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Jerzy Szczakiel: Wie ein Unbekannter die Nr. 1 wurde

Von Christian Kalabis
So einen Stern bekommen in Polen nur die Größten des Sports

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Am 2. September 1973, heute vor 47 Jahren, erzielte Jerzy Szczakiel vor 93.000 begeisterten Fans im Slaski-Stadion in Gorzow den größten Erfolg seiner Rennfahrerkarriere und wurde Speedway-Weltmeister.

Nach 20 Läufen im Finale der Einzel-Weltmeisterschaft 1973 führte der «Mann aus der Kiste», wie sie ihn nachher nannten, unerwartet mit dem legendären neuseeländischen Speedway-Fahrer Ivan Mauger mit je 13 Punkten die Wertung an, weshalb ein zusätzliches Stechen entscheiden musste.

Ein Lauf, bei dem der deutsche Schiedsrichter Georg «Schorsch» Traunspurger das Startband sehr schnell hoch ließ und Schnellstarter Ivan Mauger den Start verschlief, aber in der zweiten Kurve der zweiten Runde Anschluss an Jerzy Szczakiel (ausgesprochen Schakiel) fand und ihn innen angriff. Der Neuseeländer touchierte jedoch dessen Hinterrad, und trotz der Tatsache, dass Mauger auf der Strecke lag, setzte Szczakiel sein Rennen fort und legte die letzten beiden Runden alleine zurück. Unter diesen ungewöhnlichen Umständen wurde er erster polnischer Speedway-Weltmeister.

Die blühende Karriere, die 1967 in Oppeln begann, hatte ihren ersten Höhepunkt 1971: Zuerst gewann Szczakiel zusammen mit Andrzej Wyglenda in Rybnik die Paar-Weltmeisterschaft. Im selben Stadion wurde er polnischer Vizemeister und debütierte im Finale der Einzel-Weltmeisterschaft im schwedischen Göteborg, das er ohne Punkte beendete.

Danach hörte und las man bei uns wenig über ihn, die Nominierung 1973 für das Weltfinale (neben vier anderen Landsleuten) war alleine schon eine Sensation. Fast niemand der riesigen Menge hatte Szczakiel vor dem Finale auf der Rechnung, ihr Interesse galt Edward Jancarz, Pawel Waloszek, Jan Mucha und vor allen Sonnyboy Zenon Plech.

Der Auftaktsieg in Heat 4 gegen Peter Collins und John Boulger weckte vor allen die westlichen Fans. Dann folgte ein Erfolg über Multiweltmeister Ivan Mauger und das Stadion begann zu kochen. Erst in seinem letzten Heat musste sich Szczakiel Ole Olsen geschlagen geben, und wir hatten zwei Fahrer punktgleich an der Spitze.

Es wären fast drei geworden, wenn nicht der in die Speedway-Geschichte eingegangene Heat 19 gewesen wäre: Mit Plech und dem damaligen UdSSR-Vertreter Grigori Chlynovski hätten noch zwei Fahrer auf 13 Punkte kommen können, dazu hätten sie diesen Lauf aber gewinnen müssen. Doch sie touchierten, Plech stürzte, der Schiedsrichter ließ das Rennen bis zur Zielflagge weiterlaufen und Peter Collins gewann. Traunspurger wertete den Regeln entsprechend den Einlauf nach Runde 3 mit Plech auf Rang 2 (Titelchance weg, das rettete ihm aber wenigstens die Bronzemedaille) und Chlynowski als Sturzverursacher wurde disqualifiziert.

Auf Grund der damaligen Isolierung im Ostblock sah man den neuen Weltmeister nur selten im Westen, wie zum Beispiel ein Jahr später im schwäbischen Krumbach bei Augsburg, wo Jerzy neben Landsmann Henryk Glucklich (der hieß wirklich so) und unserer Stahlschuhlegende Manfred Poschenrieder aus Kempten auf dem Podium stand. Eine Karriere wie seinen Landsleuten Jancarz und Plech im Profiland Großbritannien blieb ihm verwehrt.

1979 beschloss Szczakiel nach einer schweren Wirbelsäulenverletzung die Karriere zu beenden, die vollständige Genesung war ihm das Wichtigste.

Nach seiner Karriere war Szczakiel immer ein geschätzter Experte. Ihm zu Ehren wird ein besonderer Fahrer jedes Jahr mit dem «Szczakiel» bei der Gala der PGE Ekstraliga ausgezeichnet. Er hat auch einen Stern auf der Avenue der polnischen Sportstars in Wladyslawowo.

Nun ist Jerzy Szczakiel nach langer Krankheit im Alter von 71 Jahren gestorben – ein Tag vor jenem 2. September, der seinen Namen für immer auf die Speedway-Weltkarte brachte.

Jerzy Szczakiel (28. Januar 1949 – 1. September 2020)

Speedway-Einzelweltmeister 1973
Speedway-Paarweltmeister 1971
Speedway-Team-WM Bronze 1974

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