Der MX-Jahresrückblick 2014 - Teil 1
Januar
Das Jahr 2014 begann mit einem gewaltigen Paukenschlag! Der deutsche Rookie Ken Roczen gewinnt sein Debut-Rennen bei den «Big Boys» in Anaheim. Roczen ist der erste Deutsche, der ein Rennen in der US-Superliga gewinnt und der erst 19-Jährige fährt seinen Kindheits-Idolen Ryan Dungey, Ryan Villopoto und James Stewart um die Ohren. Der stylisch fahrende Deutsche nimmt die US-Supercross-Saison gleich mit dem «Red-Plate» des Meisterschaftsführenden in Angriff. Eine Sensation, die trotz der Erfolge des Thüringers in der «Lites»-Klasse weit über die Grenzen der USA für Aufsehen sorgt. Nach dem dritten Rennen in Anaheim (2) steht Ken Roczen (KTM) zum zweiten Mal auf dem Podest und führt in der Gesamtwertung.
Februar
Die dritte Runde der Supercross-WM im Angel Stadium von Anaheim dominiert ein alter Bekannter: Routinier und Altmeister Chad Reed zeigt sich in ausgezeichneter Form. Wie eng im Supercross Glück und Pech beieinanderliegen können, erfährt der Altmeister schon beim nächsten Rennen von San Diego: Er stürzt beim Versuch, Ken Roczen zu überholen und bricht sich Wirbel T1, das Schlüsselbein und das Schulterblatt. Trotz dieser schweren Verletzungen steht er schon eine Woche später erneut am Start, muss jedoch feststellen, dass das Harakiri ist.
Ken Roczen erreicht in San Diego erneut das Podium, aber James Stewart gewinnt an Konstanz und siegt. Ryan Villopoto übernimmt die Gesamtführung, die er bis zum Saisonende nicht mehr aus der Hand geben wird. Beim nächsten Rennen in Arlington schießt Justin Barcia mit einem extrem gefährlichen Manöver Ken Roczen während des Sprungs um Haaresbreite ab. Der ansonsten immer recht coole Deutsche ist darüber stinksauer und meint: «Der Barcia ist total verrückt geworden und will uns beide umbringen!». Barcia seinerseits tut unschuldig und erwidert: «Wieso? Ich bin doch nur gescrubbed!». Aber Roczen gibt die Antwort auf der Strecke und gewinnt nur eine Woche später im Georgia Dome von Atlanta.
März
Die WM beginnt in der nächtlichen Wüste von Katar unter Flutlicht. Der deutsche Honda-Werksfahrer Max Nagl gewinnt das Eröffnungsrennen und Gautier Paulin wird der erste Grand-Prix-Sieger der Saison. Weltmeister Antonio Cairoli hat noch Anlaufschwierigkeiten und wird in Losail Dritter.
Zur zweiten WM-Runde nimmt sich Max Nagl diesmal sein eigenes Essen nach Thailand mit, um einer Lebensmittelvergiftung vorzubeugen, die 2013 seine Saison vermasselte. Die Rechnung geht auf und Nagl positioniert sich mit Platz 4 nachhaltig in der Weltspitze. Es gibt Probleme mit dem Treibstoff, der in Kombination mit den hohen Temperaturen und der Luftfeuchtigkeit zu Motoraussetzern führt. Tommy Searle erwischt es direkt vor dem Absprung. Er bricht sich die Elle und fällt wochenlang aus. Im brasilianischen Beto Carrero dokumentiert Antonio Cairoli, dass er seinen achten WM-Titel holen will: Wie in Thailand gewinnt er beide Läufe und führt nun die WM an. Eine Führung, die er bis zum Saisonende nicht mehr aus der Hand geben wird.
