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Rallye Dakar: MotoGP ist dagegen ein Clubrennen

Kolumne von Mike Powers
Rallye Dakar: Leiden und Kameradschaft gehört dazu

Rallye Dakar: Leiden und Kameradschaft gehört dazu

Vor zwei Jahren durfte ich zum ersten Mal als Journalist die Rallye Dakar begleiten. Was ich in diesen zwei Wochen in Südamerika erlebt habe, ist überwältigend und beeindruckend.

Ich verfolgte die Rallye Dakar schon seit vielen Jahren am Fernsehen, und hatte zuerst die Vision und später die Desillusion, einmal an diesem Rennen teilzunehmen. Ich habe viele Stunden mit englischen Dakar-Haudegen wie Patsy Quick, Simon Pavey und Stan Watt verbracht und haben ihren Geschichten gelauscht. Danach glaubte ich zu wissen, was mich erwartet, aber ich irrte mich.

Zum einen ist da das schiere Grösse dieses Rennens. Ich bin sonst für SPEEDWEEK.com als Reporter in der Superbike-WM unterwegs, dort wird schon eine ziemlich gute Show gezeigt. Natürlich ist die MotoGP-WM noch ein ganzes Stück grösser. Aber im Vergleich zur Rallye Dakar schaut sie wie ein Clubrennen in Oschersleben aus.

Am ersten Tag kamen in Peru 800.000 Menschen, um in Lima den Start des Rennens zu sehen. Es gab Etappen irgendwo in der Atacama-Wüste, wo sich trotzdem 70.000 Menschen versammelten. Es ist normal, dass am Abend die letzten zehn Kilometern vor dem Biwak von Familien gesäumt sind, die stundenlang warten, um einen Blick auf die Bikes, Autos und Lastwagen erhaschen zu können. In Peru meinte ausserdem jeder, erst in Argentinien wird es richtig viel Leute haben!

Reizüberflutung im Biwak

Insgesamt bestand der ganze Tross aus 4000 Menschen, die den Weg von Peru über Argentinien nach Chile auf sich nahmen. Man konnte sich im zu keiner Zeit des Tages im Biwak zu bewegen, ohne sofort an akuter Reizüberflutung zu leiden. Überall gab es Werks-Maschinen zu sehen, von KTM, Honda, Husqvarna, Yamaha, GasGas und Sherco, Seite an Seite mit einer Vielzahl von Privatiers, die alle Arten von Bikes benutzten, von KTM über Kawasaki und sogar Bultaco.

Die Motorräder waren eingenistet zwischen dem gewaltigen, 100-köpfigen X-Raid-Mini-Team, den 7,5-Liter-Buggies und den 1000-PS-Lastwagen von Kamaz, die einen grossen Teil des Biwaks beanspruchten und so einen Hauch Russland mitbrachten.

Bei der Halbzeit des Rennens forderten die Starts in aller Herrgottsfühe und die langen Tage ihren Tribut. Die Geschichten häuften sich von Fahrern, welche die ganze Nacht auf der Etappe verbrachten und gerade noch rechtzeitig für den Start der nächsten Etappe bereitstanden. Also ohne Pause, Essen oder Schlafen.

Den Teamkollegen aus der Wüste geschoben

Der Australier Matt Fish zog und schob seinen Teamkollegen aus den Dünen, bevor er sein eigenes Motorrad sechs Kilometer schieben musste. Er wiedersetzte sich den Organisatoren, ihn aus dem Rennen nehmen zu wollen. Er blieb dabei und beendete die Dakar.

Das Pinkeln ist ein weiterer Aspekt, der einem die Dimension der Dakar zeigt. Wenn die Zeiten so nahe beieinander lagen, bleibt keine Zeit für einen erleichternden Halt. Man lässt es einfach laufen. Aber im Gespräch mit den Fahrern erfuhr ich, dass dies einfacher gesagt als getan ist. Sich in die Hose zu machen, ist keine natürliche Angelegenheit und braucht Training. Diverse Fahrer haben mir erzählt, dass es nicht funktioniert, wenn man voll am Gas ist. Will man also pinkeln, muss ein kurz das Gas zugedreht werden, aber wenn es mal läuft, kann man bereits wieder beschleunigen!

Nicht nur die Etappen sind brutal

Ich habe auch rasch gelernt, dass die Organisatoren nicht nur die Etappen selber hart machen. Die Dakar ist auch hart, wenn nicht gefahren wird. Das beste Beispiel dafür war die sechste Etappe. Der Start erfolgte zur unheiligen Zeit morgens um 4.30 Uhr. Aber das war nicht alles. Wir hatten am Tag zuvor die Grenze von Peru nach Chile passiert, was eine zweistündige Zeitdifferenz bedeutete, und zwar nicht in die gute Richtung. Der Start war also in Wirklichkeit um 2.30 Uhr. Es gab Fahrer, die nach der 291 km langen Verbindungsstrecke erst um Mitternacht das Biwak erreichten. Beim Start am Morgen lagen die Temperaturen unter Null, die Dunkelheit war einschüchternd. Und all das, bevor die Etappe überhaupt gestartet war.

Der kumulierte Effekt von langen, brutalen Tagen, extremer Höhe und einem chronischen Schlafmangel ist ein hässlicher Mix. Wir Journalisten hatten einen ähnlichen Zeitplan zu befolgen. Es gab Momente, an denen es verdammt hart war, sich aus dem Zelt zu schälen und in den Tag zu starten, der sich anfühlte, als wäre es noch mitten in der Nacht.

Und ich bin das Rennen nicht mal mitgefahren. Ich wurde im Flugzeug oder mit etwas Glück im Helikopter herumgeflogen und hatte so die Chance auf ein kleines Nickerchen während des Transfers – ein Luxus, den sich die Fahrer nicht wirklich leisten konnten.

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