinen Ausstieg aus dem Gespann-Sport erwogen. Doch dem Angebot, mit dem nach wie vor auf Sieg gepolten Multimeister doch noch einen Karriere-Sprung zu machen, konnte Bax letztlich nicht widerstehen. Und gleich im ersten Lauf kam das frisch reformierte Duo nach einem Top-Start voll auf seine Kosten: Mit den Weltmeistern Ben Adriaenssen/Ben van den Bogaart und Etienne Bax/Kaspars Stupelis im Nacken, wühlten sie sich durch den teils tückischen Tiefsand zum Sieg – für Robbie Bax der erste in einem GP.
Auch wenn es dieses brillante Comeback keinesfalls schmälern soll, hatten die Verfolger mit Handicaps zu kämpfen. Titelverteidiger Adriaenssen hatte sich am Samstag das Fußgelenk lädiert, aber vorsichtshalber auf eine Konsultation des Rennarztes verzichtet, um nicht ein Startverbot zu riskieren. Bax konnte in der sechsten Runde die Führung übernehmen, düste dann aber zu hart in einen Anlieger und riss dabei die linke Fußraste seines Gespanns ab. Wie bereits im letzten Jahr beim GP von Belgien absolvierte er die letzten Runden im Damensitz und rettete auf diese Weise den dritten Rang – bei dieser schweren, mit tiefen Löchern gespickten Strecke eine kaum glaubliche Leistung.
Zabel-Einzylinder statt EML-Jumbo
Zu den Überraschungen dieses ersten Laufes gehörten zudem Jarno van den Boomen/Henry van de Wiel, die eigentlich schon mit dem Motocross abgeschlossen hatten. Anstatt des schweren EML-Jumbos setzten die erfolgsverwöhnten Niederländer einen Zabel-Einzylinder ein. Mit dem wollen sie sich in dieser Saison den letztjährig knapp verpassten IMBA-Titel zurückholen.
Einmal mehr verblüffte zudem Stuart Brown: Von der Statur nicht der Prototyp eines drahtigen Athleten, verfügt der Brite über ein fahrerisches Talent, mit dem er so manche aufstrebenden Fahrer alt aussehen lässt. Im zweiten Lauf ereilte Jan Hendrickx das Schicksal, Brown den Vortritt lassen zu müssen.
Die Franzosen Valentin Giraud/Nicolas Musset konnten den Briten im ersten Lauf zwar unter Kontrolle halten, doch im zweiten Durchgang machte die Kupplung schlapp. Ärger traf es Willemsen/Bax: In der Startphase wurden die Sieger des ersten Durchgangs beim Zweikampf mit Adriaenssen in den Helferraum abgedrängt. Dabei wurde ein Mechaniker der schwedischen Stenborg-Brüder verletzt. Daniël Willemsen setzte das Rennen reichlich benommen mit deutlich reduzierter Geschwindigkeit fort. Im Nachhinein soll er sich an den weiteren Rennverlauf, so sein Motorenlieferant Friedhelm Zabel, nur schemenhaft erinnern können.
Beim Debüt zweimal in den Top-10
Von den Nachwuchsteams begeisterten in erster Linie Koen Hermans mit Ersatzbeifahrer Kenny van Gaalen. Beim WM-Debüt die Ränge 10 und 7 einzufahren – das hat Klasse. Nick Uhlig und Philipp Oettel hätte es möglicherweise ähnlich ergehen können. Jedenfalls zeigten die Ostdeutschen im samstäglichen Quali-Rennen eine beachtliche Leistung, die Teilnahme an den Hauptrennen schien so gut wie sicher. Dummerweise machte kurz vor dem Ziel das Getriebe schlapp und der Traum von der GP-Teilnahme war geplatzt. Marcus Prokesch/Bruno Kälin schafften die hohe Quali-Hürde ebenso wenig wie Kevin Battaglia/Philipp Furrer. So blieb es Martin Walter/Johannes Vonbun vorbehalten, die zahlreichen deutschsprachigen Fans mit zwei 15. Plätzen zu erfreuen. Benjamin Weiss, mit Beifahrer Patrick Schneider über das Last-Chance-Rennen qualifiziert, musste im ersten Lauf wegen Steinschlags auf das rechte Auge aufgeben.
Neben Routiniers wie van de Boomen, Brown und Walter sowie den Youngstern Koen Hermans und Simon Stenborg machte auch eine Lady von sich Reden: Sabrina van Calster qualifizierte sich bei ihrem WM-Debüt in ihrem ersten Gespannjahr für einen Reserveplatz und kam im zweiten Durchgang prompt zum Einsatz: Rang 24 auf einer Strecke wie Oss ist nicht nur höchst bemerkenswert, sondern auch der Maßstab, an dem sich der männliche Nachwuchs aus Deutschland fortan messen lassen muss. Beifahrer Lorris Hendrickx ist mit den berühmten Vettern übrigens nicht verwandt oder verschwägert.
Ergebnisse Motocross-Gespann-WM Oss/NL:
1. Lauf: 1. D.Willemsen/R.Bax (NL), WSP-Zabel. 2. Adriaenssen/van den Boogart (B), WSP-Husqvarna. 3. Bax/Stupelis (NL/LV), WSP-Zabel. 4. Jan Hendrickx/Mucenieks (B/LV), WSP-KTM. 5. Van de Boomen/van de Wiel (NL), EML-Zabel. 6. Giraud/Musset (F), WHT-KTM. 7. Brown/J.Chamberlain (GB), WSP-Zabel. 8. Visscher/Visscher (NL), VMC-Zabel. 9. M.Willemsen/Eggink (NL), WSP-Zabel. 10. Hermans/Van Gaalen (NL), WSP-Zabel. 11. Grondman/Verhagen (NL), VMC-Zabel. 12. Millard/Millard (GB), WHT-Zabel. 13. Wilkinson/Kirwin (GB), WHT-Zabel. 14. Stenborg/Stenborg (S), VMC-Zabel. 15. Walter/Vonbun (D/A), WHT-Zabel. 16. Van Duijnhoven/van der Putte (NL), VMC-Zabel. 17. Van Daele/Smeuninx (B), WHT-Zabel. 18. G.van Werven/Beunk (NL), WSP-Zabel. 19. Rozehnal/Vejchoda (CZ), VMC-Zabel. 20. Mulders/van der Venne (NL), WSP-Mega.
2. Lauf: 1. Bax. 2. Adriaenssen. 3. Brown. 4. Jan Hendrickx. 5. Van de Boomen. 6. Visscher. 7. Grondman. 8. Hermans. 9. G.van Werven. 10. Stenborg. 11. Van Duijnhoven. 12. Rozehnal. 13. Walter. 14. Millard. 15. Wilkinson. 16. Mulders. 17. Santermans/Valcke (B), WSP-KTM. 18. Mecene/Chene (F), WHT-Zabel19. Devoldere/Rostingt (B/F), WHT-Honda. 20. Cerny/Musil (CZ) WSP-Jawa.
WM-Stand nach 2 von 22 Läufen: 1. Bax 45. 2. Adriaenssen 44. 3. Jan Hendrickx 36. 4. Brown 34. 5. Van de Boomen 32. 6. Visscher 28. 7. D. Willemsen 25. 8. Grondman u. Hermans je 24. 10. Stenborg 18. 15. Walter 14.