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Matthias Walkner: «Würde Regelwerk simpler halten»

Von Günther Wiesinger
Matthias Walkner (36), Dakar-Sieger 2018, wundert sich vor der Marathon-Rallye in Saudi-Arabien über das komplizierte, nicht nachvollziehbare Regelwerk. Völlig zu Recht, wie seine Schilderungen beweisen.

Matthias «Hiasi» Walkner ist am 28. Dezember über Paris mit dem Charterflug der Dakar-Organisation A.S.O nach Saudi-Arabien aufgebrochen, am 31. Dezember beginnt dort mit dem Prolog für ihn seine neunte Rallye Dakar. Seit 2017 hat der Red Bull-KTM-Werkspilot diesen Wettbewerb sechs Mal hintereinander in den Top-Ten beendete, nur zweimal nicht auf dem Podest.

Mit 36 Jahren gehört Walkner zu den Routiniers in der Rallye-Szene, er ist dreifacher Weltmeister. Bereits 2012 hat er den WM-Titel in der Motocross-MX3-Klasse gewonnen, außerdem hat er 2015 und 2021 die Rallye-Raid-WM für sich entschieden. Dazu kommt sein Triumph bei der Dakar-Rallye 2018, er erste eines Österreichers. 

Matthias Walkner bildet 2023 mit Toby Price und Kevin Benavides das Red Bull-KTM-Werksteam, jeder von ihnen hat die Dakar mindestens einmal gewonnen, Price zweimal. Und natürlich strebt KTM nach dem 19. Dakar-Erfolg, denn die Siegesserie ist 2019 nach 18 Gesamtsiegen in Folge abgerissen.

SPEEDWEEK.com hat sich vor der Abreise Walkners ausführlich mit dem Salzburger aus Kuchl unterhalten, der Mitte August den linken Arm in einer Schlinge trug, weil seine linke Schulter repariert worden war. «Ich habe jetzt eine Arthroskopie hinter mir», erzählte Walkner damals. Er war nach der Operation zwei bis drei Monate außer Gefecht. Er verzichtete deshalb 2022 auf die Teilnahme an der kompletten Rallye-Raid-WM und bestritt dafür im Juli das Hard-Enduro «Romaniacs» in Rumänien, «weil es einer Rallye am nächsten kommt». Walkner gelangen mit der viel zu schweren KTM 450 Rallye in der Bronze-Klasse zwei Tagessiege an vier Wertungstagen, dazu eroberte er Platz 3 im Gesamtklassement.

In den letzten zwei Monaten absolvierte Walkner mit den Kollegen von KTM, GASGAS und Husqvarna ein abschließendes Trainingslager in Mexiko und den USA, es verlief vielversprechend. Der KTM-Star kehrte erst in der Woche vor Weihnachten nach Salzburg zurück. 

 

«Nach meiner langen Pause war dieses Abschlusstraining besonders wichtig», räumte er ein. «Wir haben viel am Set-up gearbeitet und den letzten Test in den USA wirklich dazu genutzt, um ein besseres Gefühl für das neue Motorrad zu bekommen. Das hat etwas länger als erwartet gedauert, aber es hat sich ausbezahlt. Ich fühle mich sehr gut auf dem Motorrad», ergänzte der dreifache Weltmeister.

 

Walkner: «Der Schnellere soll gewinnen»

In den Tagen vor der Abreise wunderte sich Matthias Walkner über das ständig ändernde und immer undurchsichtiger werdende Dakar-Reglement.

«Ich halte es für ungeschickt, wenn du als Athlet ein Regelwerk nicht stabil über einen längeren Zeitraum verfolgen kannst», meint der Österreicher. «Es wird so kompliziert, dass es fast nicht mehr nachvollziehbar ist. Ich befürchte, dass unser Sport durch die sich ständig ändernden Regeln immer weniger zugänglich wird. Meine Schwester hat nach Weihnachten noch einmal nachgefragt. Sie wollte wissen, wie das jetzt mit den Zeitguthaben gehandhabt wird. Da haben die Veranstalter selber bei der Erklärung einen Fehler drin gehabt. Je komplizierter die Vorschriften werden, desto weniger greifbar sind sie. Ich würde das Regelwerk simpler halten. Und der Schnellere soll einfach gewinnen.»

Worum es bei den Reglements-Änderungen genau geht, erklärte Walkner gerne. «Vor einer Woche ist ja wieder eine Änderung gemacht worden», wundert er sich. «Ärgern will ich mich darüber gar nicht mehr…»

Das diesmal neu eingeführte «Mirror Roadbook» enthält unterschiedliche Routenverläufe nach dem Zufallsprinzip. «Die Vorschriften sind schon so komplex, dass sich das ganze Team schwertut, sie zu verstehen», so Walkner.

Auch die Roadbook-Schreibweise ändere sich jährlich, die Fahrer können sich kaum darauf einstellen. Walkner: «Das alles beim wichtigsten Rennen des Jahres zu testen und neu zu bringen, ohne dass es irgendwelche Erfahrungswerte gibt, halte ich wirklich für gewagt.»

So sollten zuerst über 30 km unterschiedliche Routen gefahren werden. In der ersten Presse-Aussendung der Dakar-Promoter vor drei Wochen wurde dieser Plan noch erwähnt. Dann gab es offenbar Kritik der Teams und Fahrer, deshalb kam kurzfristig vor dem Auftakt ein neuer Plan zum Vorschein.

«Jetzt sollen wir hingegen Zeitgutschriften für den nächsten Tag bekommen, wenn wir die Etappen gewinnen», hält Walkner fest. «Damit dieser Ziehharmonika-Effekt vermieden wird. Eine Idee, die grundsätzlich nicht so schlecht ist. Aber das System ist schwer nachzuvollziehen.»

Walkner weiter: «Wenn du heute die Etappe gewinnst, startest du am folgenden Tag als Erster. Zu jedem Checkpoint, bei dem du als Spitzenreiter eintriffst, bekommst du pro km 1,5 Sekunden gutgeschrieben. Der Zweite kriegt noch 1 Sekunde pro km, der Dritte 0,5 Sekunden. Das heisst: Ich fahre als Erster weg, eröffne die Etappe auf den ersten 100 km, habe im Sand keine Spuren vor mir, dann bekomme ich 150 Sekunden gutgeschrieben. Das ist kompliziert und mühsam, denn du bekommst das Guthaben auf die Gesamtwertung. Dazu kommt, dass die Funktionäre nicht wirklich nachvollziehen können, wer tatsächlich vorne gefahren ist.»

Walkner kann sich ausmalen, welche Diskussionen und unfaire Situationen entstehen können. «Angenommen, der Checkpoint liegt bei km 87. Du führst die Etappe bis zu km 80 an, dann passiert dir ein kleiner Verfahrer oder Verbremser, du nimmst einen kleinen Umweg. Dadurch überholt dich der Verfolger und bekommt deine Zeitgutschrift... Darüber wird noch viel diskutiert werden. Ich will mich damit momentan gar nicht zu stark befassten oder belasten…»

Die Dakar-Performance von Matthias Walkner

2022: Platz 3
2021: Platz 9
2020: Platz 5
2019: Platz 2 (zwei Etappensiege)
2018: Sieger (ein Etappensieg)
2017: Platz 2 (1 Etappensieg)
2016: Aufgabe Etappe 7 (Sturz, Oberschenkelbruch)
2015: Aufgabe Etappe 10 (Fieber, Schüttelfrost, Magenprobleme, ein Etappensieg)

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