In der MX2-WM herrscht zu diesem Zeitpunkt helle Aufruhr: Der Schweizer Arnaud Tonus gewinnt in Abwesenheit von Jeffrey Herlings den Grand Prix von Brasilien und übernimmt damit sogar kurzzeitig die Tabellenführung vor dem ansonsten so überragenden Holländer. Der Saisonauftakt 2014 verläuft für den «fliegenden Holländer» alles andere als erfreulich: In Thailand fängt er sich eine Virusinfektion ein und verletzt sich dazu noch an der Schulter, weshalb er in Brasilien nicht am Start stehen kann. Welche Tragödie ihm in dieser Saison noch bevorsteht, ahnt zu diesem Zeitpunkt noch keiner.
Auf der anderen Seite des Atlantiks macht die Supercross-WM zwischenzeitlich Station in Daytona, Indianapolis und Detroit. In Daytona läuft für Roczen auf Rang zwei noch alles nach Plan, aber in Indianapolis erlebt er ein Fiasko: Der Thüringer fliegt brutal über den Lenker ab und muss das Rennen angeschlagen aufgeben - zum Glück ohne ernsthafte Verletzungen. Die Hoffnung liegt nun auf dem nächsten Rennen in Detroit. Aber auch dort muss er wegen eines eingeklemmten Steins einen weiteren Ausfall wegstecken und fällt in der Gesamtwertung auf Rang 4 zurück. Die Supercross-WM macht im März Station in Kanada: In Toronto leistet Ken Roczen über viele Runden Führungsarbeit, wird dann aber auf Platz 5 durchgereicht. RCH-Suzuki-Pilot Broc Tickle stürzt im Training schwer und entgeht nur knapp einer Querschnittslähmung. Eine Woche später in St. Louis verpasst Roczen nur knapp das Podium, aber der März wird für Ken Roczen der Inbegriff einer langen Durststrecke.
In der Ostküstenmeisterschaft, der «Lites»-Klasse, geht unterdessen ein neuer Stern auf: Adam Cianciarulo gewinnt scheinbar nach Belieben. An ihm führt in Sachen Meisterschaft kein Weg vorbei. Ein Irrtum, wie sich kurze Zeit später herausstellt, denn in Toronto kugelt sich Cianciarulo die Schulter aus und fällt in der Meisterschaft zurück.
April
Die WM gibt nach den ersten drei Überseerennen in den Bergen von Arco Di Trento ihr Europa-Debüt. Ausgerechnet vor seinen italienischen Fans muss Antonio Cairoli Federn lassen, während Clement Desalle und Gautier Paulin gleichzeitig immer stärker werden. Auch der Belgier Jeremy Van Horebeek hat einen guten Saisonstart hingelegt und fällt besonders durch seine bestechende Konstanz auf. Die MX-GP Saison nimmt an Fahrt auf und verspricht mehr Spannung. Der Lauf im bulgarischen Sevlievo wird für diese Strecke zum Abschiedsrennen von der WM: Die Sparmaßnahmen der bulgarischen Regierung greifen. Die Traditionsveranstaltung wird aus dem WM-Kalender für 2015 gestrichen. Nach der Rückkehr aus Bulgarien nimmt Max Nagl sofort das Trainingsprogramm wieder auf und wird am 23. April zusammen mit Todd Waters und Mike Kras in einen folgenschweren Trainingsunfall verwickelt, der seine WM-Ambitionen pulverisiert. Nagl bricht sich das Kahnbein und fällt bis zum Deutschland-Grand-Prix im Juni aus.
Die Supercross-WM zieht Mitte April nach Texas weiter. In Houston kann Ken Roczen seine Durststrecke endlich beenden und wird hinter Ryan Villopoto und Justin Barcia Dritter. James Stewart, der zwischenzeitlich die zweite Position im Gesamtklassement inne hat, ist nach dem Rennen total erschöpft und wirkt außergewöhnlich angeschlagen und krank. Auch beim nächsten Rennen in Seattle wirkt James Stewart alles andere als fit. Nach diesem Rennen wird bei Stewart ein Dopingtest vorgenommen, der fatale Folgen haben wird.
Zurück nach Deutschland: Im Sand von Drehna legt Dennis Ullrich den Grundstein für seinen späteren MX-Masters Gesamterfolg. Die ADAC MX-Masters-Serie etabliert sich in der Saison 2014 immer weiter zum Hochkaräter in Europa.