24h Spa: Blick in die Kristallkugel
Gäbe es hier im Fahrerlager von Spa keine belgischen Fritten, könnte man sich angesichts des Wetters auch in Thailand wähnen und nicht in den Ardennen. Die Temperaturen liegen um 30 Grad und sollen noch steigen. Am Vormittag hat es ordentlich geregnet, die Luftfeuchtigkeit liegt gefühlt bei 150%. Läuft man durch das Fahrerlager, möchte man alle 30 Meter sein T-Shirt wechseln. Die Vorhersage für das Rennen sagt: In der ersten Rennhälfte ist es trocken, ab den frühen Morgenstunden soll es regnen.
Auf Regen hoffen auch die Audi, die bisher ziemlich hinterherfuhren und auf die Fahrzeugeinstufung schimpfen. Der beste R8 LMS ultra steht auf Position 20, die übrigen Audi starten auch irgendwo im Nirgendwo des Mittelfeldes. Im Vergleich zum vergangenen Jahr müssen die V10-Motoren der R8 mit acht Millimeter weniger Atemluft auskommen, über eine schnelle Runde war damit bisher wenig zu holen. Über den Rennspeed und gute Boxenarbeit dürften die R8 LMS ultra im Rennen nach vorn fahren, für ganz vorn wird es aber nicht reichen. «Regen würde uns helfen, aber wenn es erst am Sonntagmorgen regnet, könnte es schon zu spät sein, dann haben wir sicherlich schon einen Rundenrückstand», befürchtet Christopher Mies, der mit André Lotterer und Frank Stippler im WRT-Audi nur als 31. ins Rennen geht.
Taktische Möglichkeiten sind in Spa eingeschränkt
Taktisch bieten die 24h von Spa den Teams nur überschaubaren Spielraum. Die Länge eines Stints ist auf maximal 65 Minuten begrenzt, eventuelle Verbrauchsvorteile stechen also nicht. Und mit den Pirelli-Einheitsreifen lassen sich auch keine Doppelstints fahren. Die meisten Teams werden ihre Fahrer für zwei Stints im Auto lassen, längere Stints sind aufgrund der Temperaturen kaum vorstellbar.
Der Rennverlauf ist in den ersten Stunden die Spitze relativ vorhersehbar: Polesetter Stefan Mücke dürfte in den beiden ersten beiden Rennstunden an der Spitze geigen. Sobald der Berliner aussteigt dürfte das Intermezzo des Aston Martin an der Spitze vorbei sein. Denn der Beechdean-Martin von Mücke ist in der Pro-Am-Klasse gemeldet. Das Reglement in der Pro-Am-Klasse schreibt mindestens einen Bronzefahrer (Amateurfahrer) auf dem Auto vor, der alle vier Stunden einen Stint absolvieren muss und während der 24h mindestens sechs Stunden hinter dem Steuer zu sitzen hat. Durch diese Regelung haben die Pro-Am-Teams keine Chance mehr an der Spitze mitzugeigen, sobald nach den ersten zwei, drei Rennstunden die Profi-Piloten aus- und die Amateure einsteigen.
Marc VDS-BMW sind in der Favoritenrolle
Sehr bedeckt haben sich bisher die haushohen Favoriten gehalten, die drei BMW Z4 GT3 von Marc VDS. In den Trainings war meist der fahrerisch nominell schwächste Z4 der Belgier mit Catsburg/Palttala/Moser vorn, die beiden anderen Z4 mit Martin/Leinders/Buurman und Piccini/Klingmann/D. Müller haben ihr Potenzial bisher noch nicht aufgezeigt.
Im Rennen ist ein Duell von BMW gegen den Mercedes SLS AMG von HTP (Schneider/Götz/Buhk) zu erwarten, dazu ist dem Flügeltürer von Rowe (Arnold/Seyffarth/Graf) noch einiges zuzutrauen. Auch der Manthey-Porsche von Lieb/Lietz/Pilet könnte eine Rolle spielen, wenn es die Porsche-Werksfahrer verstehen, sich die Reifen so einzuteilen, dass der 911 GT3 R problemlos über einen Stint kommt. Eine ordentliche Leistung haben auch Tandy, Holzer, Mapelli im Prospeed-Porsche gezeigt. Tandy startet als Fünfter, muss aber in den ersten Runden eine 60-Sekunden Zeitstrafe absitzen, da Prospeed während der Veranstaltung den Motor getauscht hat.
Aston Martin könnte mehr als ein Farbtupfer sein
Von Ferrari und Nissan, die jeweils nur ein Auto in der gesamtsiegfähigen Pro-Klasse haben, muss man sicherlich nicht viel erwarten. Der Malus der Unverzulässigkeit haftet an den vier McLaren 12C (Hexis, Gulf, ART GP, Von Ryan).
Am ehesten ist noch Aston Martin zuzutrauen, aus dem Dreikampf zwischen BMW, Mercedes und Porsche einen Vierkampf zu machen. Beim belgischen GPR-Team geben Darren Turner, Jamie Campbell-Walter und Bertrand Baguette ein starkes Fahrertrio ab und Stefan Mücke hat mit der Pole im Beechdean-Aston Martin bewiesen, wie schnell der einzige Zwölfzylinder im Feld ist.